Tod im Tower: John Mackenzies erster Fall (German Edition)
In diesem Sinne – Cheerio! Und grüßen Sie Ihre verrückte Nichte von mir.“
Kapitel 24
Mit jeder Meile, die die Bahn zurücklegte, fühlte John sich leichter. Er nahm sich vor, während der kommenden Tage nichts zu tun, als auszuschlafen, sich mit dem legendären Truthahn seiner Mutter vollzustopfen und das Beisammensein mit seinen Verwandten zu genießen. Die Scharmützel zwischen Tante Isabel und seiner Mutter versprachen, zur Unterhaltung beizutragen.
Voller Vorfreude sprang er auf, als die Bahn die Themse überquerte. In wenigen Minuten war die Station Kew Gardens erreicht.
„Fröhliche Weihnachten“, schmetterte er der Schalterbeamtin entgegen, als er die kleine Bahnhofshalle durchquerte. Die Straße hinunter sah er bereits den Eingang zu den Königlichen Gärten vor sich liegen. Als Kind hatten er und seine Geschwister dort viel Zeit verbracht, da ihre Mutter eine Stütze des Fördervereins der Gärten war und wie eine Reihe anderer Gartenenthusiasten ehrenamtlich mithalf, die Freiflächen und die Pflanzen in den verschiedenen Glashäusern zu pflegen.
Anders als seine Geschwister hatte auch John Interesse an der Vielfalt der Botanik entwickelt. Nun, wo er wieder in England war, freute er sich darauf, wieder mehr Zeit hier zu verbringen.
Er hatte gelesen, dass es dieses Jahr dort eine große Eisfläche gab, wo man Schlittschuh laufen konnte. Abends war das Areal von hunderten Glühbirnen erleuchtet, was zusammen mit den angrenzenden viktorianischen Gewächshäusern ein sehr romantisches Bild ergab. Er hoffte, dass er die Gelegenheit finden würde, dort ein paar Runden zu drehen.
Bis zum Haus der Mackenzies waren es nun nur noch ein paar Schritte. Er durchquerte den Vorgarten mit den akkurat geschnittenen Buchsbaumhecken. Auf der letzten Gartenreise ihres Clubs nach Meran in Südtirol hatte Johns Mutter sich von den zahlreichen kunstvollen Heckenskulpturen inspirieren lassen. Nun bestand ihr ganzer Ehrgeiz darin, ebenfalls phantasievolle Formen zu erschaffen. Ihr erstes Projekt, eine überdimensionale Katze, die einen Buckel machte, erinnerte allerdings eher an einen Dinosaurier. Während John flüchtig überlegte, ob sein Vater beim Heckenschnitt die Finger im Spiel gehabt haben mochte, flog die Eingangstür des großen efeuüberwachsenen Hauses auf.
Bella sprang heraus. „Onkel John!“ Er öffnete die Arme und sie flog hinein. „Wir sind auch gerade angekommen, in einem riesigen Auto, in dem sogar Renie in ihrem Rollstuhl Platz hatte. Und King Olaf hat sich auf der Fahrt hierher übergeben!“, sprudelte sie heraus.
John lachte laut heraus. „Das ist doch ein guter Start in die Feiertage.“ An der Tür empfing seine Mutter ihn. „Mein Junge. Schön, dass du endlich da bist. Komm rein, komm rein. Gib mir deinen Mantel.“ Während sie den geräumigen Dielenschrank öffnete, zischte sie ihm zu, „Sie macht mich wahnsinnig. Weiß der Himmel, warum sie uns dieses Jahr heimsuchen musste.“ John konnte unschwer erraten, von wem seine Mutter sprach. Er legte den Arm um seine Mutter und erwiderte mit einem schadenfrohen Grinsen, „Tja Mum, nun siehst du mal, wie das ist. Unser geliebter Cousin Simon hat David, Maggie und mich jahrelang zur Weißglut getrieben. Du wirst es ein paar Tage mit Tante Isabel aushalten können.“ Sie kniff ihn scherzhaft in die Wange. „John Albert Mackenzie! Sprich nicht so respektlos von Simon. Ohne ihn hätten wir jetzt ein sehr trauriges Weihnachtsfest.“
Ernüchtert sah er sie an. „Du hast recht, Mum. Maggie und ich haben uns ohnehin vorgenommen, von jetzt an immer nett zu ihm zu sein.“
„So ist´s recht. Nun geh schon zu den anderen. Sie sind im Wohnzimmer.“ John brauchte nur dem Stimmengewirr zu folgen. Sein Vater, Alan, Tommy, David und seine Frau Annie mit ihrem Söhnchen Christopher hatten sich um Renie geschart, die neben dem offenen Kamin wie eine Königin in ihrem Rollstuhl thronte und wieder einmal genüsslich ihr knappes Entrinnen schilderte. Auch Tante Isabel lauschte Renies lebhaftem Vortrag. Ihre Mundwinkel zuckten. Trotz ihres hohen Alters und ihrer zierlichen Gestalt war sie immer noch eine dominierende Persönlichkeit. Als sie John erblickte, erhob sie sich ächzend aus ihrem Stuhl und kam, auf ihren Ebenholzstock mit dem Hundekopfgriff gestützt, zu ihm herüber.
„Tante Isabel, behalte doch Platz – “
„Unsinn“, unterbrach sie John ungehalten. „Junger Mann, du glaubst wohl, ich gehöre schon zum alten Eisen,
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