Todesfracht im Jaguar
machte.
Je eher wir mit den
Vorbereitungen anfangen, hatte sie gesagt, um so besser.
Doch bis jetzt war dem Vorsatz
die Tat nicht gefolgt.
„Also gut“, seufzte Tim.
„Fahren wir zu euch. Ran an die Girlande! Arbeitsstunde in der Penne ist ja
nicht mehr. Und das Abendessen können wir schwänzen. Zur Abendvorstellung sind
wir dann rechtzeitig wieder hier.“
Klößchen brummelte was von ,ausgiebigem
Abendessen bei sich zu Hause‘. Dann suchten sie Karl.
4. Nachschub aus Mailand
Ein bißchen glich die Villa
BROWSKI in der Wolperts-Allee einer Festung. Einladend wirkte sie jedenfalls
nicht: mit den schmiedeeisernen Gittern vor allen Fenstern, den hohen
Gartenmauern, den eingemauerten Glasscherben auf der Mauerkrone — was
Überklettern verhindern sollte — und den abweisenden Schildern an den Pfosten
der Einfahrt: Betteln und Hausieren verboten — Kein Eintritt — Vorsicht!
Bissiger Hund!
Dieter Browski lenkte seinen
Porsche in die Garage.
Seine Zähne knirschten, als er
ausstieg, sich das Seidenjakkett über die Schulter warf und zum Haus rannte.
Er war mittelgroß, knochig und
eckig. Im hageren Gesicht sträubte sich ein schwarzer Schnurrbart. Unter dem
linken Auge verlief eine Narbe. Die rührte her von einem Steinwurf. Der Vorfall
lag 15 Jahre zurück. Aber Dieter behauptete, die Narbe sei das Ergebnis eines
Messerkampfes — auf Leben und Tod. Ein Wegelagerer in Mexiko hätte ihn
angegriffen. Daß den jetzt der grüne Rasen decke, ließ er dann stets als
abschließenden Hinweis lässig aus dem Mundwinkel quellen.
Inzwischen hatte er das so oft
erzählt, daß er selbst daran glaubte.
Schnaubend wie ein Nilpferd mit
Heuschnupfen suchte er nach seinem Vater. Oswald nannte er den.
Oswald Browski befand sich in
seinem Arbeitszimmer, hatte die Füße auf den Schreibtisch gelegt und qualmte
die zweite Hälfte einer 19-Zentimeter-Zigarre.
„Dieser Saubengel“, brüllte
Dieter, „hat uns alles vermasselt.“
Oswald ließ die Füße vom
Schreibtisch gleiten. Sie schlugen dumpf auf den Teppich.
„Häh?“
„Futsch!“ brüllte Dieter. „Die
Sendung ist futsch.“
Oswalds Gesicht lief rot an.
„Das ist nicht wahr.“
„Wenn ich’s dir sage. Aus
zweihundert Meter Entfernung habe ich alles beobachtet. Durchs Fernglas. Der
Bengel hat das Versteck gefunden und konnte rein, weil der blöde Tiger... Ach
so, du weißt ja noch gar nichts.“
Er berichtete, rannte dabei vor
dem Schreibtisch auf und ab, schlug mit flacher Hand nach dem Zigarrenqualm.
Er war Nichtraucher und hielt
nichts von blauem Dunst.
Oswalds Sülzkopf lief rot an.
Browski senior war größer als
sein Sohn und enorm massig. Sogar am Schädel hatte er Fett angesetzt. Daß er
rosahäutig war und rotblondes Haar hatte, vermittelte den Eindruck von Sülze.
Wenn ihn die Wut packte — was häufig geschah ließ sich das nicht übersehen. Aus
Rosa wurde dann Rot, und aus Rot Violett. In diesem Zustand hätte er in einen
Käfig gehört.
„So war’s“, beendete Dieter
seinen Bericht.
Oswalds Faust zerdrückte die
Zigarre. Tabakblätterlaub rieselte auf den Schreibtisch. Glut verbrannte ihm
die Finger. Er achtete nicht darauf.
Er stemmte sich hoch, ballte
die Faust und schlug auf die Schreibtischplatte.
Das geschah häufig. In der
Mitte war die Platte sichtbar eingedellt.
Er schlug noch zweimal.
Dieter sah zu und bewunderte
den Schreibtisch.
Daß der das aushielt! Deutsche
Wertarbeit. Eiche.
Der Hauch von Violett
verschwand aus Oswalds bulligem Gesicht. Das Rot flackerte kurz und wich dann
dem Rosa.
Jetzt kann ich mit ihm reden,
dachte Dieter. Er selbst hatte seine Wut schon verbraucht.
Oswald ließ sich in den Sessel
fallen und griff nach einer neuen Zigarre.
„Also haben die Bullen den
Stoff“, stellte er fest.
„Haben sie. Wir haben nichts.
Die Idee mit dem Tigerkäfig war gut. Aber es ist schief gelaufen. So was kommt
vor.“
Oswald schob die Zunge in den
linken Mundwinkel. Das wirkte, als spucke er ein Stück Steak aus.
„Ich brauche Heroin“, sagte er.
„Mindestens zwei Kilo. Die Verteiler stehen mir auf den Füßen. Nichts ist da.
Wenn wir nicht liefern, geht uns der Markt in die Binsen.“
„In Chicago habe ich gelernt“,
wußte Dieter, „was da zu tun ist. In solchen Fällen. Sofort Nachschub
beschaffen!“
Oswald nickte. Sollte er Dieter
für diese Idee loben? überlegte er. Nein, entschied er. Denn darauf wäre er
selber gekommen.
„Ich rufe Ricardo an“, sagte
er.
„Ricardo in
Weitere Kostenlose Bücher