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Tod im Moseltal

Tod im Moseltal

Titel: Tod im Moseltal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Ness
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verschwinden sehen.
    In der hintersten Ecke entdeckte er ihn. Beobachtete, wie er einzelne Dinge aus dem Rucksack nahm und an verschiedenen Stellen seiner Kleidung verstaute. Das Schwein rüstete also auf.
    Er überlegte kurz, ob er es wagen sollte. Doch, den Spaß wollte er sich nicht entgehen lassen. Selbst wenn die Polizei ihn wie auch immer orten konnte; bis sie ihn gefunden hatten, wäre alles vorbei und er lange weg. Nachdem er seinen Standort noch etwas zur umlaufenden Straße hin verlagert hatte, nahm er sein Handy mit der neuen SIM-Karte, schaltete es an und wählte eine Nummer. Mit größter Befriedigung sah er, wie das Schwein zusammenzuckte.
    Thomas wollte gerade noch das Brotmesser irgendwo am Körper verstauen, als der Vibrationsalarm seines Smartphones losging. Es konnte jeder sein, und doch spürte er, wie sich seine Muskeln vor Anspannung zusammenzogen. Er schaute auf das Display. Es war eine Handynummer, die er nicht kannte. Er drückte sie weg. Mit geschlossenen Augen stand er da und holte zweimal tief Luft, dann vibrierte es wieder. Diesmal nahm er das Gespräch an.
    »Ja?«
    »Du solltest vorsichtiger mit deinen Messern umgehen, nicht dass du dich noch verletzt.«
    Nach dem Satz wurde das Gespräch unterbrochen. Thomas hielt das Telefon trotzdem noch am Ohr, während er vorsichtig durch die rechteckigen Fensteröffnungen in das schwarze Nichts blickte. Mazzomaid beobachtete ihn. Entweder gab es hier Kameras, oder sein Verfolger war draußen ganz in der Nähe. Auf jeden Fall brauchte er sich nicht mehr zu verstecken.
    Er nutzte das Licht seines Smartphones, um von seiner Zimmerecke aus Wand und Decke abzuleuchten. Er fand nichts. Dann schloss er den Reißverschluss der Regenkombi und trat vor das Haus. Er schaute ins immer noch nächtliche Rund, erkannte aber, wie erwartet, nichts außer Schatten vor dunklem Hintergrund. Er war ganz ruhig. Nun wusste er, dass Mazzomaid da war, auf ihn wartete, mit ihm Katz und Maus spielen wollte, so wie er es früher in umgekehrter Art und Weise getan hatte.
    Er hielt sich noch einmal vor Augen, was Mazzomaid alles getan hatte, um ihm zu schaden, um ihn in der Öffentlichkeit und, was noch viel schlimmer war, in seiner Familie als Unmenschen dastehen zu lassen. Mazzomaid war die Ratte geblieben, die er schon als Jugendlicher gewesen war. Nur hatte er offensichtlich an Brutalität zugelegt. Thomas war sich bewusst, dass er wachsam sein musste, seinen Gegner auf keinen Fall unterschätzen, ihn nicht mit dem Jugendlichen, der ihm damals ausgeliefert gewesen war, verwechseln durfte. Er spürte, wie ihm erneut der Schweiß den Rücken hinunterlief. Immer stärker wünschte er sich das Tageslicht herbei. Er wollte seinen Gegner endlich sehen.
    Von der Mitte der Kreuzung aus konnte er jetzt mit der langsam einsetzenden Dämmerung etwas mehr von seiner Umgebung erkennen. Der Betonweg, auf dem er stand, verlief fast schnurgerade, bis er an seinen beiden Enden im Dunkeln verschwand. Er verschwenkte leicht auf Höhe eines Bauschutthaufens, der zum Weg hin von drei niedrigen, senkrecht aus dem Boden ragenden Metallträgern begrenzt wurde. Hinter ihm lag das in vier Einheiten gegliederte Reihenhaus, in dem er vergebens Deckung gesucht hatte. In entgegengesetzter Richtung stand auf jeder Seite ein Einzelgebäude.
    »Mazzomaid!« Seine Stimme rief den Namen geringschätzig und fordernd zugleich. »Verkriecht sich die Ratte wieder? Komm raus, wenn du es mit mir aufnehmen willst.«
    Natürlich hatte er nicht erwartet, dass sich jetzt, wie in einem Western, aus dem umliegenden Schatten der Feind lösen und zum Duell langsam auf die Straße treten würde. Dass aber gar nichts passierte, beunruhigte ihn doch. Mazzomaid schien also auch nichts von seiner Feigheit eingebüßt zu haben. Vielleicht konnte er ihn provozieren. Er rief noch einmal, aber wieder passierte nichts.
    Er hatte sich sofort zurückgezogen, nachdem das Schwein begonnen hatte, den Raum auszuleuchten. War über die angrenzende Straße ein paar Meter bis hinter das am nächsten liegende Haus geschlichen. Von dort hatte er sich durch das Dickicht einen Weg bis zu dessen Rückseite gebahnt. Nun beobachtete er ihn, wie er mitten auf dem Weg stand und herumkrakeelte. Er war also immer noch dasselbe arrogante Schwein von früher, hatte nichts von seiner herablassenden Art eingebüßt. Eingebüßt war gut; er würde noch einiges büßen müssen in den nächsten Stunden.
    Er würde nicht ewig auf dem Weg stehen bleiben

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