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Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Titel: Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ars vivendi verlag GmbH , Co. KG
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Kurator auf ihrem Rundgang durch die Schatzkammern begleiten. Harsdörffer führte sie treppauf, treppab in zahlreiche Gänge, Hallen und Räume, mehrfach mit seinem stattlichen Schlüsselbund verschlossene Zugänge öffnend. Hinter dicken Panzertüren betrachteten sie uralte Handschriften auf Papyrus und Pergament, bewunderten altehrwürdige Gelehrten- und Adelsbibliotheken, musterten Münzen und Medaillen aus Gold und Silber und gelangten schließlich wieder in den Handschriftenlesesaal zurück, der wegen der Mittagspauseleer war. Vor einem der Grafikschränke stoppte der Professor und erhob theatralisch die Stimme.
    »Und nun zu einem weiteren Höhepunkt unserer Sammlungen. In diesem Schrank bewahren wir Dürers Druckgrafiken auf. Zusammengetragen wurden sie von den Ansbacher Markgrafen. Unsere Universität hat sie, gemeinsam mit Tausenden weiterer alter Stiche und Zeichnungen, nach deren Abdankung vor über zweihundert Jahren vom preußischen König zum Geschenk erhalten.« Harsdörffer schloss den Metallschrank auf und zog eine der großen flachen Schubladen heraus. »Von Dürers Holzschnitten haben wir die komplette Apokalypse sowie Die große Passion und Die kleine Passion . Aber Sie interessieren sich ja mehr für die Kupferstiche. Auch davon besitzen wir fünfundsiebzig Stück. Nicht nur die ganz kleinen, sondern auch die großformatigen Blätter. Hier eines der berühmtesten: Ritter, Tod und Teufel aus dem Jahr 1513.«
    Er zog den auf einen Karton montierten Druck hervor, der einen Ritter in voller Rüstung auf einem Pferd zeigte, hinter sich den Teufel und vor sich den Tod. Die drei Männer musterten das Kunstwerk eingehend.
    »Ich will es nicht nur deshalb in der Ausstellung zeigen, weil es so bekannt ist«, erläuterte Dr. Schifferli, »sondern auch, weil hier im Hintergrund die Nürnberger Kaiserburg abgebildet ist. Das dürfte unsere fränkischen Besucher vermutlich besonders begeistern. Aus demselben Grund möchte ich auch Dürers Eisenradierung Die große Kanone präsentieren. Da ist nämlich die Ehrenbürg drauf.«
    »Auf Sie als Alpenländer dürfte unser berühmtester Berg in der Fränkischen Schweiz ja wohl kaum Eindruck machen«, witzelte Beaufort, während Harsdörffer auf der Suche nach dem Stich Schublade um Schublade aufzog.
    »Im Vergleich zum Matterhorn ist das Walberla wirklich winzig, aber ich gehe dort gern mal hinauf. Eine Bergwanderung würde ich das allerdings auch nicht nennen. Stimmtetwas nicht, Herr Professor?«, wandte sich Tom Schifferli an den immer hektischer agierenden Leiter der Handschriftenabteilung.
    »Das ist einfach nicht möglich!«, rief der mit hochrotem Kopf, »ich kann das Blatt nicht finden.«
    *
    Fünfzehn Minuten später, nachdem sie den Schrank zweimal systematisch durchsucht hatten und das Dürer-Blatt auch nirgendwo sonst im Lesesaal zu entdecken war, musste Professor Harsdörffer der Tatsache ins Auge sehen, dass auch Die große Kanone verschwunden war. Ein weiterer unerklärlicher Fehlbestand in seiner Abteilung.
    »Das ist eine Katastrophe.« Erschöpft ließ er sich auf einen Stuhl sinken und tupfte sich mit seinem Stofftaschentuch den Schweiß von der Stirn. Doch sogleich sprang er wieder auf, um in sein Büro zu hasten. »Ich muss sofort Hildegard benachrichtigen.«
    Vom Auflegen des Hörers bis zum energischen Klingeln an der Tür des Lesesaals dauerte es keine Minute. Der Professor öffnete rasch, und eine große, schlanke Frau mit kurzem, rot gefärbtem Haar trat ein. Die Miene der Bibliotheksleiterin blieb unverändert ernst, während sie den Schilderungen Harsdörffers lauschte.
    »Vielleicht sollten wir die Polizei alarmieren?«, beendete der Professor seinen Monolog mit leiser Stimme.
    »Wir müssen uns beraten«, sagte Krüger-Fernandez mit fester Stimme und dirigierte ihren Kollegen in sein Büro. »Und Sie beide warten bitte hier, bis wir eine Entscheidung getroffen haben«, bestimmte sie und schloss die Tür hinter sich.
    »Ein beeindruckender Auftritt«, sagte Beaufort anerkennend. »Ich habe etwas übrig für starke Frauen.«
    »Wenn Sie häufiger mit ihr zu tun hätten, würde das Ihrer Begeisterung bestimmt einen kleinen Dämpfer versetzen.«
    »Tatsächlich?«
    »Frau Krüger-Fernandez ist der steifste und humorloseste Mensch, den ich hier an der Uni kennengelernt habe. Und glauben Sie mir, unter dem akademischen Führungspersonal gibt es so einige wunderliche Existenzen. Man könnte doch erwarten, dass sie angesichts eines so kapitalen

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