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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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düsteren einsamen Jahre und Ereig nisse hinter sich gebracht hatte, gab es doch immer noch gewisse Nachwirkungen davon, die sie nicht verleugnen konnte.
    Jetzt kämpfte sie ihre Verlegenheit nieder und studierte, gleichsam als Test ihres Triumphes über die verlorenen Jahre, ihr Bild im Spiegel mit so viel Eitelkeit, wie sie sich selbst entlocken konnte. Sie hatte eine gute Figur, wenn auch nicht die Art von Körper, der, mit einem Bikini bekleidet, je eine Million Pin-up-Plakate verkaufen würde. Ihre Beine waren schlank und wohlgeformt, ihre Hüften wölbten sich gerade richtig, und ihre Taille war fast zu schlank, obwohl dies ihren eigentlich nur durchschnittlichen Busen größer erscheinen ließ, als er war. Manchmal wünschte sie sich, soviel Busen wie Val zu haben, aber Val sagte, große Brüste wären eher ein Fluch als ein Segen, es wäre, als würde man ein Paar Satteltaschen herumtragen, und an manchen Abenden schmerzten ihr Schultern und Hals von der Last. Selbst wenn das stimmte, was Val sagte, und es nicht nur eine freundliche Lüge aus Sympathie für weniger gut Ausgestattete war, so wünschte sich Christine doch, große Titten zu haben, und wußte zugleich, daß dieser Wunsch, diese hoffnungslose Eitelkeit einfach eine Reaktion auf alles das war, was man ihr an jenem grauen, düsteren Ort beigebracht hatte, wo sie zwischen ihrem achtzehnten und zwanzigsten Le bensjahr gelebt hatte.
    Ihr Gesicht hatte sich unterdessen gerötet, aber sie zwang sich, noch eine Minute vor dem Spiegel stehenzubleiben, bis sie sich hatte vergewissern können, daß ihr Haar sorgfältig gekämmt und ihr Make-up perfekt war. Sie wußte, daß sie hübsch war. Nicht überwältigend, aber immerhin hatte sie einen guten Teint, ein zartes Kinn und eine gute Nase. Das Be ste an ihr waren ihre Augen, groß und dunkel und klar. Ihr Haar war ebenfalls dunkel, fast schwarz. Val sagte, sie würde ihre Titten jeden Tag für solches Haar eintauschen. Aber Christine wußte, daß das nur Gerede war. Aber wenn die Feuchtigkeit ein gewisses Maß überschritt, wurde es entwe der schlaff und ausdruckslos oder es kräuselte sich, und dann sah sie entweder wie Vampira oder wie Gene Shalit aus.
    Sie ging in die Küche, um Kaffee und Toast zu machen, und Joey saß bereits am Frühstückstisch. Er aß nicht, saß nur da, das Gesicht von ihr abgewandt, und starrte zum Fenster hinaus auf den sonnenüberfluteten Rasen im hinteren Garten.
    Christine nahm eine Filtertüte aus einer Schachtel und schob sie in die Kaffeemaschine. »Was hättest du denn gern zum Frühstück, Captain?« fragte sie.
    Er gab keine Antwort.
    Sie löffelte Kaffee in den Papierfilter und sagte: »Wie war's mit Cornflakes und Toast mit Erdnußbutter? Vielleicht möchtest du auch gern ein Ei?«
    Er gab immer noch keine Antwort. Manchmal, auch wenn das nicht oft vorkam, konnte er morgens muffig sein, aber es war nicht schwierig, ihn in bessere Laune zu versetzen. Er war von seinem Wesen her viel zu freundlich, um längere Zeit mürrisch zu bleiben.
    Sie schaltete das Gerät ein und goß Wasser hinein. Dann meinte sie: »Okay. Wenn du keine Cornflakes und kein Toast und kein Ei magst, dann könnte ich dir ja vielleicht Spinat und Brokkoli machen. Das magst du doch gern, oder?«
    Er nahm den Köder nicht an. Starrte nur zum Fenster hin aus. Regte sich nicht. Blieb stumm.
    »Oder ich könne einen von deinen alten Schuhen in die Mikrowelle stecken und ihn dir hübsch zart kochen. Wie wäre das? Nichts schmeckt so gut wie ein alter Schuh. Wirklich köstlich.«
    Er sagte nichts.
    Sie holte den Toaster aus dem Schrank, stellte ihn auf die Theke, stöpselte ihn ein und begriff dann plötzlich, daß der Junge nicht einfach muffig war. Irgend etwas stimmte nicht.
    Sie starrte seinen Hinterkopf an und sagte: »Honey?«
    Er gab ein klägliches, halb ersticktes leises Geräusch von sich.
    »Honey, was ist denn los?«
    Endlich wandte er sich vom Fenster ab, sah sie an. Das zerzauste Haar hing ihm in die Augen, die gehetzt blickten, ein bedrückter Ausdruck, der an dem Sechsjährigen so erschütternd wirkte, daß Christines Herz schneller schlug. Tränen glitzerten auf seinen Wangen.
    Sie ging schnell zu ihm und griff nach seiner Hand. Sie war kalt.
    »Liebes, was ist denn? Sag es mir.«
    Er wischte sich mit der anderen Hand die Augen. Die Nase lief ihm, und er wischte sie sich am Ärmel ab.
    Er war so bleich.
    Was auch immer hier nicht stimmte, das war nicht irgendein einfaches Kindertrauma, das

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