Tod im Apotherkerhaus
Verkettung unglücklicher Umstände, die ich Euch aber gern erklären will?< Nein, nein, es ist, als hätte mich jemand in den Schwitzkasten genommen und wollte mich niemals wieder loslassen.«
Mine blieb stumm. Nur ihr Finger drehte weiterhin an der Strähne.
»Am liebsten würde ich alles vergessen und mit dir in eine andere Stadt gehen. Fort von der ganzen Doppelgängerposse, den Ränkespielen, den Morden. Weit fort von hier, wo ich noch einmal ganz von vorne anfangen kann. Mit dir zusammen. Als Apotheker finde ich überall Arbeit,' weißt du, vielleicht in Holland, ich war gerne dort, damals, und ...« »Nein, Liebster.« Mines Finger kam abrupt zur Ruhe. »Wir bleiben. Ich hab eine Idee.« »Eine Idee?«
»Ja, eigentlich eine ganz einfache Idee. Warte, ich erzähl sie dir.« In den folgenden Minuten hörte Rapp, was Mine sich ausgedacht hatte, und das, was sie sagte, war so einfach, so genial, dass er es zunächst weder glauben mochte noch für durchführbar hielt. Schließlich sagte er: »Aber ist das nicht viel zu gefährlich, Liebste?«
»Nein, find ich nicht.« »Hm ... wenn du meinst.«
Sie dachten noch einmal in jede Richtung, malten sich jede mögliche Situation aus und kamen endlich zu dem Schluss, dass die Verwirklichung der Idee auf alle Fälle einen Versuch wert war. »Wir machen es«, sagte Rapp.
Kapitel neunzehn,
in welchem Meister Ladiges stolz auf seine Mannen sein kann, auch wenn, wie häufig im Leben, eine Schlafmütze dabei ist.
G roße Ereignisse werfen ihre Schatten voraus - ein Umstand, der auch an Rapp nicht spurlos vorüberging und sich bei ihm durch Nervosität und Unkonzentriertheit bemerkbar machte. Es war um die Mittagszeit des nächsten Tages, er befand sich in der Offizin und versuchte mehr schlecht als recht die Kunden zu bedienen. Nachdem er mehrmals einige Drogen um Haaresbreite verwechselt hatte, so Brennessel mit Borretschpulver, Johanniskraut mit Johannisbeere und Lavendel mit Liebstöckel, entschloss er sich, dem ein Ende zu setzen. Er trank ein ganzes Fläschchen seiner Rapp'schen Beruhigungstropfen und fühlte sich danach gleich viel besser. Der Imitator hingegen schien mit sich und der Welt im Reinen zu sein. Er saß, Rapps Schwierigkeiten nicht im Mindesten beachtend, wie immer auf seinem Stuhl.
Er schreckte erst auf, als die Witwe Kruse lauthals stöhnend die Apotheke betrat. »Furchtbar-furchtbar-die-Schmerzen!« Während sich der Scharlatan bereits wieder abwandte, fragte Rapp: »Wie kann ich Euch helfen?«
»Das-Feuer-das-schreckliche-Feuer-habe-mir-eine-Rauchver-giftung-zugezogen-eine-Rauchvergiftung!« »Eine Rauchvergiftung? Damit ist nicht zu spaßen. Warum seid Ihr nicht schon gestern gekommen?«
Die hypochondrische Frau überging die Frage und ächzte: »Und-immer-der-Husten-immer-der-Husten!« Rapp, dem auffiel, dass die Witwe noch kein einziges Mal gehustet hatte, ihr Zustand mithin nicht allzu Besorgnis erregend sein konnte, sagte: »Ihr solltet hinaus auf den Wall gehen und einen ausgedehnten Spaziergang unter den Ulmen machen. Die frische Luft wird Eure Schleimhäute und Lungen reinigen. Darüber hinaus empfehle ich Euch einen Kaltwasserauszug von Spitzwegerichblättern. Gurgelt damit täglich mehrmals oder schluckt ihn in kleinen Mengen.«
»So-etwas-wirkt-doch-nicht-bei-mir-nein-nein!« Albertine Kruse schüttelte energisch den Kopf.
Rapp musste wieder einmal feststellen, dass der Frau nicht zu helfen war. Nun gut, schließlich schien Hilfe auch nicht vonnöten zu sein. Da sie ihn aber so verlangend anstarrte, sah er sich veranlasst, ihr ein paar Blätter der Nicotiana-Pfanze zu verkaufen. Er holte sie aus einem Steingutgefäß. »Was-ist-das-das-habe-ich-noch-nie-gesehen?«, fragte sie begierig. »Wie-nimmt-man-es-ein-wie-nimmt-man-es-ein?« »Die Blätter des Tobacks werden bekanntlich im getrockneten Zustand geraucht, aber sie haben auch eine arzneiliche Wirkung, beispielsweise als Auflage«, belehrte er sie. »Diese hier sind noch grün und feucht und eignen sich deshalb ideal als Wirkschicht in einem heißen Halswickel. Der Wickel muss mindestens ein halbes Dutzend Mal am Tag erneuert werden. Normalerweise sieben Tage lang, wie bei jeder guten Therapie, aber versucht es zunächst mit einem oder zwei Tagen. Stellt sich keine Linderung ein, müsst Ihr noch einmal kommen.« Er blickte sie abwartend an und dachte, dass die Frau eigentlich zu bedauern war. Ihre ganze Welt drehte sich nur um Krankheiten, von morgens bis abends, und es
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