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Todesfracht im Jaguar

Todesfracht im Jaguar

Titel: Todesfracht im Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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drei an einer Papiergirlande. Ihr Platz
würde über der Eingangstür sein — mit entsprechendem Willkommensgruß.
    Draußen neigte sich der
Sommertag in einen wohlig-braunen Abend. Im parkgroßen Sauerlich-Garten bewegte
lauer Wind die Blätter. Hier und dort — eigentlich überall — hätte der Gärtner
mit Heckenschere, Gartenmesser und Baumsäge eingreifen müssen. Aber Erna
Sauerlich bestand zur Zeit auf einen verwilderten Garten. Nicht weil das schick
war, sondern weil wildwachsende Kräuter besser gedeihen.
    Klößchen, der seit Stunden
Schokolade kaute, stand auf.
    „Ich geh mal in den Keller.
Schinken? Knoblauchwürste? Speckseiten? Was ist gefällig?“
    „Ich bin zufrieden, wenn mir
Amalie ein Butterbrot macht“, meinte Karl.
    Auch Tim winkte ab. „Keinen
Hunger bei der Hitze.“
    „Die Temperatur, bei der ich
satt bin, gibt’s noch nicht“, erwiderte Klößchen.
    Tim sah zur Uhr. „Du kannst
nicht mehr groß tafeln. Allmählich müssen wir lossocken. Sonst verpassen wir
Beppos Späße. Und das wär’ schade, denn er ist wirklich lustig.“
    „Ich beeil’ mich.“
    Klößchen sauste hinaus. Tim
hörte, wie er in den Keller hinunter polterte. Aus der Küche drangen entzückte
Rufe. Er stand auf und folgte dem verlockenden Duft von backfrischem Kuchen.
    Gaby hatte eine von Amalies
Schürzen umgebunden. Das war nicht unproblematisch, denn die Köchin hatte
ungefähr den dreifachen Umfang. Aber Gaby war mit diesem Hindernis
fertiggeworden und die Torte — jedenfalls deren Rohbau — gelungen.
    „Riecht gut. Sieht gut aus“,
lobte Tim.
    „Es wird eine
Schokoladentorte.“
    „Dann fällt dir Willi um den
Hals.“
    „Ich mache sie trotzdem.“
    „Wir müssen gleich los.“
    Gaby nickte und nahm die
Schürze ab. Ihr verträumter Blick hing an dem Backwerk.
    Tim erinnerte sich an Karls
Wunsch und verfertigte ein Butterbrot. Er hörte, wie Klößchen aus dem Keller
zurückkam und ins Eßzimmer ging.
    „Ich habe alles noch dreimal
durchdacht“, sagte Tim. „Caldo, der Tierpfleger, und dieser Porschefahrer
scheinen mir nach wie vor verdächtig. Allerdings wundere ich mich, daß dieser
Rennsemmel-Fan so auffällig fährt. Als Dealer nimmt man doch keinen schwarzen
Porsche mit goldenem Initial. Als Dealer macht man sich unauffällig. Es muß ja
nicht Tretmühle sein. Oder Mofa. Aber ein alter Opel wäre...“
    Er stockte.
    Klößchens Gebrüll ließ die
Wände wackeln. Offenbar brüllte er mit vollem Mund — hatte wohl in Schinken,
Wurst und Speckseite gebissen. Denn dem Gebrüll folgte ein erstickendes Husten.
    Sie rannten ins Eßzimmer.
    Klößchen stand am Fenster und
preßte eine Hand vor den Mund. Er hatte den Hustenanfall überwunden. Den freien
Arm streckte er aus.
    „Da... ist er!“ keuchte er.

    Karl kam herein.
    „Wer?“ fragte Tim.
    „Der Tiger.“
    Tims Adlerblick flog über den
Garten.
    Er sah Amseln, einen Dompfaff,
Blaumeisen, ein Gartenrotschwänzchen. Von Suleika keine Spur.
    „Wo, zum Teufel?“
    „Hinter den Stachelbeerbüschen
dort hinten! Da war er, ganz deutlich.“
    „Und wo ist er jetzt?“
    „Bin ich sein Dompteur?“
    „Du mußt doch gesehen haben,
wohin er lief.“
    „Nein. Ich sah nur den
Tigerkopf. Mit spitzen Ohren und so.“
    „Ich glaube“, meinte Tim. „Dich
hat die Sonne geblendet. Was du gesehen hast, war Nachbars Siamkater.“
    „Der wird nicht so groß wie ein
Elefant.“
    „So groß werden auch Tiger
nicht“, erklärte ihm Karl. „Gib es zu! Du hattest eine Halluzination (Sinnestäuschung). Wenn dir der Magen schiefhängt, bist du ja zu allem fähig.“
    „Ich weiß, was ich gesehen
habe“, beharrte Klößchen.
    „Also gut“, seufzte Tim. „Ich
gehe mal raus und sehe nach. Wenn die Dschungelkönigin hier ist, hinterläßt sie
Spuren in eurem Kräuterbeet. Das ist doch hinter den Stachelbeeren?“ Klößchen
nickte.
    Gaby faßte Tim am Arm. „Bleib
lieber hier. Wenn sie doch da ist und Hunger hat, frißt sie dich.“
    „Ich nehme einen Stuhl mit. Den
hassen Tiger mehr als Feuer und Peitsche. Mit dem Stuhl kann ich mich verteidigen.
Außerdem greift mich Nachbars Kater nicht an.“
    In dem kostbar möblierten
Speisezimmer stand in der Ecke ein besonderer Stuhl. Tim schwang ihn sich auf
die Schulter.
    „Um Gottes willen!“ murmelte
Karl. „Das ist ein George I-Cabriole Leg-Stuhl. Ist aus Nußbaum mit tiefem,
geschweiftem Sitzrahmen. Und geschweifter Lehne. Deren Mittelstück hat man
genau in den Rahmen eingepaßt. Eine

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