Todesengel
winkte, als hätte er ein Kind vor sich stehen; dann verließ er die Intensivstation. David sprang hoch und lief hinter Kelley her.
»Was ist mit meinen Patienten? Die brauchen mich!« schrie David.
Kelley war bereits am Ende des Flures angelangt. »Das lassen Sie mal unsere Sorge sein. Darüber brauchen Sie sich nicht mehr den Kopf zu zerbrechen«, antwortete Kelley, ohne sich noch einmal umzudrehen. »Ihre Entscheidung ist also endgültig?« hakte David nach. »Oder bin ich nur vorübergehend vom Dienst suspendiert, bis ein Hearing endgültig über meinen Fall befunden hat?«
»Die Entscheidung ist endgültig, mein Freund.« Mit diesen Worten verschwand Kelley um die Ecke. David war fassungslos. Er konnte es einfach nicht glauben, daß man ihn gefeuert hatte. Niedergeschlagen schlich er in den Aufenthaltsraum und ließ sich in den gleichen Sessel sinken, in den er Kelley am Morgen gestoßen hatte.
Von seinem Platz im Aufenthaltsraum aus sah David plötzlich, wie Angela die Intensivstation betrat. Für einen Augenblick war er bewegungsunfähig. Er hatte Angst, seiner Frau gegenüberzutreten, wußte aber, daß kein Weg daran vorbeiführen würde. Also erhob er sich und ging hinter Angela her. Sie stand neben Nikkis Bett. David schlich sich leise heran und stellte sich auf die andere Seite des Bettes.
Angela nickte nur kurz, als David hinzukam, und redete weiter mit Nikki. David und Angela vermieden es, sich in die Augen zu sehen.
»Kann ich zusammen mit Caroline in einem Zimmer liegen, wenn ich morgen die Intensivstation verlassen darf?« fragte Nikki.
David und Angela wechselten einen kurzen Blick. Keiner von beiden wußte, was sie Nikki antworten sollten. »Ist sie schon weg?« fragte Nikki. »Ja, sie ist weg«, antwortete Angela schnell. »Sie ist schon entlassen worden«, sagte Nikki und begann zu weinen. Sie hatte sich so darauf gefreut, ihre Freundin zu sehen, sobald sie in ein normales Zimmer verlegt werden würde.
»Vielleicht kommt Arni ja vorbei, um dich zu besuchen«, versuchte David seine Tochter zu trösten. David und Angela gaben sich alle Mühe, Nikki aufzumuntern. Als sie sie wieder beruhigt hatten, verließen sie die Station. Während sie zum Ausgang gingen, redeten sie kaum miteinander. Die wenigen Worte, die sie wechselten, drehten sich um Nikki.
Auf dem Rückweg fuhr Angela so langsam, daß sie David auf seinem Fahrrad nie aus den Augen verlor. Sie kamen gleichzeitig zu Hause an. Doch erst als sie im Wohnzimmer saßen und so taten, als würden sie die Fernsehnachrichten verfolgen, faßte David sich ein Herz. Er räusperte sich nervös. »Ich muß dir etwas Schlimmes mitteilen«, sagte er. »Ich bin heute nachmittag gefeuert worden. Es tut mir wahnsinnig leid. Von jetzt an wird für uns alles anders werden - das weiß ich nur zu gut. Ich bin am Boden zerstört. Vielleicht bin ich ja wirklich nicht für den Arztberuf geschaffen.«
»David«, sagte Angela leise und nahm seine Hand. »Ich bin heute auch gefeuert worden.«
»Was? Du auch?« fragte er ungläubig. Sie nickte nur.
Er zog sie zu sich heran und umarmte sie. Als sie sich nach einer Weile in die Augen sahen, wußten sie nicht, ob sie lachen oder weinen sollten.
»Was für ein Desaster«, seufzte David schließlich. »Und was für ein Zufall«, fügte Angela hinzu. Danach erzählten sie sich, wie es zu ihrem Rauswurf gekommen war. Angela berichtete David, daß Wadley ihr aufgelauert haben mußte; und sie erzählte ihm, daß sie später zufällig Calhoun getroffen habe. »Er glaubt, daß wir den Mörder bald überführen können, nachdem wir jetzt wissen, daß er tätowiert ist«, sagte Angela.
»Na prima«, erwiderte David. Er konnte den Ermittlungen in diesem Mordfall noch immer nichts abgewinnen. »Calhoun hatte ein paar äußerst interessante Neuigkeiten für uns«, fuhr Angela fort und erzählte David von der neuen Theorie des Detektivs, nach der der Vergewaltiger vom Krankenhausparkplatz auch der Mörder von Hodges war.
»Interessante Idee«, grummelte David. Doch in Gedanken war er ganz woanders. Er dachte darüber nach, wie Angela und er in der nächsten Zeit ihren Lebensunterhalt verdienen sollten. »Erinnerst du dich noch an die Einweisungspapiere, die Hodges am Tag seiner Ermordung bei sich hatte?« fragte Angela. »Calhoun hat herausgefunden, welche Verbindung es zwischen den Patienten gibt, um die es in den Papieren geht. Sie sind alle gestorben. Und offensichtlich war Hodges von jedem einzelnen Todesfall völlig
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