Tod im Tal der Heiden
Christen übrig, deshalb tat sie das ganz gern, und das Schicksal der Gefangenen war ihr gleichgültig.
So wenig sie Bruder Solin auch leiden mochte, den Verbündeten Laisres töten, bevor der Plan zum Erfolg führte, das wäre das letzte gewesen, was Marga getan hätte. Nein, für sie und ebenso für Laisre stand zuviel auf dem Spiel, als daß sie Solin getötet hätten, nur weil er Marga beleidigt hatte.«
»Wer ist aber dann der Mörder?« wollte Colla etwas ungeduldig wissen. »Um unserer strapazierten Nerven willen, verrate es uns und mach dieser schlimmen Geschichte ein Ende.«
»Willst du ihnen sagen, weshalb du Bruder Solin umgebracht hast, oder soll ich es tun, Cruinn?« fragte Fidelma ruhig.
Die rundliche Frau, die immer noch Marga zu trösten versuchte, zeigte keine Regung. Ihr Gesicht blieb unbewegt.
»Sag du es ihnen, wenn es sein muß«, meinte sie schließlich emotionslos.
Marga seufte herzzerreißend und klammerte sich fester an Cruinn.
»Du? Du hast Solin getötet?«
»Was sollte ich denn anderes tun, mein Kind?« erwiderte Cruinn gelassen.
Mit großen Augen fuhr Marga herum, ließ sie über die Versammlung wandern und schließlich auf Fidelma ruhen.
»Das wußte ich nicht«, flüsterte sie.
»Nein, ich glaube nicht, daß du es wußtest.« Dann sah sie Cruinn an. »Du hast Dianach mit ziemlich genau demselben Messerstich getötet wie Laisre. Und du hast auch Artgal vergiftet.«
»Was ist das für ein Unsinn?« fuhr Orla dazwischen, die ihre Haltung wiedergewonnen hatte, aber den neuen Enthüllungen nicht zu folgen vermochte. »Warum sollte diese alte Frau denn irgend jemanden töten?«
Colla stimmte ihr zu. »Das mußt du uns erklären, Fidelma. Warum sollte die alte Gästehaus-Verwalterin jemanden ermorden? Das ist doch Wahnsinn.«
»Wenn es Wahnsinn war, dann der Wahn einer Mutter, die alles für ihr Kind tun wollte.«
Cruinn war nicht zu erschüttern.
»Wie lange weißt du es schon?« fragte sie Fidelma.
»Kurze Zeit erst, aber ich war nicht sicher, welche Rolle Orla dabei spielte. Erst als ich herausgefunden hatte, daß es nicht Orla war, paßte alles zusammen. Und heute morgenbrachte mir Ibor das letzte Stück des Puzzles, als er berichtete, daß er Artgals Leiche in der Höhle gefunden hatte.«
»Kannst du uns auch sagen, warum Cruinn das alles getan hat?« fragte Murgal.
»Cruinn ist Margas Mutter.«
»Die meisten Leute im Tal wissen das«, bestätigte Murgal. »Das ist kein Geheimnis.«
»Ich bin hier fremd. Ich wußte es nicht«, erwiderte Fidelma. »Hätte ich es gewußt, hätten sich vielleicht einige Morde verhindern lassen. Ich mußte es selbst ergründen. Ich hätte genauer hinhören sollen, als Cruinn mir erzählte, sie sammle Kräuter mit ihrer Tochter. Später erwähnte sie einmal, sie sammle Heilkräuter für die Apothekerin. Ich brauchte einige Zeit, um die Verbindung herzustellen. Die Apothekerin war ihre Tochter. Dann erinnerte ich mich, daß auf dem Fest, als Murgal sich Marga zu nähern versuchte, Marga ihn geschlagen hatte und hinausgegangen war. Cruinn war ihr gefolgt, um sie zu trösten, und hatte Murgal einen zornigen Blick zugeworfen.«
»Marga ist eine schöne Frau«, gestand Murgal verlegen. »Es schadet doch niemandem, wenn man Schönheit würdigt.«
»Es kommt darauf an, in welcher Form das geschieht. Und es hätte dir vielleicht geschadet, wenn du so dreist wie Bruder Solin gewesen wärst. Es hätte dich vielleicht wie Solin das Leben gekostet, wenn du Marga deine unwillkommenen Aufmerksamkeiten weiter aufgedrängt hättest. Cruinn wollte ihre Tochter rein erhalten für die Heirat mit dem Fürsten.
Ich hätte hellhörig werden sollen, als Cruinn mich nach den Heiratsgesetzen für Fürsten fragte. Ich dachte, sie bildesich selbst nur etwas ein. In Wirklichkeit hatte Marga ihrer Mutter erzählt, daß Laisre ihr die Heirat versprochen habe. Cruinn freute sich darüber, denn sie hegte Ehrgeiz für ihre Tochter. Aber sie machte sich auch Sorgen und erkundigte sich deshalb bei mir nach den Ehegesetzen, besonders bei Heiraten zwischen Fürsten und einfachen Ständen. Cruinn wollte die Interessen ihrer Tochter wahren. Deshalb ihr Zorn auf dich, Murgal, weil du ihre Tochter vor Laisre beleidigt hast. Als sie dann erfuhr, daß Bruder Solin versucht hatte, sich ihrer Tochter mit Gewalt aufzudrängen, kannte ihre Wut keine Grenzen. Sie wußte nicht, daß Bruder Solin für Laisres Pläne entscheidende Bedeutung hatte, und als sie abends sah, wie Solin sich
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