Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman
Laut von sich,
teils vor Schmerzen, teils aus Ungläubigkeit. »Eine Woche?«
»Ich …«
»Hat Ihnen Kemp das nicht gesagt? Für Wunder bin ich nicht mehr zuständig.«
»Mr. van …«
»Es sind fast zehn Monate vergangen, seitdem der Mann umgebracht wurde. Sie verschwenden das Geld Ihrer Klientin. Aber das
kümmert Anwälte ja nicht.«
Er sah, wie sie die Augen zusammenkniff, auf einer ihrer Wangen erschien ein kleiner roter, halbmondförmiger Fleck. »Mein
Berufsethos ist über alle Zweifel erhaben, Mr. van Heerden.«
|21| »Nicht, wenn Sie bei Mrs. van As den Eindruck erwecken, es bestehe noch Hoffnung«, sagte er und wunderte sich, wie sehr sie
sich unter Kontrolle hatte.
»
Miss
van As ist über die Bedeutung dieses Schritts eingehend unterrichtet worden. Ich habe sie auf die mögliche Zwecklosigkeit
dieses Unterfangens hingewiesen. Aber sie ist bereit, Sie zu bezahlen, weil es ihre letzte Chance ist. Die einzige Möglichkeit,
die ihr noch bleibt. Es sei denn,
Sie
wissen nicht, was Sie zu tun haben, Mr. van Heerden. Es gibt auch andere, die über die gleichen Fähigkeiten verfügen wie Sie
…«
Der Halbmond glänzte nun leuchtend rot, ihre Stimme aber blieb gemessen und kontrolliert.
»Und die nichts lieber tun würden, als gemeinsam mit Ihnen das Geld der
Miss
van As einzustecken«, sagte er und fragte sich, ob der Fleck noch röter werden konnte. Zu seiner Überraschung lächelte sie.
»Es interessiert mich wirklich nicht, wie Sie sich Ihre Schrammen zugezogen haben.« Mit ihrer manikürten Hand deutete sie
auf sein Gesicht. »Aber langsam verstehe ich den Grund dafür.«
Die halbmondförmige Rötung verblasste langsam. Enttäuscht dachte er einen Moment lang nach. »Was war noch im Safe?«
»Das weiß sie nicht.«
»Das weiß sie nicht? Sie schläft elf Jahre lang mit ihm, und sie weiß nicht, was er in seinem Safe aufbewahrt?«
»Wissen Sie, was sich im Kleiderschrank Ihrer Frau befindet, Mr. van Heerden?«
»Wie heißen Sie?«
|22| Sie zögerte. »Hope.«
»Hope?«
»Meine Eltern waren irgendwie … romantisch veranlagt.«
Er ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen. Hope. Beneke. Er betrachtete sie, fragte sich, wie eine Frau, die dreißig Jahre
alt war, mit einem Namen wie
Hope
leben konnte. Er besah sich ihr kurzes Haar. Wie das eines Mannes. Flüchtig überlegte er, an welchen Gesichtszügen die Götter
des Antlitzes bei ihr herumgefummelt hatten — ein altes Spiel, an das er sich nur noch dunkel erinnerte.
»Ich bin nicht verheiratet, Hope.«
»Das überrascht mich nicht … Wie heißen
Sie
mit Vornamen?«
»Mir gefällt das ›Mister‹ ganz gut.«
»Wollen Sie sich auf die Herausforderung einlassen,
Mister
van Heerden?«
Wilna van As befand sich irgendwo in der unbestimmten Spanne zwischen jung und alt, eine Frau mittleren Alters ohne scharfe
Kanten, klein und rundlich, und sie sprach mit leiser Stimme, als sie im Wohnzimmer ihres Hauses in Durbanville saßen, während
sie ihm und der Anwältin von Jan Smit erzählte.
Sie hatte ihn als »Mr. van Heerden, unseren Ermittler« vorgestellt.
Unseren
. Als würde er ihnen gehören. Er hatte um Kaffee gebeten, als ihnen etwas zu trinken angeboten wurde. Steif und förmlich saßen
sie im Wohnzimmer, allesamt einander fremd.
»Ich weiß, es ist nahezu unmöglich, das Testament noch rechtzeitig zu finden«, sagte van As entschuldigend. Er sah |23| zur Anwältin, die mit ausdrucksloser Miene seinem Blick begegnete.
Er nickte. »Aber Sie sind sich sicher, dass es das Dokument wirklich gibt?«
Hope Beneke atmete ein, als wollte sie Widerspruch einlegen.
»Ja. Jan hat es eines Abends mit nach Hause gebracht.« Sie zeigte in Richtung Küche. »Wir haben am Tisch gesessen, und er
hat mir jeden Punkt erklärt. Es war kein besonders langes Schriftstück.«
»Und der Tenor lautete, dass Sie alles erben würden?«
»Ja.«
»Wer hat das Testament aufgesetzt?«
»Er hat es selbst verfasst. Es war seine Handschrift.«
»Hat es jemand beglaubigt?«
»Er hat es von der Polizeidienststelle hier in Durbanville beglaubigen lassen. Zwei der Beamten haben es unterschrieben.«
»Es gab nur dieses eine Exemplar?«
»Ja«, antwortete Wilna van As resigniert.
»Und es ist Ihnen nicht seltsam vorgekommen, dass er bei der Abfassung des Testaments keinen Anwalt zu Rate gezogen hat?«
»Jan war so.«
»Wie?«
»Sehr für sich.«
Die Worte hingen in der Luft. Van Heerden sagte nichts, er wartete, dass sie
Weitere Kostenlose Bücher