Todesfrauen
mal kreuzweise.«
Das war zu viel. Gabriele wusste nicht, wie sie der sturen Verweigerungshaltung ihrer Freundin noch Herr werden konnte. Ebenso wenig wusste sie, wie sie eine Aktion wie diese ohne die Findigkeit und die technische Finesse Sinas ausführen sollte. Die bittere Wahrheit hieß: entweder mit Sina oder gar nicht.
Mit hängenden Schultern wandte Gabriele sich dem still im Hintergrund wartenden Vladi zu. »Du hörst selbst. Es sieht schlecht aus mit unserer Tour in deine Heimat.«
»Vielleicht habe ich euch ein wenig überrumpelt«, mutmaßte Vladi mit wenig glücklichem Ausdruck. »Ihr könnt ja mal alles sacken lassen und es euch in aller Ruhe überlegen.«
»Da gibt es nichts zu überlegen«, sagte Sina entschieden. »Ich mache nicht mit. Dabei bleibt’s.«
»Dann vielleicht die Chefin allein …«, setzte Vladi wenig überzeugend an.
»Nein.« Gabriele schüttelte traurig den Kopf. Daraufhin sagte sie etwas, das Sina gerade in dieser Situation sehr freute: »Weißt du, Vladi, Sina und ich bilden ein Team. Entweder wir steigen gemeinsam ein, oder wir lassen es bleiben. So läuft es und nicht anders.«
»Ja, wenn das so ist …« Vladi machte einen gequälten Eindruck. »Ich kann dieses Angebot natürlich nicht unbegrenzt aufrechterhalten. Es gibt andere Händler, die sich die Finger danach lecken würden.«
»Dann nimm die anderen Händler«, ließ sich Sina nicht von ihrem Entschluss abbringen.
Zwischen Vladi und den Frauen ging es noch eine Weile hin und her, bis sich ihre Wege trennten.
Gabriele fühlte sich mies. Wie eine Verliererin. Sie hatte es bildlich vor Augen, wie ihr die entgangenen Geldscheine durch die Finger glitten.
Sina war trotz ihres vermeintlichen Erfolges gegenüber Gabi ebenso unwohl zumute. Sie war ihrer Freundin ordentlich in die Parade gefahren und hatte sich dagegen gewehrt, erneut gegen ihren Willen eingespannt zu werden und sich unabsehbaren Gefahren auszusetzen. Aber war ihre Reaktion wirklich angebracht gewesen? War Vladi nicht doch bloß ein harmloser Pendler zwischen den Welten, der versuchte, das Beste für sich und seine Freunde in einer vom Krieg in Mitleidenschaft gezogenen Heimat herauszuholen?
5
Mehr oder weniger wortlos fuhren sie über den Frankenschnellweg zurück nach Nürnberg. Erst als sie die Stadtgrenze passierten, wurde Gabriele mitteilsamer: »Soll ich dich zu Hause absetzen oder kommst du noch mit auf einen Schlummertrunk zu mir?«
»Wieso Schlummertrunk? Es ist doch noch gar nicht so spät?«, wunderte sich Sina.
»Aber wenn wir mit unserer Aussprache fertig sind, wird es spät sein.«
Bei einer Flasche Portwein und gewürfeltem Gouda setzten sie sich in Gabrieles Wohnung zusammen, doch ihr Krach ging munter weiter. Wie es Sina nicht anders erwartet hatte, ging es Gabriele in erster Linie tatsächlich nur ums Geld: »Ist dir in deiner kaufmännischen Unbefangenheit und Naivität überhaupt nicht aufgefallen, dass wir Vladi und Konsorten über den Tisch ziehen könnten? Ich habe mir die Lebensläufe der Mittelsleute durchgelesen. Die haben allesamt keinerlei Ahnung vom wirklichen Wert der Gemälde. Wir könnten sie mit Almosen abspeisen und einen Riesengewinn einfahren. Das sind Laien, Sina! Blutige Anfänger!«
»Gutes Stichwort«, konterte Sina. »Denn ich glaube, wir beiden würden uns eine blutige Nase holen, wenn wir darauf eingestiegen wären. – Aber lass uns diesen Streit nicht weiter in die Länge ziehen.«
Das hatte Gabriele auch nicht vor. Im Gegenteil: Jetzt würde sie sich der beruhigenden Wirkung des Alkohols hingeben und den Verlust tapfer verschmerzen. Sie musste einsehen, dass sie in diesem Spiel ohne Sina keine guten Karten haben würde. Aber wie hieß es doch so schön: Pech im Spiel, Glück in der Liebe. Bei diesem Gedanken kam ihr Eduard Diehl in den Sinn, ihre neue Flamme.
»Was guckst du denn mit einem Mal so verträumt?«, wollte Sina gern wissen.
»Ach.« Gabriele schreckte auf. »Das ist dir aufgefallen?«
»Na klar. Ich sehe doch, wenn meine Freundin etwas bewegt. Ist es etwa immer noch dieser olle Kommissar?« Sina kicherte.
»Mach dich nicht lustig! Er ist topfit für seinen Jahrgang. Und, ja, ich habe wirklich etwas für ihn übrig.« Gabriele beugte sich über den Tisch und kam Sina sehr nahe, als sie fragte. »Findest du das albern, wenn ich mich in meinem Alter an einen Mann ranschmeiße?«
»Überhaupt nicht! Erstens bist du nicht alt, und wenn, wäre das auch egal. Hauptsache, du verspürst
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