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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Sie wollten Mine bei den Schultern packen und sie ganz nah heranziehen, aber das war natürlich nicht möglich, nicht mehr. »Mine, ich ... ich habe mich benommen wie ein Narr. Wie konnte ich nur an dir zweifeln! Ich verstehe es nicht. De Castro ist tot, auch andere Menschen sind gestorben, erstickt, verbrannt, elendig verreckt, da kommt mir unser Streit so klein und unwichtig vor, und trotzdem war es nicht recht, wie ich mich verhalten habe, aber ich war die letzten Tage so angespannt, so verzweifelt und unsicher. Verzeih mir.« Mine schwieg.
    »Verzeih mir, wenn du kannst. Ich bitte dich.« Sie antwortete noch immer nicht, doch ein winziges Lächeln umspielte ihre Lippen, und sie trat auf ihn zu, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. »Komm mit nach Hause«, sagte sie.
    Rapp und Mine lagen am selben Abend nebeneinander im Bett und starrten beim schwachen Schein einer Unschlittkerze an die Decke. »Ich weiß nicht mehr, wie es weitergehen soll«, seufzte Rapp. »Die Hintergründe zu dem Raub an meinem Thesaurus sind weitgehend bekannt. Es ist sicher, dass der Fettwanst Stoffers vom Hammerhai seine Finger bei den fünf bisherigen Morden im Spiel hatte. Ebenso darf als sicher gelten, dass er für den Imitator arbeitet, denn umgekehrt ist es kaum denkbar. Der Imitator wiederum, der sich, wie ich dir erzählte, täglich in der Börse umzieht, um wieder in die Rolle des normalen Bürgers zu schlüpfen, muss sich in dem Gebäude sehr gut auskennen, was den Schluss zulässt, dass er ein Kaufmann oder Handelsherr ist. Jedoch: Der Hauptdrahtzieher ist er nicht, denn ein solcher hätte sich bestimmt nicht hinter den Rezepturtisch einer Apotheke gestellt. Außerdem hat er nicht das Herz eines Sammlers. Bleibt also die Überlegung: Wenn der Imitator ein Mann mit gewissem Einfluss ist, wie mächtig muss erst derjenige sein, der ihn dazu veranlasst, ja, vielleicht sogar zwingt, eine Doppelgängerrolle zu spielen? Wer kann das sein?«
    Mine kuschelte sich an ihn. »Mach dir nicht so viele Gedanken, Liebster. Kommt Zeit, kommt Rat.«
    »Vielleicht hast du Recht. Aber in mir ist eine schreckliche Unruhe. Ich frage mich immer wieder, wie ich den Imitator zur Rechenschaft ziehen kann, wie ich ihm beikommen kann, und jedesmal pfeife ich mich zurück und denke, ich würde mich dabei in Lebensgefahr bringen.« »Das darfst du auf keinen Fall!«
    »Ich will es ja auch nicht. Manchmal bin ich sicher, der Imitator steht unter höherem Schutz. Irgendwo ganz oben muss es jemanden geben, der sein Treiben deckt, ja, sogar wünscht, vielleicht sogar befohlen hat. Aus welchem Grund auch immer.« »Meinst du wirklich?«
    Rapp ging nicht auf Mine ein, sondern spann seinen Faden weiter: »Erst vorhin habe ich mich gefragt, ob jene beiden schwarzhaarigen Halunken, die mich aus dem Hammerhai heraus verfolgten, nicht nur im Dienste Stoffers oder des Imitators stehen, sondern eines anderen, weit höher Gestellten.« »Aber wer könnt das sein?«
    »Das weiß ich eben nicht. Vielleicht sind die beiden Häscher ja Russen. Ihre Gesichter, die Haarfarbe und die Sprache deuten darauf hin. Aber sicher bin ich mir keineswegs.« Rapp wischte sich mit einer ungeduldigen Bewegung eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Auf jeden Fall bin ich ihnen schon ein paarmal begegnet. Es ist auch gleichgültig. Wenn alles so weitergeht, und ein Ende ist nicht abzusehen, werde ich den Thesaurus wohl nie wieder in mein Haus zurückschaffen können, im Gegenteil, in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag soll der Rest entwendet werden. Aber auch das habe ich dir ja schon erzählt.« »Das hast du.« Mine strich ihm mit einer liebevollen Bewegung die Strähne, die sich abermals selbstständig gemacht hatte, aus der Stirn.
    »Was kann ich überhaupt anderes tun, als jeden Tag in meinem eigenen Haus dem >Herrn Apotheker< zu helfen und gute Miene zum bösen Spiel zu machen?«
    Mine antwortete nicht. Sie wickelte die Haarsträhne um ihren Finger und überlegte.
    »Siehst du, dir fällt auch nichts ein. Wie sollte es auch. Die Situation ist einfach zu verzwickt. Ich kann nun mal nicht zur Nachtwache oder zum Rathaus rennen und die ganze Sache aufklären. Nicht mehr. Wenn ich es überhaupt jemals konnte. Ich stecke mittlerweile selbst - als Molinus Hauser - viel zu tief mit drin. Soll ich als Hauser zu dem Büttel Ladiges laufen und sagen: >Ich bin in Wahrheit gar nicht der Gehilfe, ich bin der richtige Apotheker, mein Name ist Rapp, Teodorus Rapp, alles ist nur eine

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