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Tod im Staub

Tod im Staub

Titel: Tod im Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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wenige Exemplare hergestellt, und die sind ausschließlich für Herzkranke bestimmt. Mit einem solchen Gerät kann man erreichen, daß ein siebzig Kilogramm schwerer Mensch nur noch zehn Kilo wiegt. Das erspart dem Herzen viel Mühe. Somit wissen wir bereits, daß unser Freund sowohl reich als auch herzkrank war. Und wo findet man solche Leute häufig? An der Küste, am Meer, weil das für Ihre Gesundheit gut ist. Er starb also während eines Spazierganges am Strand - das kommt wirklich manchmal vor, wie Sie zugeben müssen. Der Landwind hat ihn hinausgeweht und zu uns getragen.«
    »Aber wir halten Kurs auf die Skelettküste, Doc, wie Sie sich vielleicht erinnern. Dort lebt niemand! Jedenfalls niemand, der seine fünf Sinne beisammen hat!«
    »Schon gut, Knowle, Sie wissen sicher besser Bescheid als ich. Jetzt legen Sie sich hin und ruhen sich aus. Sie haben wieder einen akuten Anfall von Verfolgungswahn.«
    Als er gegangen war, lag ich in der halbdunklen Kabine und dachte nach. Zuerst über die Trieste Star . Ja, sie war für mich ein Zufluchtsort, und zwar in einem noch stärkeren Maße, als Thunderpeck es wußte. Sie bewegte sich, sie war von der übrigen Welt isoliert, und das behagte mir. Aber die ganze Zeit über wurde sie von Thunderpecks »Fortschritt«, der auf fernen Kontinenten entwickelt wurde, gejagt, und ihre Tage waren gezählt. Als ich vor einem Dutzend Jahren angeheuert hatte, florierten die Häfen und das Frachtgeschäft noch; jetzt war die Situation ganz anders. Dieser mächtige Metallkoloß, fast vollautomatisch und atomgetrieben, mit einer Wasserverdrängung von 81.300 Tonnen, 311,90 Meter lang bei einer größten Schiffsbreite von 42,40 Metern - dieses Superschiff war veraltet. Seine Zeit war vorüber.
    So modern die Trieste Star auch war, sie war altmodisch im Vergleich zu den großräumigen Tragflügel-Schiffen oder den schweren, neuen Hovercraft-Frachtern, die fast überall fahren konnten, gleichgültig ob zu Wasser oder zu Land. Ich haßte diese riesigen, metallenen Fladen, die auf einem Luftkissen dahinglitten, und empfand eine ironische Befriedigung bei dem Gedanken, daß auch sie eines Tages überholt sein würden, wenn man die neu erfundenen Antigrav-Gleiter so weit entwickelt hatte, daß sie schwere Lasten wirtschaftlich transportieren konnten.
    Die Tragflügel-Schiffe und die Hovercraft-Frachter waren daran schuld, daß wir gezwungen waren, solche armseligen Plätze wie die Skelettküste anzulaufen und dort für einen Kulturerde-Fabrikanten in Liverpool Sand zu laden. Das deckte kaum die Frachtkosten.
    Was der Kulturerde-Fabrikant nach dem Löschen mit dem Sand machte, interessierte uns nicht. Ich bin zwar ein intelligenter Mensch und habe mir selbst eine gewisse Bildung beigebracht, aber selbst mir genügte es zu wissen, daß der Sand zu Kulturerde verarbeitet wurde, auf der man Viehfutter anbauen konnte.
    »Der Hunger der Welt drückt sich in den mannigfachsten Formen aus«, sagte March Jordill einmal zu mir. Wir sortierten gerade Lumpen. Es war Abend; ich erinnere mich noch an das Dämmerlicht. Er redete mit mir wie mit einem Gleichgestellten. »Sogar die Religion hat sich dem Hunger unterordnen müssen, wie alles andere; man kann das mit der Vergangenheit vergleichen, als die unterbevölkerten Länder der westlichen Welt, die alles in Fülle hatten, ihr Denken dem Begriff des Überflusses unterordneten. Wir haben das heute erkannt, aber damals war man sich dessen nicht bewußt.«
    Sand! Es war eine noble Aufgabe, Sand um die Welt zu transportieren. March Jordill, ein großer Philosoph und Lumpensammler, hätte meinen Aufstieg vom Lumpensortierer zum Sandtransporteur zu würdigen gewußt. Ein Sandkorn hätte vielleicht sein Interesse geweckt. Der Sand, den wir von der Skelettküste holten, bestand hauptsächlich aus Quarzsand, vermischt mit Gips und Steinsalz, und enthielt Spuren seltener Minerale, wie Turmalin- und Thoriumverbindungen, deren Gewinnung sich allerdings nicht lohnte. Es ist nur einem glücklichen Zufall zu verdanken, daß nicht die ganze Welt aus Sand besteht. - Jetzt komme ich beim Schreiben allmählich besser in Schwung. Man braucht sich nur an alles zu erinnern, einige Dinge auszulassen und muß nur darauf achten, daß die Proportionen stimmen. Vielleicht sollte ich nicht auslassen, was ein bekannter öffentlicher Redner einmal über den Hunger gesagt hat: »Unser Hunger ist unsere Zivilisation. Aus ihm haben wir Kraft und Schönheit gewonnen.« Ich war damals

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