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Todesgarten

Todesgarten

Titel: Todesgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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Natürlich hatte sie davon gehört, wie er sich in der Vergangenheit
schützend vor Michael gestellt hatte. Sie wusste, wer über ihn lästern wollte,
der machte das besser woanders.
    Wolfgang Herzberger fuhr zusammen. Ein schwerer Regentropfen
hatte ihn im Nacken getroffen. Er sah auf und blickte in den Himmel. Die
Wolkendecke über der Stadt leuchtete hellrosa. Ein weiterer Tropfen fiel auf
ihn herab und landete auf seiner Stirn. Die Beamten vom Erkennungsdienst
erstarrten mitten in der Bewegung. Eine Sekunde lang. Dann begannen sie
aufgeregt durcheinanderzurufen.
    Â»Schnell, hol jemand die Folien!« – »Beeilung!« –
»Zuerst Planquadrat A sichern!« – »Was ist mit
Planquadrat B ?« – »Na, hier war noch überhaupt
keiner!« – » C ?« – » C ist fast fertig, aber D liegt völlig ungeschützt!« –
»Verdammt, wo bleiben denn die Folien?«
    Ein weiterer dicker Tropfen landete auf Wolfgangs
Schuhspitze. Dann setzte ein Wolkenbruch ein.
    Â 
    Michael Schöne schreckte aus dem Schlaf. Er rang um
Atem, sein Herz jagte in der Brust. Nur ein Albtraum, sagte er sich, es ist nur
ein Albtraum. Alles in Ordnung, nichts ist passiert. Er setzte sich auf und
drückte die Finger gegen seine Schläfen. Langsam beruhigte sich sein Herzschlag
wieder.
    Es war still im Schlafzimmer, außer den leisen Geräuschen
aus dem Fernseher war nichts zu hören. Das Gerät flackerte in der Zimmerecke,
gerade lief irgendeine Sitcom. Aufgeregte Stimmen, die immer wieder von einem
Lachband unterbrochen wurden, aber alles so gedämpft, dass der Inhalt nicht zu
verstehen war.
    Dunkelheit. Das war das Letzte aus dem Traum, woran er
sich erinnern konnte. Es war Nacht gewesen. Über ihm befanden sich Baumkronen
und der rosa leuchtende Himmel der Stadt. Jemand war hinter ihm her gewesen. Er
hatte weglaufen wollen, aber seine Beine bewegten sich nicht. Als wäre er gelähmt.
Der andere holte auf. Er wollte ihn töten, da war er ganz sicher. Er konnte
nichts dagegen unternehmen. Dann tauchte er zwischen den Bäumen auf, war direkt
hinter ihm, holte aus – und Michael war aufgewacht.
    Es war lange her, dass er von Albträumen geplagt worden
war. Sie hatten irgendwann einfach aufgehört, nach all den Jahren, in denen sie
nicht mehr wegzudenken gewesen waren. Ganz würden sie wohl nie verschwinden.
Oder war es dieses Mal um etwas anderes gegangen? Er versuchte sich zu
erinnern, aber die Bilder aus dem Traum schwebten bereits davon, kaum dass er
sie zu fassen versuchte.
    Er zog die Fernbedienung zwischen den Laken hervor und
schaltete das Gerät ab. Es wurde dunkel und still im Raum. Eine dumme Angewohnheit,
den Fernseher laufen zu lassen. Kein Wunder, dass er Albträume bekam. Er legte
sich auf die andere Seite und zog sich die Decke ans Kinn. Durch das offene Fenster
hörte er den beginnenden Regen, der auf das Blätterdach im Garten niederfiel.
Dieses leise Prasseln war es, das ihn schließlich wieder wegdämmern ließ.

2
    Als der Wecker ein paar Stunden später klingelte, kam
es ihm vor, als wären nur wenige Minuten vergangen. Mit bleischwerer Hand
drückte Michael Schöne die Schlummertaste.
    Graues Licht fiel in sein Schlafzimmer. Durchs offene
Fenster wehte kühle Luft herein, und noch immer prasselte draußen der Regen.
Wie es aussah, machte der Hochsommer erst einmal eine Pause.
    Er gähnte. Wühlte sich unter der Bettdecke hervor und
ging zum Fenster. Unter ihm lag der verwilderte Garten seiner Vermieter. Vom
Fenster seiner Dachgeschosswohnung aus hatte er einen großartigen Blick auf die
teils heruntergekommenen, teils aufwendig sanierten Villen aus den
Zwanzigerjahren, die sein Viertel prägten. Straßen aus Kopfsteinpflaster, hohe
Kiefern am Wegesrand, mannshohe Gartenhecken. Niemand war zu sehen. Als wäre er
der einzige Mensch auf der Welt.
    Er drehte sich um und schaltete den Fernseher ein. Augenblicklich
wurde die Einsamkeit von den bunten Bildern und dem Gedudel einer
Frühstückssendung durchschnitten. Er schlurfte in die Küche und machte sich
eine Tasse Instantkaffee. Als er mit der dampfenden Tasse zurückkehrte, hatten
die Lokalnachrichten begonnen. Eine Sprecherin war auf dem Bildschirm aufgetaucht.
    Â»Gestern Nacht gab es im Schatten des Bundeskanzleramts
einen Großeinsatz der Polizei. Anlass war der Mord an einem Homosexuellen im
angrenzenden Tiergarten. Die

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