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Todesformel

Todesformel

Titel: Todesformel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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Platen-Alt neben mir schimpft: »Was soll jetzt das gewesen sein, da stehen und nichts tun? Diese Verlangsamung war für nichts und wieder nichts gut, eine reine Schikane. Da gibt es noch viele Einsparungsmöglichkeiten bei der Polizei.«
    Unvermittelt sehe ich im Rückspiegel den Helikopter. Er muss von seitwärts über den Wald gekommen sein. Er bleibt hinter mir über der Straße stehen. Ich fühle den Blick von der Seite, schaue starr nach vorn. Sie klappt die Blende herunter, richtet den Damenspiegel als Rückspiegel. Hinter uns auf der Fahrbahn fahren zwei Autos, der Helikopter ist weg. Es könnte ein Polizeiheli gewesen sein, jene der Autobahnpolizei sind weiß mit drei grünen Streifen und schwarzer Schrift, das hätte ich nicht erkennen können. Wäre Mattis Platen-Alts weißer ›Cayenne‹ vor uns nach ›Holsten‹ gefahren, hätte dieser Heli ihn, so Gott will, ebenfalls von ferne beobachten können. Falls Noël wirklich nach ›Holsten‹ gefahren wurde. Doch warum sollten sie vorsichtig sein, mich haben sie ja. Einer von ihnen hat die eigenen Hände blutig gemacht. Für sie gehören Tierversuche zur Tagesordnung. Ich verbiete mir, dies zu denken. Ich darf mich nicht von Chantal Platen-Alt ablenken. Machtgierig sind die Politiker alle. Jetzt wirkt sie versteinert. Wie lässt sich Verzweiflung feststellen? Aus der unverminderten Härte?
    Die Uhr am Armaturenbrett zeigt 16.35 Uhr, also ist jetzt halb sechs, um diese Zeit wässert Alja in ihrem Garten. Sie sollte nicht dort sein, diese Leute hier sind nicht zimperlich. Ich hoffe inständig, dass sie auf Claas’ Telefonklingeln ins Haus gelaufen ist, dass sie diesmal gespürt hat, es ist lebenswichtig. Hat Claas sie nicht erreicht, kann sie nicht wissen, dass wir kommen. Alja liest zu wenig Zeitung, Frau Chantal Platen-Alt ist eine preisgekrönte Pistolenschützin.
    Was tue ich, wenn die CD-ROM dort ist, wo wir so sicher sind, dass sie sein soll, und was tue ich, wenn sie nicht dort ist? Was tut eine Chantal Platen-Alt in beiden Fällen? Wie beabsichtigt sie, mich loszuwerden, und wann?
    Sie weiß genau, dass ich ihr schon von der Größe her kräftemäßig überlegen bin.
    Chantal Platen-Alt kennt die Wege hier oben noch besser als ich. Sie dirigiert mich, die Straße nach Lenz zu nehmen, dann nähern wir uns über Waldwege von oben her der Mühle. Beim Durchqueren einer der Geländekammern leitet sie mich an, spitzwinklig rückwärts in einen Seitenweg zu fahren, überraschenderweise in eine der kleinen versteckten Steingruben, die es hier überall gibt; diese kenne ich nicht. Hier verlassen wir den ›Jeep‹. Er ist vom Weg aus kaum zu sehen und dies auch nur, wenn jemand unmittelbar auf der Abzweigung steht und nach rückwärts blickt, oder falls das Gelände abgesucht würde. Er könnte sehr lange unbemerkt hier stehen; Felix, der die Gegend bewacht, ist ja nicht mehr da.
    Ich muss vorausgehen, sie geht hinter mir, etwa fünfhundert Meter weit, immer auf Fußpfaden. Am Waldrand bleiben wir von einem Weißdorn verdeckt stehen. Irgendetwas tut sie hinter meinem Rücken. Die Mühle mit ihren Gärten liegt in der Abendsonne schräg unter uns. Nichts bewegt sich. Auch Aljas ›Fiat‹ steht nicht wie gewohnt vor dem Schuppen.
    Wieder denke ich innig an Noël, er soll sich nicht fürchten, er wird hier unten wieder spielen, wir werden über die neuen Wege gehen, wir werden lachen.
    Bedrohlich nah die Stimme hinter mir, der schneidende Ton, rasch: »Wie genau gehen Sie jetzt vor? Wo wollen Sie nach dem Datenträger suchen? Was werden Sie sagen, sollte Frau Berken auftauchen?« Sie ist nervös. Wieso weiß sie überhaupt, dass ich weiß, wo sie ist? Mein Atem steht still, sie haben mich geblufft. Ich bin darauf hereingefallen aus Angst um Noël. Judo, sie haben mir gleich den Boden weggezogen. Zeit herausschinden für Claas. Der erste Fehler unterlief schnell, ein zweiter wird tödlich.
    »Sie haben nur vermutet, dass ich sie habe. Wie können Sie sie überhaupt verkaufen wollen? Sie sind Politikerin. Nach unseren Werten und nach unseren Gesetzen ist völlig unethisch und ungesetzlich, was darauf zu sehen ist: Sie handeln mit ganz speziellen Nervengiften, die auf jeden Fall verboten sind. Sie müssen mich ja daran hindern, das wann auch immer, wem auch immer zu erzählen. Sie werden mich umbringen, sobald Sie sie in der Hand halten, richtig? Das ist auch ganz praktisch, eine Tochter Ihrer Schwester ist das Letzte, was Ihnen gefehlt hat.«
    Sie fasst mich am

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