Todesgeil
sie nicht mehr alle. Also hatte er sie in den Halsstumpf gefickt. Scheiß auf den politisch korrekten Schwachsinn, den die Ärzte gezwungen waren, von sich zu geben. Einige von ihnen hatten versucht, sein »unüberschaubares« Verhalten mit dem Einsatz der Pubertät und verrücktspielenden Hormonen in Verbindung zu bringen. Andere hatten die Ursache in dem grausamen Missbrauch durch seinen Vater gesucht. Alles blanker Blödsinn, wenn man Zeb fragte. Er war von Anfang an übergeschnappt und eiskalt gewesen. Er konnte sich daran erinnern, wie er, damals noch im Strampelanzug, Mr. Rogers im Fernsehen gesehen und sich dabei gedacht hatte, er würde ihm am liebsten die Augen rausreißen und sie roh aufessen.
Ja, Zeb kannte die Wahrheit. Er war verrückt, wie es normale Leute auszudrücken pflegten, und wahrscheinlich war er schon so geboren worden. So gesehen konnte man all die Morde schon beinahe als Werk des Herrn betrachten. Sozusagen. Aber im Grunde stimmte das nicht.
Gott war lediglich der Schöpfer und hatte ihn so geschaffen.
Wahnsinnig.
Aber Gott zwang ihn nicht zu töten.
Das ging allein auf Lulus Konto.
Lulu war schon seit jeher da gewesen, in seiner Kindheit hatte sie ihm kleine Bosheiten eingeflüstert. Dinge, die ihn verwirrten und zugleich erregten. Interessante Sachen, die man mit Messern und Ziegelsteinen anstellen konnte. Mitunter saß er im Klassenzimmer und lächelte ein süßes Mädchen an, das sein Lächeln vielleicht sogar erwiderte und keine Ahnung hatte, was in ihm vorging. Wahrscheinlich dachte sie, er sei in sie verknallt; dabei stellte er sich vor, wie er ihr mit einem Stein den Schädel einschlug. Lulus Vorschläge entfachten in ihm eine so fieberhafte Besessenheit, dass es schließlich unausweichlich war, den typischen Pfad des jungen, zukünftigen Serienmörders zu betreten und an Tieren herumzuexperimentieren. Dabei lernte er einige wertvolle Lektionen, zum Beispiel die, wie sehr lebende Wesen sich gegen Schmerz oder den bevorstehenden Tod zur Wehr setzen. Als er schließlich bereit war, sich seinem ersten menschlichen Opfer zuzuwenden – kurz nach seinem 16. Geburtstag – wusste er, dass er stets sichergehen musste, in jeder Situation die Oberhand zu haben. In der Hauptsache bedeutete dies, dass er sich schwächere Opfer auswählen musste. So wie das erste, das 14-jährige Nachbarmädchen, das er in den Wald gebracht hatte.
Priscilla.
So hübsch.
Gott, was für eine Schweinerei er mit ihr angestellt hatte.
Später, als er größer und stärker wurde, erweiterte sich das Feld potenzieller Opfer, bis es nahezu jeden einschloss. Er konnte es mit so gut wie jedem Mann da draußen aufnehmen, selbst mit den muskelbepackten Riesen, die man im Wrestling-Ring sah, oder einem Stürmer der National Football League. Und jedes Mal ging er als Sieger hervor. Doch er zog weibliche Opfer vor. Sie gefielen ihm auf einer ästhetischen Ebene, er schätzte eben Schönheit, doch noch mehr liebte er es, etwas Schönes zu schänden. Für Zeb reichte kaum etwas an die Freude heran, die es ihm bereitete, ein wunderschönes Stück Fleisch mit einem scharfen Messer zu zerstückeln. Er mochte es, wenn es so mühelos auseinanderglitt und der kostbare Lebenssaft aus der frischen Wunde herausströmte.
Mmm ... er liebte es, ihr Blut zu trinken.
Es war nicht richtig, dass er so lange auf diesen Genuss verzichten musste. Bei dem Gedanken an die langen Jahre, die sie ihn eingesperrt hatten, kochte er noch immer vor Wut. Aber nun war er endlich wieder frei. Und irrer als zuvor.
Den Kopf voller neuer Ideen war er begierig darauf, sie endlich auszuprobieren.
Clyde hörte auf, einen abstürzenden Hubschrauber nachzuahmen, und taumelte zu Zeb. Noch ganz benebelt blieb er ein Stück von seinem ruhig dasitzenden Freund stehen und grinste ihn boshaft an. Trotz einiger Lücken besaß er noch einen Großteil seiner Zähne. Zeb führte dies auf seine guten Gene zurück. Zum Teufel, auch der gesündesten Familie konnte ein völlig durchgeknallter Penner entspringen. Und Zebs Freund war der lebende Beweis dafür, dass selbst am robustesten Stammbaum mitunter ein kranker Zweig sprießen kann.
Clydes gesamter weltlicher Besitz befand sich in einem Leinenrucksack, den er überallhin mitschleppte. Ein-, zweimal hatte Zeb schon darin herumgeschnüffelt. Drei eselsohrige Westernhefte, Jahrzehnte alt. Und eine Menge ähnlicher Kram. Leere Feuerzeuge. Ein Marmeladenglas voller Erde. Mehrere Sätze Schlüssel, die er als Souvenir
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