Todesakt: Thriller (German Edition)
wurde auch getötet.«
Es fühlte sich an, als sei die Luft im Raum plötzlich durch die Lüftungsschlitze in den Keller gesogen worden. Etwas in Lena erstarrte.
Bennetts und Cobbs letzter großer gemeinsamer Fall.
Sie nickte. Ihr stellten sich die Nackenhaare auf – die Szene stand ihr mit einem Mal deutlich vor Augen.
»Die Pistole, mit der die Frau erschossen wurde«, fuhr Orth fort, »wurde auch benutzt, um Bosco und Gant umzulegen. Und jetzt kommt das Unglaubliche, Lena. Wir haben in der Asservatenkammer nachgefragt. Es ist eine Neun-Millimeter Smith & Wesson. Eigentlich hätte sie da sein müssen. Aber war sie nicht. So wie die Blutproben, die während des Prozesses verschwunden sind. Ein verdammtes Déjà-vu.«
Lena versuchte, sich auf ihre Atmung zu konzentrieren.
»Haben Sie das Anforderungsformular überprüft?«
»Klar doch.«
»Dann sagen Sie mir den Namen von demjenigen, der als Letztes so ein Formular ausgefüllt hat.«
42
Cobb lebte in einem heruntergekommenen Mietshaus neben dem Getränkemarkt Fiesta Liquors und dem Münzwaschsalon Rancho in der Vineland Avenue zwischen den beiden Startbahnen des Bob Hope Airport in Burbank. Als Lena das Gebäude, dessen Architektur eher an ein Motel erinnerte, vom Auto aus betrachtete, wurde ihr klar, dass Cobbs Absturz ein jäher Fall ganz nach unten gewesen war.
Cobb blickte nicht mehr in den Abgrund hinab, er wohnte darin.
Die einzige Sicherheitsvorkehrung war ein eins fünfzig hoher Zaun mit einem defekten Tor. Da Lena keinen Parkplatz entdeckte, fuhr sie einmal um den Block und hielt Ausschau nach dem weißen Lincoln. Die meisten Autos am Straßenrand schienen nicht mehr verkehrstüchtig zu sein und hatten vermutlich schon seit einigen Jahren keinen Kilometer mehr zurückgelegt. Mehr als eine Handvoll waren mit Betonsteinen hochgebockt, die Räder abmontiert, die Windschutzscheiben zerschmettert. Nachdem Lena zum zweiten Mal an Cobbs Haus vorbeigekommen und ziemlich sicher war, dass er so bald nicht zurückkehren würde, stellte sie das Auto auf dem Parkplatz eines mexikanischen Supermarkts zwei Häuserblocks weiter südlich ab und ging den Rest zu Fuß.
Inzwischen bewegte Lena sich wie ferngesteuert. Ihre Geduld war am Ende, und sie konnte kein Verständnis mehr aufbringen. Sie fühlte sich ausgelaugt. Eine falsche Bewegung, und das Drecksflugzeug würde eine Bruchlandung machen. Wenn sie zu gründlich über das nachdachte, was sie vorhatte, würde sie sich eingestehen müssen, dass sich die Maschine bereits im Sturzflug befand.
Eine Überprüfung der Nummern an den Türen ergab, dass Cobb im ersten Stock am Ende des Flurs wohnte.
Lena eilte die Treppe hinauf. Die meisten Fenster standen offen, und der Geruch nach Maistortillas und siedendem Öl stieg ihr in die Nase. Sie hörte verschiedene Sprachen, hauptsächlich Spanisch, aber auch Russisch und Armenisch. Als sie Cobbs Nachbarwohnung erreichte, bemerkte sie plötzlich eine alte Mexikanerin, die am Fenster saß. Die Frau wirkte uralt und verzog keine Miene, selbst als ihre Blicke sich trafen. Zwei Augen starrten stumpf geradeaus.
Lena hastete zu Cobbs Tür, läutete und sah sich um, während sie darauf wartete, dass jemand aufmachte. Die alte Frau hatte ihren Stuhl ein Stück verrückt, um sie besser beobachten zu können.
Lena wandte sich wieder der Tür zu, untersuchte den Riegel und holte blitzschnell die Dietriche aus der Tasche. Offenbar entsprach die Qualität von Cobbs Türschloss dem Zustand des restlichen Gebäudes. Lena steckte den Spanner ins Schloss und begann, die übrigen Stifte mit leichtem Druck und einem Sperrhaken zu bearbeiten, bis sie spürte, dass sie einrasteten. Neunzig Sekunden später war sie beim letzten Stift angelangt, und der Spanner ließ sich drehen. Als die Tür aufging, sah sie sich noch einmal nach der alten Frau um. Sie starrte sie immer noch mit stumpfem Blick an.
Lena trat in Cobbs Wohnung, schloss die Tür hinter sich und legte den Riegel vor. Sie wollte nicht lange bleiben, höchstens eine Viertelstunde.
Das Knacken von Schlössern hatte sie von einem professionellen Einbrecher gelernt, den sie während ihrer Dienstzeit in Hollywood vor über fünf Jahren festgenommen hatte. Jonathan Redgrave hatte zwar einen Master in Betriebswirtschaft von der Universität Stanford in der Tasche, jedoch die nächsten dreißig Jahre nach seinem Abschluss lieber nachts gearbeitet und war dabei ein sehr reicher Mann geworden. In einem Vernehmungszimmer hatte Lena
Weitere Kostenlose Bücher