Todesengel
überrascht.«
»Wie meinst du das? Er war völlig überrascht?« fragte David. Auf einmal hatte Angela sein Interesse wieder geweckt.
»Er hatte überhaupt nicht damit gerechnet, daß diese Menschen sterben würden«, erklärte Angela. »Bevor diese acht Patienten von CMV-Ärzten behandelt wurden, waren sie in seiner Obhut gewesen. Calhoun hat rausgefunden, daß Hodges sowohl das Krankenhaus als auch die CMV dafür verantwortlich gemacht hat, daß von seinen Patienten einer nach dem anderen gestorben ist.«
»Weißt du irgend etwas über die Krankengeschichten dieser Patienten?« fragte David.
»Ich kenne nur die Aufnahmediagnosen«, erwiderte Angela. »Warum?«
»Weil ich weiß, wie es ist, wenn man völlig unerwartet seine Patienten verliert«, gab David zurück. »Und was sollen wir nun tun?« fragte Angela schließlich. »Ich habe keine Ahnung«, gestand David. »Auf jeden Fall müssen wir wohl wieder umziehen. Vielleicht müssen wir einen Offenbarungseid leisten. Am besten reden wir mal mit einem Anwalt. Außerdem müssen wir überlegen, ob wir unsere Arbeitgeber verklagen wollen.«
»Das werde ich auf jeden Fall tun«, erwiderte Angela. »Ich werde Wadley wegen sexueller Belästigung vor Gericht bringen, und vielleicht verklage ich auch noch das Krankenhaus, weil diese Kündigung durch nichts gerechtfertigt ist. Diesen schleimigen Wadley lasse ich auf gar keinen Fall ungeschoren davonkommen.«
»Ich bin mir nicht so sicher, ob wir wirklich Prozesse führen sollen«, sagte David. »Vielleicht sollten wir einfach zusehen, unser Leben in den Griff zu kriegen. Ich habe keine Lust darauf, mich in einem Wust von Gerichtsverhandlungen zu verzetteln.«
»Das müssen wir ja nicht jetzt entscheiden«, sagte Angela. Später riefen sie auf der Intensivstation an. Nikki ging es gut, und sie hatte kein Fieber.
»Wir haben zwar beide unseren Job verloren«, seufzte David schließlich. »Aber das Leben wird schon irgendwie weitergehen. Die Hauptsache ist doch, daß es Nikki gutgeht.«
Kapitel 22
Freitag, 29. Oktober
Auch in dieser Nacht konnten David und Angela nicht gut schlafen. David fand sich allmählich damit ab, daß er schon lange vor Tagesanbruch aufwachte. Er war zwar noch immer ziemlich erschöpft, fühlte sich aber nicht mehr so krank wie am Morgen zuvor.
Ohne Angela aufzuwecken, schlich er sich leise ins Wohnzimmer, wo er die finanzielle Situation der Familie überdenken wollte. Zunächst listete er auf einem Blatt Papier auf, was Angela und er alles tun und welche Leute sie anrufen mußten. Danach legte er fest, welche der anstehenden Aufgaben am wichtigsten waren. Er war fest davon überzeugt, daß man die wirtschaftliche Misere nur angehen konnte, indem man die Ruhe bewahrte und rational vorging.
Auf einmal stand Angela im Bademantel in der Tür. Sie sah aus, als ob sie gerade geweint hätte. »Was sollen wir nur machen?« fragte sie traurig, und dabei traten ihr sofort wieder Tränen in die Augen. »Wir haben uns alles verpfuscht.«
David versuchte sie zu trösten, indem er ihr seine Liste zeigte, doch Angela reagierte gereizt. »Deine blöden Listen werden uns auch nicht weiterbringen.«
»Deine hysterischen Heulanfälle aber auch nicht«, raunzte David zurück.
Glücklicherweise vertieften sie ihren Streit nicht weiter, denn sie sahen beide ihre Hilflosigkeit ein. »Und was wollen wir nun tun?« fragte Angela noch einmal.
»Laß uns doch erst mal ins Krankenhaus fahren und nach Nikki sehen«, schlug David vor.
»Okay«, erwiderte Angela. »Dann werde ich gleich die Gelegenheit nutzen, um mit Helen Beaton zu reden.«
»Das ist doch sinnlos«, entgegnete David. »Glaubst du nicht, daß du dir die Mühe sparen kannst?«
»Nein«, sagte Angela entschlossen. »Ich will sichergehen, daß sie meine Beschwerde wegen sexueller Belästigung auch ernst nimmt.«
Bevor sie aufbrachen, frühstückten sie noch hastig. Es kam ihnen seltsam vor, daß sie zum Krankenhaus fuhren, obwohl sie nicht mehr dort arbeiteten. Sie stellten ihr Auto auf dem Parkplatz ab und gingen direkt zur Intensivstation.
Nikki ging es prima, und sie freute sich schon darauf, daß sie die Intensivstation bald verlassen durfte. Tagsüber hatte sie die hektische Atmosphäre dort ja noch spannend gefunden, doch nachts wäre sie lieber in einem normalen Zimmer gewesen, denn sie hatte wegen der ständigen Unruhe kaum schlafen können.
Als Dr. Pilsner eintraf, bestätigte er, daß Nikki auf die normale Station
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