Tod im Tower: John Mackenzies erster Fall (German Edition)
Rettungsfolie eingewickelt, bis er Decken gebracht bekam. Er antwortete nicht. Mit grimmigem Gesicht begann er mit einer Herzdruckmassage.
Nach wenigen, endlos erscheinenden Minuten, in denen John mit dem Bedürfnis kämpfte, einfach die Augen zu schließen und sich in ein schwarzes Loch fallen zu lassen, wurden die beiden Männer in Decken gehüllt und auf zwei Bahren gelegt. Zugleich kam aus dem Byward Tower ein Notarztteam herbeigeeilt. „Ich fahre mit ihr in die Klinik. Ihr beide lasst euch in der Krankenstation versorgen.“, bestimmte Doc Hunter. Mullins protestierte schwach.
„Ich will euch in die Klinik begleiten.“
„Sie hören jetzt auf mein Kommando. Ihr habt genug getan. Ich halte euch auf dem Laufenden.“ Weg war der Arzt. Also ließen John und Chief Mullins sich quer durch den Tower zu der kleinen Krankenstation neben der Wohnung des Docs bringen. Ms. Doyle, die sich sichtlich Vorwürfe wegen des Verlusts ihrer Patientin machte, freute sich, sich nützlich machen zu können. Sie wies ihre Helfer an, den beiden Unterkühlten die stellenweise steif gefrorene Kleidung vom Körper zu ziehen. Frank Abbott rief kurzerhand seine Frau an, die heißen Tee, Heizdecken und Wärmflaschen organisierte. Nachdem die Pflegerin Temperatur, Puls und Blutdruck gemessen hatte, nickte sie zufrieden. „Ihre Körpertemperatur ist nicht im kritischen Bereich, dazu war Ihr Aufenthalt in dem Eiswasser Gott sei Dank zu kurz. Sie haben beide momentan sehr hohen Blutdruck, aber das ist normal in einer solchen Situation. Passen Sie nur auf, morgen bleibt Ihnen als Erinnerung an Ihr Abenteuer höchstens ein kleiner Schnupfen.“
Mullins und John, die immer noch heftig zitternd unter ihren jeweiligen Decken lagen, warfen sich einen Blick zu und rollten mit den Augen.
Mit einem frischen Verband für Johns Hand und einer Thermoskanne heißen Tees versorgt, fanden die beiden Männer sich schließlich allein wieder. Johns Frösteln hatte nachgelassen und er genoss die wohlige Wärme unter dem dicken Federbett, das man ihm gebracht hatte, die Füße auf einer heißen Wärmflasche. Er merkte, wie er wegdämmerte, als Mullins´ heisere Stimme an sein Ohr drang.
„Wie verzweifelt muss Marcia gewesen sein, in diese eiskalte Brühe zu steigen. Der Mord an dem Mädchen muss ihr entsetzliche Qualen verursacht haben.“
„Ich … glaube nicht, dass sie es war.“ Mit diesen Worten schlief John ein.
„Aufstehen, Mackenzie! Ich habe gute Nachrichten.“
„Mmmmm.“ Grummelnd öffnete John ein Auge. Als er den Kommandanten vor seinem Bett stehen sah, fielen ihm die Ereignisse der Nacht schlagartig wieder ein. „Was…“ Heftiges Niesen überkam ihn. Mit tränenden Augen richtete er sich schließlich auf und nahm ein Taschentuch, das Mullins ihm reichte.
„Ich habe mit Doc Hunter gesprochen: Marcia lebt!“ John blieb der Mund offen stehen.
„Offensichtlich haben wir sie gerade noch rechtzeitig aus dem Wasser gezogen. Es stand Spitz auf Knopf, sagen die Ärzte.“ Mullins schüttelte staunend den Kopf. „Sie hatte sich die Pulsadern aufgeschnitten, aber durch die extreme Kälte ist nur wenig Blut ausgetreten. Allerdings war sie bereits bewusstlos und wäre kurze Zeit später wegen Unterkühlung gestorben.“
„Pff. Das sollte sogar ein medizinischer Laie wissen, dass man sich die Pulsadern am besten in der warmen Badewanne aufschneidet.“ Schwester Doyle war unbemerkt hereingekommen. Als sie die Blicke der beiden Männer bemerkte, schlug sie sich verlegen die Hand vor den Mund. „Aber selbstverständlich bin ich sehr froh, dass Mrs. Campbell das nicht wusste und noch gerettet werden konnte.“
„Wie wäre es, wenn Sie frischen Tee für Mr. Mackenzie hier besorgen könnten?“ Bei Mullins´ nur mühsam beherrschtem Ton floh die Krankenschwester aus dem Zimmer.
Mullins setzte sich auf den Bettrand. „Gestern Nacht sagten Sie etwas, das mir Rätsel aufgibt: Sie denken, Marcia ist nicht die Mörderin von Julia Feldmann? Obwohl sie es in ihrem Schreiben selbst zugibt?“ John nieste abermals und nickte dann.
„Ich denke, sie hat den Selbstmordversuch aus demselben Grund unternommen, aus dem George seit Tagen stur die Aussage verweigert: Sie will jemanden schützen.“ Mullins sah ihn verständnislos an.
„Wie kommen Sie darauf? Woher wollen Sie wissen, aus welchem Grund George so ausdauernd schweigt?“ John fiel ein, dass der Chief noch gar nichts von seinem Besuch bei Scotland Yard wusste. Also
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