Todesläufer: Thriller (German Edition)
dem Patienten hatte es den Anästhesisten, eine Krankenschwester und den Chirurgen erwischt, der gerade die nötigen Vorbereitungen getroffen hatte, um den mit Nitropenta gefüllten Schrittmacher herausnehmen zu können. Er war übrigens keiner der drei Verdächtigen, die das FBI befragen wollte.
Eine füllige Schwester war auf wunderbare Weise verschont geblieben, weil sie den OP kurz verlassen hatte, um weiteres Verbandsmaterial zu holen. Jetzt hockte sie bedrückt auf einem Stuhl und hielt sich ein Taschentuch an die gerötete Nase.
Francis Benton bemühte sich um den Anschein von Mitgefühl: »Ich kann mir denken, dass das für Sie sehr hart ist, aber wir sind darauf angewiesen, dass Sie uns genau beschreiben, was Sie im Operationssaal gesehen haben, bevor Sie hinausgegangen sind.«
»Alles war ganz normal, wirklich …«
Die junge Frau weinte unaufhörlich.
»Wissen Sie, ob Doktor Gusman den Schrittmacher mit einem seiner Instrumente berührt hat?«
»Nein, zu dem Zeitpunkt nicht«, gab sie laut schniefend zur Antwort. »Er wollte gerade den Schnitt ansetzen, das Gerät hatte er noch gar nicht freigelegt. Jeder auf unserer Station weiß, dass Schrittmacher empfindlich auf den geringsten Stoß oder die winzigste elektrostatische Entladung reagieren. Also gehen die Chirurgen mit größter Behutsamkeit vor. Sie verwenden bei dieser Art von Eingriff sogar spezielle Klammern ohne Metall.«
»Kann er eine irgendwie geartete falsche Bewegung gemacht haben, als Sie nicht im Raum waren?«
»Ich denke nein … Er hätte bestimmt noch eine gute Viertelstunde gebraucht, und ich war höchstens drei Minuten draußen.«
»Erinnern Sie sich, wie viel Uhr es war, als Sie den Operationssaal verlassen haben?«
»Ehrlich gesagt … nein. So etwa kurz vor halb zwei, um die Zeit herum.«
»Können Sie es nicht genauer sagen? Es ist wirklich wichtig!«
»Nein, nein … tut mir leid.«
Mit lauter Stimme und unverkennbar drohendem Unterton meldete sich Professor Retner von der Tür des kleinen Aufwachzimmers, das Benton requiriert hatte: »Das reicht jetzt!«
»Auch wenn Sie mich behandeln, gibt Ihnen das kein Recht, mir Vorschriften zu machen.«
Als Benton sich erhob, um ihm entgegenzutreten, fragte Retner vorwurfsvoll: »Ist Ihnen eigentlich klar, was die Frau hier gerade durchgemacht hat?«
»Es ist meine Aufgabe zu verhindern, dass sich so etwas wiederholt. Wenn Sie nicht wollen, dass es zu weiteren Explosionen kommt, müssen Sie schon gestatten, dass ich befrage, wen ich für richtig halte, und das auf eine Weise, die mir zweckdienlich erscheint!«
»Besorgen Sie uns lieber ein paar Leute, die sich darauf verstehen, die Dinger zu entschärfen. Meine Chirurgen sind für den Umgang mit Sprengstoff nicht ausgebildet.«
»Die bekommen Sie. Die Leute sind bereits unterwegs. Und was ist mit unseren Kunden ?«
Laute Stimmen auf dem Gang lieferten die Antwort. Aus dem nächstgelegenen Aufzug stiegen Mitarbeiter des FBI und führten drei dunkelhäutige Männer in eleganten Anzügen mit sich. Einer der Beamten erstattete Benton Meldung: »Wir haben alle drei.«
»Gut. Bringen Sie sie zum Federal Plaza und sagen Sie Devroe, er soll sie mir warmhalten, bis ich komme.«
Einer der muslimischen Chirurgen, ein Mann um die vierzig mit tiefschwarzen Augen, sah seinen Vorgesetzten bittend an.
»Kyle! Erklär mir, was hier vor sich geht!«
»Tut mir leid, Mouss. Man hat mir keine Wahl gelassen.«
Aha, Mustapha Rafiq , übersetzte sich Benton die Kurzform, während er sich die Akte der Implantierten ins Gedächtnis rief. Der Chirurg, der auch Grace Pollack den Schrittmacher eingesetzt hat .
Der Mann wurde zum Ausgang gebracht.
»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen«, rief Retner ihm nach, um ihm Mut zu machen. »Ich weiß, dass du dir nichts vorzuwerfen hast …«
»Sag das lieber denen !«
Der Chefarzt wandte sich zu Benton um. In seinen Worten lag eine Mischung aus Scham und Abscheu: »Ich hoffe, dass Sie wissen, was Sie tun!«
»Diese Entscheidungen sind auf höchster politischer Ebene getroffen worden. Es steht weder Ihnen noch mir zu, sie infrage zu stellen.«
»Das Ganze ist diskriminierend … und es entbehrt jeder Logik! Wir sollen Hunderte von Menschen operieren, und da gehen Sie her und nehmen mir im selben Augenblick meine besten Leute weg! Selbst wenn wir mit Assistenzärzten gleichzeitig in drei OP s operieren, ist dieser Verlust nicht wettzumachen.«
Benton drehte sich um. Er hatte genug von dem
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