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Todesfalle Triton

Todesfalle Triton

Titel: Todesfalle Triton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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zubringen würde, wie er sie nun zubrachte: mit Sex. Auch daß dieser Mann sich schon jetzt als Sieger des SPIELS betrachtete, glaubte er zu wissen.
    Nun, zumindest darin ähnelten sie sich. Er wischte sich die Hände an einem Tuch ab. Das Tuch warf er in den Abfalleimer. Danach stieg er in eine Art Hosenrock, so kurz, daß er gerade seine Scham und seine Hüfte bedeckte. Er streifte eine ärmellose Weste über.
    Es war nicht direkt regelwidrig, seinen Gegner vor dem SPIEL auf diese Weise zu beobachten. Für diesen Fall gab es einfach keine Regel. Sollte ein Spieler vor ihm je das Bordhirn auf diese Weise angezapft haben, so hatte er sich vermutlich nicht erwischen lassen. Ihm war nämlich kein derartiger Fall bekannt. Und was ihn selbst betraf: zwei oder drei Stunden allein mit einem Bordhirn der älteren Schiffe, und danach arbeitete es für immer mit ihm zusammen.
    Im dritten Sichtfeld wälzten sich sein blonder Gegner und dessen Mätresse auf den Matratzen, als wollte einer dem anderen Blut und Lebenskraft aussaugen. Still tobte der leidenschaftliche Liebeskampf. Er hatte den Ton abgestellt. In diesen Minuten wollte er nur diese weichen Saitenklänge, diese ganz bestimmten Trommeln und diesen einen Rhythmus hören. Und dazu die rauhen Flötentöne. Sie klangen wie heisere, vom Wind zerrissene Rufe aus einer anderen, schöneren Welt.
    Diese Welt wollte er kennenlernen. Deswegen hatte er sich seit Jahren auf das SPIEL vorbereitet. Seit seiner Kindheit, seit er zum ersten Mal begriffen hatte …
    Seinen Gegner vor Augen zu haben, immer, das hielt er für unverzichtbar. Wenn der Blonde nicht in der Nähe war und wenn kein Sichtfeld und auch sonst keine Abbildung ihn zeigten, dann beschwor er seine Gestalt und seine Gesichtszüge in der Phantasie herauf.
    Noch vierundvierzig Minuten. Er schaltete die Sichtfelder aus. Zum letzten Mal prüfte er die Musik, die er später, während des SPIELES, einsetzen wollte. Und er fuhr, als der Test ihn zufriedengestellt hatte, die Lautstärke der Trommeln, der zarten Saiten und der rauhen Flöten hinauf. Danach ging er in die Knie, setzte sich auf seine Fersen und schloß die Augen.
    Ein paar Atemzüge lang dachte er an seine Mutter. Ohne sie wäre er nicht, und ohne sie wäre er nicht der, der er geworden war. Alles, was er beherrschte, hatte sie ihm beigebracht. Und alles, was ihn beherrschte, auch. Den unbedingten Willen zu leben zum Beispiel oder die Sehnsucht nach der anderen, besseren Welt. Beides hatte ihm seine Mutter ins Herz gepflanzt.
    Bald wurde es Nacht auf seiner inneren Bühne. Er überließ sich der Dunkelheit, seiner Sehnsucht, seinem Willen. Die Nacht begann zu leuchten. Von Sternen- und Mondlicht erhellte Nebelschwaden waberten durch seinen Geist. Er breitete Schwingen aus, rotes Gefieder sproß. Er atmete tief ein – eisenhartes Muskelgeflecht schwoll an seiner Brust, auf seinen Schultern. Er riß einen spitzen Krummschnabel auf – ein Schrei platzte in seiner Kehle. Und endlich erhob er sich in die Luft und stieg, bis das Sternenlicht zum Greifen nahe schien.
    Auf dem Zenit seines Steigfluges legte er die Schwingen an und spähte hinunter. Dort stand er, sein Gegner – breitbeinig, blond und in schwarzen Hosenrock und schwarze Weste gehüllt, drohte er mit den Fäusten zu ihm herauf. Wieder ein Schrei – im Sturzflug schoß er auf ihn hinab, prallte wie ein Stein gegen seinen Schädel, warf ihn um, schlug ihm die Klauen in die Brust, zerfetzte ihm die Muskeln über den Rippen und riß ihm das schlagende Herz aus der Brust …
     
    *
     
    Die letzte Kerze.
    Alban entzündete sie am verglimmenden Docht der vorletzten. Ein paar Tropfen Wachs auf die am Boden liegende Wandverblendung, und dann die Kerze auf den feuchten Fleck gedrückt. Sie hielt. Alban rückte ein Stück näher an seinen Bruder Urban heran, matter Lichtschein fiel auf die elektronischen und mechanischen Innereien in der Wand neben dem Schott.
    Die elektronischen bestanden aus einer halben Handvoll Kabeln, Akkumulatoren und Nanokammer-Kristallen; man mußte schon genau hinsehen, um sie überhaupt zu erkennen. Die Mechanik dagegen füllte den halben Hohlraum der Wand aus. Urban nahm zuerst das Kurbelrad heraus. Sie hatten es zuvor in einer Tagesarbeit losgeschraubt.
    »Nichts funktioniert mehr!« Fast lachend traf Donna Kyrilla diese Feststellung. Sie und der Höchstgeehrte standen hinter den Zwillingen im Halbdunkel. Über vier Schichten Kleidern trugen sie drei Schichten Decken. »Kein Licht,

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