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Todesbrut

Todesbrut

Titel: Todesbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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scharfe Waffen und auf beiden Hitzköpfe, die darauf warteten, sie zu benutzen.
    Gerade die, denen man schon ansieht, dass sie das Pulver nicht erfunden haben, würden nur zu gerne Gebrauch davon machen, dachte Carlo Rosin.
    Sie hatten erst gar nicht versucht, mit der Fähre bei Petkum über die Ems zu setzen, denn Oldersum war hermetisch abgeriegelt und die Klappbrücke hochgezogen.
    Eine Splittergruppe war beim Emssperrwerk von massiven Militärkräften aufgehalten worden. Die Gruppe wollte in Richtung Rheiderland in die Niederlande flüchten, gab aber auf, als die ersten Warnschüsse fielen.
    An der Autobahnauffahrt Richtung Leer verstopften private Fahrzeuge den gesamten Verkehrsknotenpunkt und Polizisten hatten die Autobahn komplett in beiden Richtungen gesperrt. Barrikaden lagen auf der Straße und sogar Krähenfüße und Stacheldraht.
    Nun sammelten sich alle Ausreisewilligen, wie sich die Demonstranten mit Galgenhumor nannten, in Emden-Uphusen, um über den Ems-Jade-Kanal in Richtung Riepe die Stadt zu verlassen.
    Es war in gewisser Weise ein erhebendes Gefühl für Carlo, über die Brücke auf die Soldaten zuzumarschieren. Er glaubte fest daran, dass sie nicht schießen würden. Natürlich befanden sie sich in einem Konflikt … aber er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand das Gewehr auf unbewaffnete Menschen richten und abdrücken würde. Niemand wäre irre genug, solch einen Befehl zu geben. Die Verrückten mit den Gewehren, den Fleischermessern und Äxten liefen ganz hinten im Zug. In den ersten drei Reihen waren nur friedliche, unbewaffnete Demonstranten.
    In einem Teil seines Bewusstseins breitete sich die drängende Frage aus, ob sie von den aggressiven Bewaffneten nur vorgeschickt wurden, sozusagen als Kanonenfutter, oder ob sie die reale Möglichkeit hatten, hier alles in Ruhe und friedlich zu klären.
    Da wurden von den Soldaten Warnschüsse in die Luft abgegeben. Carlo hatte das Gefühl zu erstarren. Wieder war die junge Frau, die sich Birte nannte, neben ihm und sie zuckte bei jedem Schuss zusammen, als ob die Kugeln sie treffen würden.
    Eine Lautsprecherstimme ertönte: »Bitte räumen Sie die Brücke! Die Stadt steht unter Quarantäne. Sie dürfen Emden zu Ihrer eigenen Sicherheit nicht verlassen! Wir fordern Sie auf, in Ihre Häuser zurückzugehen und auf Hilfe zu warten!«
    »Wir haben hier keine Häuser!«, rief Birte. »Ich wohne nicht hier! Ich arbeite hier nur! Ich bin aus …«
    Sie wurde umgestoßen. Die Militanten am Schluss der Demonstration drängten die Gruppe weiter. Die vorderen Reihen waren beim ersten Schuss stehen geblieben, aber die Hitzköpfe mit den Schuss- und Stichwaffen sahen das gar nicht ein.
    Zwei Hubschrauber knatterten über ihnen.

 
    121 Tim Jansen erhielt eine E-Mail von seiner Schwester Kira. Sie schrieb, dass sie bei einer indischen Familie Unterschlupf gefunden habe. Die Menschen seien sehr nett und gastfreundlich, es gehe ihr gut. Der Flughafen sei immer noch gesperrt und in der Stadt wimmle es von Militär.
    Ihre Nachricht löste Freude aus. Ubbo und Kerstin Jansen fielen sich in die Arme und drückten sich. Danach standen sie sich fast peinlich berührt von ihrem Gefühlsausbruch gegenüber.
    Tim war gerührt davon und doch zeigte ihm dieses Bild von den zwei Menschen, die sich einmal geliebt hatten und jetzt nicht recht wussten, wie sie sich gemeinsam freuen konnten, ohne in alte Zeiten und Gefühlszustände zurückzufallen, wie fremd sie sich bei aller Vertrautheit geworden waren. Aber dann überlagerte eine andere Nachricht die private Verwirrung. Fotos von der Situation an der Brücke in Emden-Uphusen tauchten im Netz auf.
    Eine bewaffnete Auseinandersetzung stand offensichtlich bevor.
    Tim sah es seiner Mutter an. Der Konflikt zerriss sie fast. Sie hatte sich gegen die Mitarbeit im Krisenstab und für ihre Familie entschieden, aber jetzt galt es, ein Blutvergießen in ihrer Stadt zu verhindern.
    Auf n-tv und in der ARD wurde alles live übertragen. Bei einem ähnlichen Vorfall in Düsseldorf hatte es nach amtlichen Angaben einhundertvierundzwanzig Tote und eine unüberschaubare Anzahl von Verletzten gegeben. Es war die Rede davon, dass das Virus manche Menschen äußerst aggressiv mache und Hemmschwellen herabsetze. Manche Menschen würden verrückt, paranoid. Auf einige Personen habe das Virus eine Wirkung wie eine psychogene Droge.
    Ein Hirnforscher bezweifelte das und sprach von einem bekannten Effekt bei Ratten, die wild um sich bissen, wenn

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