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Tod in Kreuzberg

Tod in Kreuzberg

Titel: Tod in Kreuzberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Ditfurth
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zum Ausgang. Drei Männer kamen ihm entgegen und glotzten zur Bühne. Einer pfiff anerkennend, ein zweiter sagte etwas auf Russisch, der dritte trug an jeder Hand drei Ringe. Matti drängte sich an ihnen vorbei, sie beachteten ihn nicht. Der Rausschmeißerriese bearbeitete einen Betrunkenen, der sich vollgekotzt hatte. Er packte den Mann am Oberarm und trat ihm ins Gesäß, dann schubste er ihn auf die Straße. Der Säufer stürzte, schrie auf, berappelte sich, stand auf und zog ab, während er laut fluchte.
    Matti stieg in sein Taxi und fuhr weg. Er guckte ein paarmal in den Spiegel, bis er sich lächerlich fand.
    Es trieb ihn zurück nach Kreuzberg. Er war erleichtert, als in der Oranienstraße eine Frau am Straßenrand winkte. Eine Amerikanerin wollte zum Hüttenpalast gefahren werden, wieder so eine Misttour. Sie sah in ihren Designerklamotten nicht aus nach Billigabsteige. Die Frau stank nach Rauch und Bier. Sie setzte sich auf den Beifahrerplatz und öffnete das Fenster. »Berlin is crazy«, sagte sie. »Really crazy.« Sie roch nach Parfüm, aber nicht aufdringlich. Matti musste höllisch aufpassen, die Oranienstraße war übervölkert mit Touristen, die Straße eine einzige Freiluftkneipe, Autos parkten in der zweiten Reihe, Fahrradrambos preschten durch das Chaos, und Fußgänger torkelten am liebsten vor Mattis Kühlerhaube. »It’s amazing«, jubelte die Frau. Matti warf ihr einen Seitenblick zu, sie hatte ein hübsches Profil, sah man vom spitzen Kinn ab. Sie erwiderte den Blick und lächelte. Matti schaute nach vorn, fluchte innerlich über einen Opel, dessen Fahrer mit dröhnender Musik Wendeübungen veranstaltete und sich durch Fußgänger und Radfahrer so wenig beeindrucken ließ wie durch andere Autos. Auf der Adalbertstraße atmete Matti auf, er fuhr schnell zum Kotti und dort auf den Kottbusser Damm, um vor dem Hermannplatz in die Weserstraße abzubiegen und dann wieder links in die Hobrechtstraße. Als er vor dem Hotel hielt, zückte sie ein Portemonnaie und reichte ihm einen Zwanzigeuroschein, während sie ihm in die Augen blickte. Als er rausgeben wollte, nahm sie seine Hand und legte sie auf ihren Oberschenkel. Matti schüttelte den Kopf, gab ihr Cent-genau zurück, stieg aus, öffnete die Beifahrertür und zeigte auf den Hüttenpalast . Sie blickte ihn fragend an, hob die Schultern, ließ sie fallen und ging zum Hotel. Matti setzte sich hinters Steuer, fuhr zum Reuterplatz, fand eine Parklücke und drehte sich eine Zigarette. Was für ein bescheuerter Tag. Immerhin aber hatte er die Adresse von Arnulf Petersen, auch wenn ihn der Gedanke beunruhigte, von wem er sie hatte. Er lehnte sich ans Auto und rauchte. Am Himmel glitzerten Sterne, die Luft umfächelte ihn mild, in den Fenstern brannte Licht. Ein Renault klapperte übers Kopfsteinpflaster.
    Ein Mann tapste auf ihn zu, er reichte Matti gerade bis ans Kinn. Er trug eine Kunstlederjacke, braun, fleckig, an den Rändern aufgestoßen, und eine Cordhose, die auf dem Boden scheuerte. Dicht vor Matti blieb er stehen. Eine Pfefferminzwolke erreichte Matti, als der Mann fragte: »Was kostet eine Tour nach Pankow, Dusekestraße?«
    »Wie viel darf es denn kosten?« Matti trat den Zigarettenstummel aus.
    Der Mann kramte in seiner Hosentasche und hatte zehn Euro in der Hand, dazu einige Centmünzen.
    »Ist okay«, sagte Matti und nahm das Geld. »Bitte sehr!« Er öffnete die hintere Tür der Beifahrerseite, und der Mann stieg ein. Matti fuhr los, froh, nicht allein zu sein, keinen Besoffenen im Auto zu haben und keinen, vor dem er sich fürchten musste. Er fuhr über die Oberbaumbrücke auf die Warschauer, Petersburger und die Danziger Straße zur Schönhauser Allee. Es war wenig los. Er überholte einen fast leeren BVG -Bus, eine Frau hatte ihr Gesicht an die Scheibe gepresst und guckte traurig hinaus. Matti glaubte, Tränen in ihren Augen zu erkennen. Der Bus bog rechts ab in die Prenzlauer Allee.
    »Ich war Ingenieur«, sagte der Mann mit heller Stimme.
    Matti erschrak, er hatte seinen Fahrgast fast vergessen. »Ach ja.«
    »In einem Robotronwerk in Berlin, dem RVB , Mohrenstraße.«
    »Hm«, sagte Matti.
    »Und von einem Tag auf den anderen haben sie mich rausgeschmissen und den Laden dichtgemacht.«
    »Seitdem sind Sie arbeitslos?«
    »Ja. Hartz IV. Aber ich war ein guter Ingenieur. Jetzt bin ich zu alt, den Anschluss habe ich längst verpasst.«
    »Das geht schnell in Ihrem Beruf, fürchte ich.«
    Ein Motorrad dröhnte vorbei in affenartiger

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