Tod im Tal der Heiden
und packte frisches Brot, kaltes Fleisch, gekochte Eier und Gemüse aus. Sogar einen Henkelkrug mit Wein hatte sie mitgebracht.
»Wissen deine Mutter und dein Vater, daß du hier bist?« erkundigte sich Fidelma.
Esnad hob trotzig das Kinn.
»Ich habe das Alter der Wahl erreicht«, erwiderte sie gereizt. »Ich bin schon vierzehn.«
»Aber deine Eltern könnten es dir übelnehmen, wenn du dich mit uns einläßt nach dem, was vorgefallen ist.«
»Sollen sie doch«, erklärte das Mädchen wegwerfend. »Mir macht das nichts aus. Ich bin alt genug, für mich selbst zu entscheiden.«
»Dem kann man nicht widersprechen«, meinte Fidelma.
Das Mädchen hatte den Korb geleert. Nun war genug da für ein annehmbares Abendessen.
Es war offensichtlich, daß sich Esnad in Fidelmas Gegenwart gehemmt fühlte und daß sie anscheinend mit Eadulf allein sprechen wollte. Das reizte Fidelmas Neugier, und zugleich amüsierte es sie, daß Eadulf durch Esnads Aufmerksamkeiten in Verlegenheit geriet. Trotzdem hoffte sie, Eadulf würde merken, daß Esnad mit ihm reden wollte.
Sie erhob sich lächelnd.
»Ich habe Murgal versprochen, etwas mit ihm zu bereden«, sagte sie mit einem bedeutungsvollen Blick zu Eadulf.
Der Angelsachse sah sehr beunruhigt aus, begriff aber wohl, daß er bleiben und herausbekommen sollte, was Esnad von ihm wollte.
Esnad war sichtlich erfreut.
»Ich hoffe, ich störe euch nicht in euren Plänen«, meinte sie kokett.
»Überhaupt nicht«, antwortete Fidelma. »Ich bin bald zurück, also hebt mir etwas von diesem ausgezeichneten Abendbrot auf.«
Sie verließ das Gästehaus und trat auf den Hof hinaus, auf dem es bereits zu dunkeln begann.
Einige Augenblicke wanderte sie ziellos umher und überlegte, ob Esnad etwas zur Aufklärung der geheimnisvollen Vorfälle in Gleann Geis beitragen könnte. Dann nahm sie denselben Weg, auf dem sie in der vorigen Nacht Bruder Solin gefolgt war. Sie war noch nicht weit gekommen, als sie sah, wie eine rundliche Frauengestalt das Gebäude verließ, in dem sich Murgals Wohnung befand. Sie eilte über den Hof. Die Gestalt war unverkennbar. Fidelma beschleunigte ihren Schritt.
»Cruinn!«
Die Verwalterin blieb stehen und blickte sich um. Als sie Fidelma erkannte, wollte sie weitergehen, doch Fidelma vertrat ihr den Weg.
»Cruinn, warum kommst du nicht ins Gästehaus?« fragte Fidelma vorwurfsvoll. »Warum bist du derart wütend auf mich?«
Cruinn schaute sie finster an.
»Du solltest die Gesetze der Gastfreundschaft kennen, du bist doch eine
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. Du hast deinen Gastgeber beleidigt, weil du seine Schwester beleidigt hast.«
»Das ist ungerecht«, erklärte Fidelma. »Ich weiß, daß Orla hier sehr geachtet ist, aber ich konnte nur die Wahrheit sagen. Ich wurde selbst zu Unrecht beschuldigt.«
»Du bist der Gerechtigkeit nur durch eine geschickte Auslegung des Gesetzes entgangen«, entgegnete Cruinn scharf, sehr zu Fidelmas Erstaunen.
»Du scheinst auf einmal viel vom Gesetz zu verstehen, Cruinn«, erwiderte sie. »Wo hast du das gelernt?«
Selbst im Dämmerlicht sah Fidelma, daß Cruinn einen Moment verlegen wurde.
»Ich wiederhole nur, was alle sagen. Wäre Artgal nicht so töricht gewesen, die Kühe anzunehmen, hätte sich seine Aussage beweisen lassen.«
»Ich habe Bruder Solin nicht getötet.«
Cruinn wandte sich rasch ab.
»Ich habe viel zu tun«, murmelte sie. »Aber im Gästehaus brauchst du nicht auf mich zu warten. Es gibt nur wenige Leute, die deine Anwesenheit hier gutheißen, Fidelma von Cashel. Je eher du Gleann Geis verläßt, desto besser.«
Cruinn eilte davon in die Dunkelheit. Fidelma sah ihr nach. Es war entmutigend, wie schnell manche Leute aufgrund von falschen Informationen und Vorurteilen ihre Haltung änderten.
Eine Tür öffnete sich, und ein Lichtschein fiel auf den Hof, er kam aus Margas Apotheke. Zwei Personen standen in der Tür, Marga und Laisre. Der Lichtschein erfaßte Fidelma. Laisre erstarrte, als er sie bemerkte. Dann verbeugte er sich vor Marga.
»Vielen Dank, Marga. Wie oft muß ich den Aufguß trinken?«
»Nur einmal abends, Laisre.«
Die hübsche Apothekerin ging ins Haus und schloß die Tür, so daß kein Licht mehr den Hof erhellte.
Laisre kam auf Fidelma zu.
»Nun, Fidelma von Cashel«, begrüßte er sie kühl, »ich habe gerade von Murgal gehört, daß du dich meinem Befehl widersetzt und vorhin den
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verlassen hast.«
»Es war kein Befehl, wenn ich mich recht erinnere. Du sagtest nur, es wäre dein Wunsch«,
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