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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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und dann landete. Schließlich wurde der Motor abgestellt und wirbelte langsam aus. Stolpernde Schritte eilten über den Strand, näherten sich dem Pier. Irgendwo in der Stadt schlug eine Kirchturmuhr viermal. Vier Uhr früh… Vincent würde sich bei Mrs. Baker nicht gerade beliebt machen.
    »Behalte den Kopf unten«, sagte ich zu Katherine. »Sie dürfen dich nicht sehen.«
    Wenn Tommy den Mund hielt, fand uns Vincent vielleicht nicht. Und wenn Katherine mich fragte, warum man sie nicht sehen sollte, hatte ich mein Stichwort und ein mehr oder weniger fertiges Drehbuch parat. Aber: »Du hast ihnen doch gesagt, wo sie mich finden können«, und es war, als habe sie mir über die Schulter geschaut und die ersten beiden Seiten durchgestrichen. Ich wünschte, ich könnte ihr Gesicht sehen. Die Fenster des Wagens waren bestimmt beschlagen, Vincents Scheinwerfer schräg nach unten gerichtet. Ich wünschte ihr Gesicht zu sehen und versuchte mich daran zu erinnern – und das Bild entglitt mir. Ich hatte das Gefühl, nie einen Menschen richtig angesehen zu haben, und dafür war es nun zu spät.
    »Warum hast du’s ihnen gesagt? Ich muß es wissen.«
    Ich wollte zu sprechen beginnen, doch nichts kam über meine Lippen. Sie verlagerte ihr Gewicht und fand mich mit der unversehrten Hand und hielt mich fest. Sie konnte mich natürlich sehen. Ich kam mir unanständig vor – vielleicht war ich ja widerlich, beschmutzt, häßlich, vielleicht stand mein Hosenstall offen, irgend etwas.
    »Schon gut, Rod. Ich würde dich nicht fragen, wenn ich’s nicht wüßte.«
    Also begann ich.
     
    Sie schwieg, stellte keine Fragen, sagte nichts, bis er fertig war. Unter ihnen am Strand herrschte ein verwirrtes Treiben; Menschen liefen hin und her, stolperten und fluchten. Sie hörte Vincents Stimme und Mama Bakers Stimme und andere Organe, die Katherine nicht erkannte. Sie hörte sie und lauschte und versuchte sogar zu verstehen, was da gesprochen wurde. Rods geflüsterte Worte waren anders, drangen auf einer anderen Ebene zu ihr. Fast ohne hinzuhören, nahm sie jede Nuance auf. Sie war seine Wirklichkeit. Er nannte keine Gründe, bot keine Entschuldigungen. Zwischen ihnen waren Entschuldigungen überflüssig. Sie kannte sie ohnehin alle.
    Und sie waren sinnlos. Trotz der Entschuldigungen, wegen der Entschuldigungen widerte er sie an – was er war, was er ihr angetan hatte. Seine Tat war, das wußte sie, obszön. Sogar seine Blindheit war schrecklich, eine Selbstverstümmelung, die ihr nur eine neue Bürde auferlegen würde. Seine Freundlichkeit innerhalb der von ihm akzeptierten Grenzen war ihr unverständlich. Sie hatte sich ihm auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, und jetzt verlangte er eine unmögliche Vergebung. Nicht in Worten, nicht einmal mit Demut – doch er verlangte von ihr, daß sie ihm verzieh. Vor allem war es natürlich seine Beschämung, die sie nicht dulden konnte.
    Als er schließlich fertig war, wußte sie nichts zu sagen. Ihr Schweigen würde ihm weh tun, und sie blieb reglos und stumm. Er begann sich zu bewegen. »Hilf mir hinaus«, sagte er.
    Sie stellte fest, daß sie seinen Arm hielt, und ließ los. Er versuchte sie verantwortlich zu machen, sogar hierfür. Er wollte, daß sie ihn bat, zu bleiben. Oder ihn zwang, zu gehen. Und das würde sie nicht tun.
    »Damit du ihnen sagen kannst, wo ich bin?«
    »Wenn ich das wollte, könnte ich von hier aus rufen.«
    »Warum tust du’s dann nicht?« Er hatte sich auf Hände und Knie erhoben, tastete sich durch den Wagen zur Tür. »Du willst beides. Sei doch ehrlich. Du willst mich verraten, damit dich dein verdammter Vincent weiter liebhat. Und gleichzeitig möchtest du, daß ich dich tätschele und dir versichere, die Sache sei ja gar nicht so schlimm und du hättest nicht anders handeln können.«
    Er versuchte sich aufzurichten und stieß dabei den Kopf an einer scharfen Kante. »Hilf mir hinaus, Katherine. Ich suche mir die Promenadenmauer und taste mich daran entlang. Ich werde sagen, ich käme von der Straße. Du wärst mitgenommen worden. Ich hätte gerufen, aber niemand hätte mich gehört.«
    »Und was soll ich die ganze Zeit machen?«
    »Du bleibst hier. Wenn Tommy den Mund hält, bist du bis morgen früh sicher.«
    »Und dann?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Müßtest du aber. Du hast gesagt, du wolltest dich um mich kümmern.«
    »Das war gelogen.«
    Was für ein überdrehtes, melodramatisches nächtliches Gespräch! »Bitte bleib«, sagte sie. »Bitte bleib

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