Tod im Tal der Heiden
Solin, den konnte man nicht prüde nennen. Über den kann ich mich in dieser Hinsicht nicht beklagen.«
»Du wolltest uns von Bruder Dianach erzählen«, unterbrach sie Eadulf hastig.
»Von dem jungen Burschen? Der weckte mich früh am Morgen und sagte, er wollte meine drei Milchkühe kaufen. Dann erklärte er mir die Bedingungen. Ein
cumal
ist schwer zu kriegen, damit kann ich viel anfangen. Außerdem habe ich nie gern Kühe gemolken.«
»Also hat Bruder Dianach die Kühe gekauft. Wie hat er dir das begründet? Hat er einen Grund genannt, weshalb er plötzlich Kühe kaufen und sie Artgal schenken wollte? Ich nehme an, er hat dir gleich gesagt, daß sie für Artgal bestimmt sind?«
»Ja. Artgal ist Ronans Vetter. Ich sehe ihn nur, wenn er beim Glücksspiel gewonnen hat. Als der Junge mir sagte, die Kühe wären für Artgal, dachte ich, er hätte Schulden bei Artgal wegen einer Wette oder so. Mir war das sowiesoegal. Der Junge erklärte mir einfach, Artgal würde zwei der Kühe heute später am Tag abholen, die dritte ungefähr in einer Woche. Bald danach kam Artgal zu mir, um sich zu überzeugen, daß ich die Kühe auch hatte. Er gestand mir, daß er zuerst gedacht hatte, der Junge mache einen Scherz mit ihm. Er war überrascht, daß ich wirklich die Kühe hatte, die er geschenkt kriegen sollte. Er sagte, er würde sie im Laufe des Tages abholen, aber seitdem habe ich nichts mehr von ihm gesehen.«
Eadulf verzog vor Ärger den Mund.
»Also wußte Artgal die ganze Zeit, wer in Wirklichkeit sein geheimnisvoller Wohltäter war. Er hat das Gericht angelogen, als er sagte, es wäre nicht Bruder Dianach gewesen.«
»Das ist offensichtlich.« Fidelma blieb gelassen. »Was wichtiger ist, Bruder Dianach hat gelogen. Warum wollte er sichergehen, daß ich eingesperrt oder für schuldig befunden würde?« Sie wandte sich wieder an Nemon. »Hast du Bruder Dianach nach diesem Geschäftsabschluß im Morgengrauen noch einmal gesehen?«
Nemon schüttelte den Kopf.
»Und wann hast du Ibor von Muirthemne zuletzt gesehen?«
»Das war vor ein paar Stunden. Ich sah, wie er drüben auf Ronans Feld sein Pferd sattelte«, erwiderte die Frau. »Er ritt mit seinen beiden Pferden fort. Er jagte davon, als ob die Hunde von Goll von den Fomorii hinter ihm her wären. Dann kam Ronan und suchte nach ihm. Worum geht’s hier eigentlich?«
Draußen war Hufschlag zu hören.
Fidelma blickte zur Tür hinaus.
»Murgal und Rudgal sind da. Eadulf, sag Murgal Bescheid, daß wir hier sind. Ich möchte ihn sprechen, ehe er zu Artgals Hof weiterreitet.«
Eadulf eilte hinaus und hielt die Reiter an, bevor sie vorbei waren.
Nemon war verwundert.
»Was soll das alles? Was bedeutet der ganze Trubel?«
»Bist du sicher, daß du Artgal nicht mehr gesehen hast, seit er heute morgen kam, um sich die Kühe anzuschauen, die ihm Bruder Dianach geschenkt hatte?«
»Das habe ich dir doch schon gesagt. Nun erklär mir, was eigentlich los ist!«
»Artgal scheint verschwunden zu sein.«
Nemon zeigte keine Überraschung.
»Hauptsache, er taucht wieder auf und holt seine Kühe ab.«
»Vielleicht mußt du sie länger behalten, als du gedacht hast. Nicht nur, daß Artgal verschwunden ist, Bruder Dianach ist auf seinem Hof ermordet aufgefunden worden.«
Nemons Miene blieb steinern.
»Na, wenn ich die Kühe behalte«, meinte sie schließlich, nachdem sie einen Moment überlegt hatte, »dann brauche ich jedenfalls das Geld nicht zurückzugeben. Tote treiben keine Forderungen mehr ein.«
Fidelma verschlug diese gefühllose Haltung die Sprache. Sie wußte nicht, was sie weiter sagen sollte, und verließ die Hütte. Draußen sprach Eadulf mit Murgal und Rudgal, beide noch im Sattel.
Murgal drückte Fidelma mit seiner Begrüßung gleich sein Mißfallen aus.
»Du solltest doch den
rath
nicht verlassen, ehe nicht deine Verhandlungen mit Laisre abgeschlossen sind.«
»Hat man dir gesagt, daß Bruder Dianach tot ist?« fragte sie und ging auf seinen Tadel nicht ein.
»Rudgal brachte mir die Nachricht.«
»Du findest die Leiche auf Artgals Hof. Artgal selbst ist verschwunden. Es war übrigens Bruder Dianach, der Artgal die Kühe als Bestechung schenkte, und nicht Ibor von Muirthemne. Deine Pflegetochter Nemon kann das bezeugen. Die Kühe stehen noch dort auf ihrer Wiese, weil Artgal sie nicht abgeholt hat.«
Murgal sah sie mit zusammengekniffenen Augen an.
»Willst du damit behaupten, daß Artgal den jungen Mönch getötet hat?«
»Ich will überhaupt nichts
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