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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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sich und brachte die Sprache wieder auf seine Sammlung: »Wenn es gewünscht wird, kann ich zu meinen schönsten Stücken jederzeit Zertifikate der entsprechenden Künstler beibringen.«
    »Nicht nötig, die Exponate sprechen für sich«, entgegnete Areskin höflich, nachdem er sich mit seinem Gebieter abgestimmt hatte. Der jedoch schien mit seinen Gedanken bereits wieder woanders zu sein, denn er starrte angelegentlich auf einen Punkt hinter Gottwalds Schulter.
    Natürlich, die Standuhr!, schoss es dem Hausherrn durch den Kopf. Der Herrscher bekundet Interesse an dem Zeitmesser! Gottwald sprang einen Schritt zur Seite, um den Blick auf die Uhr freizugeben, und setzte sogleich zu einer Erklärung an: »Ein Meisterwerk, nicht wahr? Es handelt sich um eine Bodenstanduhr, die aus England stammt. Sie ist, wie ich in aller Bescheidenheit hinzufügen darf, die schönste Uhr, die ich jemals sah. Seht nur die Form! Seht nur das schwarze Lackgehäuse! Und das Gehwerk ist von Martineau in London. Es arbeitet absolut präzise.«
    »Und es zeigt drei Minuten nach neun Uhr an«, ergänzte Areskin trocken. »Zeit für uns, zu gehen.« »Ja, aber ...«, stotterte Gottwald.
    »Ich danke Euch, auch im Namen meines Begleiters, für Eure umfassenden Ausführungen, Doktor Gottwald.« Dem Hausherrn lagen tausend Fragen auf der Zunge, vor allem die, was nun aus seiner Sammlung würde. Wollte der Herrscher sie etwa nicht kaufen? Kaum auszudenken, wenn dem so war. Niemand würde einen so guten Preis zahlen können wie er. Und das Geld, es war dringend vonnöten ... »Mein Begleiter kauft die komplette Sammlung.« Areskin begann sich die Handschuhe überzustreifen. »Ja? ... Ja! Gern!« Gottwald fühlte unendliche Erleichterung. Er sah zu dem Mächtigen hinüber, der, wohl zum Gruß, den Blick kurz senkte und dann das Kabinett verließ. Es geschah so 1
    unerwartet, dass der Hausherr nicht einmal Zeit für eine Verbeugung fand.
    Areskin hatte unterdessen die Handschuhe angezogen und machte ein paar Fingerübungen, um deren Sitz zu überprüfen. »Wenn Ihr einverstanden seid, suche ich Euch morgen ein zweites Mal auf, damit wir über die Kaufsumme sprechen können. Es wäre unschicklich gewesen, dies im Beisein meines Gebieters zu tun.« Er gestattete sich ein Lächeln. »Es muss ja nicht zu so früher Stunde sein wie heute. Wäre Euch elf Uhr recht?« »Gewiss, natürlich!« Gottwald wäre jeder Zeitpunkt recht gewesen.
    »Über den Preis werden wir uns einigen. Und über Details wie Zahlungsweise und Abholung auch.« »Ja, ja, gewiss.«
    »Wenn mein Gebieter etwas will, dann bekommt er es auch. Das war schon immer so.« Areskin wandte sich zum Gehen. »Bemüht Euch nicht, ich finde den Weg allein. Bis morgen also.«
    Gottwald verbeugte sich tief. »Ich wünsche Euch einen guten Tag, Herr Areskin, und werde mir erlauben, schon einiges für den Transport vorzubereiten. Etliche Stücke bedürfen der besonderen Verpackung.«
    »Gut, dass Ihr es erwähnt.« Der Engländer blieb noch einmal stehen. »Es gibt da etwas, das Ihr getrost behalten solltet.« »Ah ... ach ja?« »Den Elefantenkalender.«
    Die schlichte schwarze Mietkutsche, die sich kurze Zeit später dem Hohen Tor näherte, war ein Gefährt, wie es zu Dutzenden in den Straßen von Danzig vorkam. Niemand konnte ahnen, dass darin einer der mächtigsten weltlichen Herren mit seinem Berater saß. Die zwei Braunen zogen in gemächlichem Trab die Kutsche. Sie passierte das Tor, erreichte den Königsweg und näherte sich alsbald der Langgasse.
    Je länger die Fahrt dauerte, desto mehr verfinsterte sich die Miene des Herrschers, da er ständig versuchte, seine überlangen Gliedmaßen in eine angenehme Sitzposition zu falten - vergeblich. Als die Langgasse ins Blickfeld kam und das alte Rechtstädtische Rathaus in einiger Entfernung auftauchte, brach der Mächtige sein Schweigen.
    »Der Mann hatte Angst«, sagte er.
    Areskin, der sich so klein wie möglich machte, zog verwundert eine Augenbraue hoch. »Angst? Wie meint Ihr das?« Er konnte sich die offizielle Anrede sparen, denn er hatte ein sehr vertrautes, fast freundschaftliches Verhältnis zu seinem Gebieter. Zudem war dieser noch immer inkognito. Der Kutscher vorne auf dem Bock hatte keine Ahnung, wen er beförderte. Das Einzige, was er kannte, war das Fahrziel, und das lag gut dreihundert Schritte vom Quartier des Herrschers entfernt.
    »Er hatte Angst, ich würde ihm seine Sammlung nicht abkauten. Ich las es in seinem Gesicht. Und ich

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