Tod im Apotherkerhaus
hörte es an seiner
Stimme. Wahrscheinlich ist er auf das Geld angewiesen. Ihr solltet das berücksichtigen, Robert, wenn Ihr morgen mit ihm verhandelt.«
Der Engländer nickte. Die Erkenntnis seines Herrschers überraschte ihn nicht. Es kam selten vor, dass dessen scharfen Augen etwas entging. »Das werde ich. Im Übrigen bitte ich um Pardon für den begrenzten Platz, aber Euer Wunsch, heute wieder einmal unerkannt...«
•Schon gut, mein lieber Robert, schon gut.« Der Herrscher steckte den Kopf zum Fenster hinaus. Die Kutsche bewegte sich nun langsamer, da immer mehr Gegenverkehr herrschte. Das Grüne Tor am Ende des Königswegs kam in Sicht. »Gott der Allmächtige hat mich mit einem riesigen Körper ausgestattet, aber gleichzeitig vergessen, die Mietkutschen dieser Welt etwas größer ausfallen zu lassen.« Er lachte freudlos, zog den Kopf wieder ein und presste die Lippen zusammen. Wiederholt bemühte er sich, ein Bein über das andere zu schlagen. Die Versuche misslangen, weil sein Schuh unter Areskins Sitzbank eingeklemmt war.
»Darf ich? Wenn Ihr Euch etwas vorbeugt... ja, so wird es vielleicht gehen.« Der Engländer befreite den Schuh, indem er ihn seitwärts nach unten drückte. Sein Gebieter dankte es ihm mit einem kurzen Nicken.
Dann sagte er: »Die Sammlung dieses Doktor Gottwald ist recht ansprechend.«
Areskin kannte sein Gegenüber gut genug, um zu wissen, das die Bemerkung erst der Beginn einer Erklärung war, deshalb fragte er vorsichtig: »Aber?« »Sie ist in der Tat sehr umfangreich.« »Ja, das ist sie.«
»Aber sie ist nicht das, was ich mir eigentlich wünsche. Zwar zeigt sie, wie unterschiedlich Bernstein ausfällt und was alles daraus geschnitzt werden kann, aber wie Ihr wisst, nenne ich schon eine große Zahl an Lapides mein Eigen. Es kommt mir, von den Exponaten mit den Einschlüssen einmal abgesehen, nicht darauf an, Bernsteinfiguren in Pflanzen- oder Tierform zu besitzen. Ich will die Natur in realitas.« »Jawohl.«
»Ich will keine Bernsteinsammlung, sondern einen echten Thesaurus. Ich will Conchilien, Amphibien, Serpentes und Lepi-dopteren.«
»Ein Thesaurus, der sich halbwegs komplett nennen darf, ist heutzutage außerordentlich kostspielig.« »Das ist mir gleichgültig.« Der Herrscher veränderte mit beträchtlichem Aufwand die Beinstellung. Seine Laune wurde dadurch nicht besser.
Der Engländer seufzte im Stillen. Hohe Kosten waren für seinen Gebieter noch nie ein Argument gewesen. Dank seiner gnadenlosen Steuereintreiber konnte er sich nahezu jeden Wunsch erfüllen. Dennoch war der Einwand einen Versuch wert gewesen. »Bitte, glaubt mir, es ist sehr schwierig, wahrscheinlich sogar unmöglich, an einen Thesaurus dieser Art heranzukommen.«
»Ich will Lacertidae, Scorpiones, Chelicerata und natürlich Aves aus tropischen Ländern, und Ihr, Areskin, werdet mir all das beschaffen.«
Der Engländer wusste, wenn sein Gebieter ihn mit dem Nachnamen ansprach, wurde es ernst. Dennoch machte er einen letzten Versuch. »Ich versichere Euch, es ist unmöglich, derzeit einen Thesaurus zu kaufen. Ich habe meine Fühler diesbezüglich schon viele Male ausgestreckt, da ich Euren Wunsch kenne. Aber, mit allem Respekt: Die Wissenschaftler und Gelehrten, die solche Thesauren besitzen, sind ein eigener Menschenschlag. Sie sind an materiellen Werten nicht interessiert, sondern gehen nur ihrer Sammelleidenschaft nach, versteht Ihr? Die Exponate haben für sie ideellen Wert, einen Wert, der nicht mit Geld oder Gold aufgewogen werden kann. Es ist schon ein einmaliges Glück, dass Doktor Gottwald sich zum Verkauf seiner Bernsteinsammlung entschließen musste.« Der Herrscher schwieg. Eine steile Falte bildete zwischen seinen Augenbrauen.
»Soll ich die Kaufzusage rückgängig machen?« Areskin versuchte zu retten, was zu retten war. Er wusste: Ab einem gewissen Punkt wurde es höchst gefährlich, seinem Herrscher zu widersprechen. Selbst für ihn.
»Nein! Die Gelegenheit ist viel zu günstig. Sie wird genutzt. (!leichzeitig besorgt Ihr mir einen Thesaurus, einen, der diesen Namen verdient. Stück für Stück wohl präpariert und in sich komplett!« »Jawohl ... Sire.« -Wie Ihr das macht, ist mir gleichgültig.«
Kapitel eins ,
in welchem sich erweist, dass der Schädel eines Apothekers ebenso brummen kann wie der eines jeden anderen Bürgers.
W ie ausgerechnet er zu der Ehre gekommen war, wusste Teodorus Rapp beim besten Willen nicht, aber er war der Einladung gefolgt und
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