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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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verursachte Krebs. Na klar, er konnte spüren, wie es seine Gefäße zerfraß. Wie konnte die Wissenschaft diesen simplen Zusammenhang nur so lange übersehen haben? All die Aktivitäten der Weißkittel um ihn herum waren sinnlos. Sie versuchten die Menschen zu heilen, während das kannibalische Licht sie zerstörte. Die Menschen glaubten, sich vom Licht zu nähren. In Wirklichkeit nährte das Licht sich von ihnen. Das Licht brauchte sie – nicht umgekehrt.
    Es war nicht nur dieses schreckliche Neonflackern, nein, das Sonnenlicht selbst machte die Gehirne weich und lutschte die Menschen aus. Er sah all die Bilder vor sich. Die Bikinischönheiten an den Stränden, die muskelbepackten Kerle. Er lachte. Sie wurden nicht ohne Grund Sonnenanbeter genannt. Sie alle waren Opfer. Lichtopfer.
    Es gab gar kein Virus. Das Licht beherrschte die Menschen, machte sie zu Sklaven. Lebte von ihrer Energie. Die ganze Welt war ein Sonnengefängnis. Ein Licht-KZ. So wie die Menschen eine Massentierhaltung organisierten, um sich zu ernähren, so setzte das Licht auf die Massenmenschhaltung.
    Das Wort ging nicht mehr aus seinem Kopf. Es breitete sich aus und fraß jeden anderen Gedanken, bis es ganz allein in ihm hin und her waberte wie ein sich ständig wiederholendes Echo.
    Charlie erhängte sich im Putzraum. Er knüpfte sich mit weißem Verbandszeug an ein Lüftungsrohr. Dann stellte er sich auf einen Plastikputzeimer und trat den Eimer um.
    Sein Genick brach nicht wie erhofft. Er baumelte zappelnd fast zehn Minuten, bis er endlich das Bewusstsein verlor.
    Dann war es, als ob er ins ewige Licht gehen würde. Der lange schwarze Tunnel lag hinter ihm.
    Charlie kam sich vor wie ein siegreiches Opfer des Lichts. Er glaubte zu lächeln, doch in Wirklichkeit war sein verkrampftes Gesicht zur Fratze entstellt.

 
    123 Thorsten raste auf die Hühnerfarm zu. Aus einzelnen Teilen der eingestürzten Gebäude stiegen noch immer Qualmwolken in den blauen Himmel, wie Rauchsignale einer von aller Kommunikation abgeschnittenen Pfadfindergruppe.
    Es sah völlig absurd aus. Draußen lief die militante Tierbefreierin Josy hinter einem Huhn her, um es in eine Voliere zu sperren, und Justin half ihr dabei.
    Thorsten Gärtner bremste und riss die Tür auf. »Sie haben meinen Vater und Frau Jansen als Geiseln! Sie wollen zur Brücke von Uphusen, um sich mit ihnen freies Geleit zu verschaffen!«
    Tim und sein Vater sahen sich nur kurz an. Ubbo Jansen wusste, dass er die Liebe seines Sohnes endgültig verlieren würde, wenn er jetzt einen Fehler machte.
    Die beiden nickten sich fast unmerklich zu. Sie waren sich sofort einig. Kerstin Jansen war ihnen wichtiger als alle Hühner und jede Farm.
    Den Geländewagen konnten sie nicht nehmen. Jemand hatte sämtliche Reifen zerstochen.
    Ubbo Jansen klappte Tims Rollstuhl zusammen und verstaute ihn im Kofferraum von Gärtners VW. Zugleich hob Josy Tim auf den Beifahrersitz. Es sah aus, als würde die Braut den Bräutigam über die Schwelle tragen. Der ostfriesische Wind ließ ihre Haare flattern wie einen Brautschleier.
    Ubbo Jansen übernahm das Steuer. Er war sich ziemlich sicher, dass Thorsten Gärtner noch gar keinen Führerschein besaß. Er sah zwar aus wie zwanzig, kam ihm aber noch sehr unreif vor.
    Der Wagen parkte dort, wo Eddy und Corinna erschossen worden waren. Auf dem Boden war eine eingetrocknete Blutlache zu sehen, als habe jemand Suppe vergossen. Wo die Toten waren, wusste Ubbo Jansen nicht. Er war froh, dass jemand sie weggebracht hatte.
    Ubbo Jansen sah sich zur Farm um. Da lag sein zerstörtes Lebenswerk. Er ahnte, dass am Ende niemand für den Schaden aufkommen würde. Ihm blieben garantiert wieder mal nur die Schulden.
    Er sagte es nicht, aber es fiel ihm schwerer, die Küstenseeschwalbe zurückzulassen als die Tausende Legehennen.
    Josy legte ihm von hinten die Hand auf die linke Schulter, so als würde sie seinen Schmerz spüren.

 
    124 Niklas Gärtner hatte sein Leben als Angestellter verbracht, dessen mutigste Entscheidung in den letzten Jahren im Urlaub auf Rhodos gefallen war, als er beim Paragliding mitmachen wollte – wenn nicht im letzten Moment der heftige Wind einen Teilnehmer fast in die Tiefe gerissen hätte.
    Der leichenblasse Tourist aus Dortmund, der sofort lauthals berichtete, sich vor Angst fast in die Hose gemacht zu haben, musste sich mitten im Redefluss übergeben. Das hatte Niklas Gärtner umgestimmt. Er gab das Geld lieber für einen guten Rotwein aus.
    Jetzt wurde er

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