Tod im Tal der Heiden
enthüllen willst, wer Solin und die anderen ermordet hat, hat sich im ganzen
rath
verbreitet. Die Leute fragen sich, welche Namen du nennen wirst. Alle sind zutiefst beunruhigt.«
»Nur die Schuldigen haben etwas zu befürchten«, erwiderte Fidelma.
»Viele meinen, du wirst Unschuldige bezichtigen, um von deiner eigenen Schuld abzulenken und deiner Strafe zu entgehen. Nach ihrer Meinung bist du ja nur aufgrund einer Klausel des Gesetzes auf freiem Fuß. Manche glauben nach wie vor, daß du Solin getötet hast, weil ihr Rivalen in eurer Religion wart. Sie haben dir noch nicht verziehen, daß du versucht hast, Orla die Schuld an Solins Tod in die Schuhe zu schieben.«
»Dann habe ich wohl auch Dianach umgebracht und Artgal verschwinden lassen? Oder habe ich gar die dreiunddreißig jungen Männer eigenhändig niedergemacht?«
Murgal behielt die Fassung.
»Man traut einem Menschen alles mögliche zu, wenn man eine Abneigung gegen ihn gefaßt hat.«
»Tust du das auch?«
»Fidelma, ich bin Druide und Brehon. Erst war ich geneigt, dich so gering zu schätzen wie die meisten deines Glaubens: Kleinliche, bigotte Leute, anderen Überzeugungen gegenüber intolerant. Sie können niemanden leiden, der nicht genauso denkt wie sie. Dann stellte ich fest, daß du anders bist als jene deines Glaubens, die ich bis dahin kannte. Dir vertraue ich. Ich glaube, daß du von jeder Schuld frei bist. Vielleicht traust du mir, so daß ich dir helfen kann?«
Einen verwegenen Augenblick lang war Fidelma versucht, ihm alles zu sagen, was sie wußte. Sie öffnete schon den Mund, da erkannte sie die Gefahr. Sie klappte den Mund wieder zu. Murgal war plötzlich zu freundlich geworden. Was steckte hinter seiner veränderten Haltung?
In diesem Moment merkte sie, daß Laisre den Raum betreten hatte. Er trug einen Mantel, denn der Abend war kühl. Er ging hinüber zum Kamin, wo man vor einem geschnitzten hölzernen Wandschirm seinen Sessel aufgestellt hatte. Der Wandschirm war schulterhoch, um vor Zugluft zu schützen. Laisre ging hinter den Schirm zu einem kleinen Tisch, auf dem man während des Festes Mäntel und Waffen ablegte.
Fidelma folgte ihm mit nachdenklichen Blicken. Als er den Mantel abnahm, schaute er sie über den Wandschirm hinweg direkt an. Den unteren Teil seines Gesichts konnte sie nicht sehen, nur seine Augen und den oberen Teil des Gesichts, so daß sie seine Miene nicht erkennen konnte.Ihre Blicke begegneten sich, und sie spürte die Feindseligkeit in seinen Augen. Ein kalter Schauder überlief sie, dann wurde sie wieder ganz ruhig. Sie wandte sich erneut Murgal zu.
»Entschuldige«, sagte sie, »was meintest du eben?«
»Ich sagte, du solltest mir vertrauen, Fidelma von Cashel, denn ich könnte dir vielleicht helfen. Morgen mußt du deinen Verdacht begründen. Wenn du nach Cashel zurückreitest, ohne eine Erklärung für die Vorgänge hier abzugeben, wirst du großes Mißtrauen hinterlassen. Man wird dir weiter die Schuld an Solins Tod zuschreiben.«
Fidelma musterte Murgal einen Moment nachdenklich.
»Du und das Volk von Gleann Geis, ihr werdet morgen vormittag die Lösung all der Rätsel hier erfahren. Das schwöre ich.«
Sie sah, daß Eadulf in die Halle kam. Ihr fiel auf, daß sein Gesicht gerötet war und er irgendwie aufgewühlt wirkte.
Sie entschuldigte sich bei Murgal, erhob sich und ging hinüber zu ihm.
»Stimmt etwas nicht, Eadulf?« fragte sie neugierig. »Du machst so ein seltsames Gesicht.«
»Ob etwas nicht stimmt?« fragte er entrüstet. Er hatte anscheinend Mühe, seinen Zorn zu bändigen. »Bei dieser Esnad stimmt was nicht. Selbst die Prostituierte Nemon ist ehrlicher als sie.«
Fidelma legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm.
»Gehen wir ins Gästehaus, und du erzählst mir alles.«
»Weißt du, daß diese Göre versucht hat, mich in ihr Bett zu zerren?«
Fidelma warf ihm einen belustigten Blick zu.
»Sie ist jung und attraktiv«, meinte sie.
Eadulf gab einen unartikulierten Laut von sich.
»Ich nehme an, du warst von dem Angebot nicht begeistert?« fügte Fidelma mit einem mutwilligen Lächeln hinzu.
»Sie forderte mich auf, eine Partie Brandub mit ihr zu spielen, und bestand auf einer Wette. Wenn sie gewann, sollte ich mit ihr ins Bett gehen, und wenn ich gewann, erwartete sie, daß ich dasselbe von ihr verlangen würde.«
»Und hast du?«
Eadulf war entgeistert.
»Ob ich mit ihr ins Bett gegangen bin?« fragte er entsetzt. »Nein, hast du die Partie gewonnen?«
Eadulf
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