Todesläufer: Thriller (German Edition)
selbstherrlichen Professor, der sich mit dem Nimbus des überlegenen Wissenschaftlers umgab. Im Hinausgehen streckte er die Arme zum Himmel.
»Dann wirken Sie einfach Wunder! Das tun Sie und Ihresgleichen in den Krankenhäusern doch ohnehin den ganzen Tag, oder nicht?«
Ein FBI -Beamter mit Ohrhörer und schwarzer Brille, nachgerade ein Abbild der Männer aus dem Film Men in Black , sprang ihn förmlich an, einen Aktendeckel unter dem Arm.
»Ich war in der Notaufnahme und hab die Krankenakte geholt, die Sie haben wollten.«
»Danke.«
»Wenn ich mir gestatten darf, das zu sagen, Sie sollten einen Blick in die Notaufnahme wer …«
»Warum? Gibt es Schwierigkeiten?«
»Nein, aber die haben heute Nacht einen Patienten aufgenommen … Jemanden, den Sie bestimmt sehr gern hierhaben möchten.«
»Reden Sie Klartext, Mann!«
Der Schlafmangel tat sein Übriges, dass er seine für gewöhnlich ohnehin schon unterentwickelten Manieren vollends vergaß.
»Pollack vom NYPD .«
»Sam Pollack? Was ist mit ihm? Ist es seine …«
Bei dem Gedanken an die bloße Möglichkeit überlief ihn ein Schauer.
»Nein! Das habe ich auch zuerst gedacht. Er ist von zwei Kleinkriminellen zusammengeschlagen worden, die gerade einen Supermarkt ausgeräumt hatten. Eine Streife hat ihn westlich des Central Park aufgelesen.«
»Ist er bei Bewusstsein?«
»Er könnte gar nicht bewusster sein. Seit zwei Stunden bearbeitet er die Ärzte, dass sie ihn gehen lassen. Aber die Burschen haben ihn auch am Kopf erwischt, deshalb soll er noch eine Weile zur Beobachtung hierbleiben.«
»Und damit ist er einverstanden?«, fragte Benton erstaunt.
»Eben nicht … Sie haben ihn in seinem Bett fixiert.«
Benton musste lächeln. Es war nicht unbedingt ein Widerspruch, wenn man jemanden verabscheute und ihm gleichzeitig Schneid zugestand.
»Und seine Tochter?«
»Nicht die geringste Spur von ihr … Obwohl … die Leute vom NYPD haben einen ihrer Schuhe gefunden.«
»Susan!«
Die junge Krankenschwester hatte die ganze Nacht Dienst getan. In Anbetracht der Umstände war »Hölle« das einzige Wort, das dem gerecht wurde, was sich seit dem Vorabend im Roosevelt abgespielt hatte. Das Pflegepersonal war mit den Nerven völlig am Ende, von den Patienten ganz zu schweigen. Von der endlosen Warterei aufgerieben, waren sie schließlich aufeinander losgegangen. Mit Worten, aber in einigen Fällen auch mit Tätlichkeiten.
»Susan! Bitte! Nur eine Sekunde.«
»Was willst du?«
Der Mann, der ihr zugerufen hatte, ein kleiner Dicker mit schütteren blonden Haaren, trug eine Reporterweste mit unzähligen Taschen. Er gehörte zu der Sorte Mann, die ständig von jungen Frauen wie Susan träumen, ohne bei ihnen je das geringste Interesse wecken zu können. Mit der Krankenschwester schien er jedoch auf recht vertrautem Fuß zu stehen.
»Das mit dem Ausströmen von Gas heute Nacht … das stimmt ja wohl nicht, oder?«
»Und du meinst, dass ich dir so was auf die Nase binde? Damit du damit gleich zu deiner Chefin rennst, die das dann landesweit im Fernsehen ausposaunt?«
»Hab ich’s mir doch gleich gedacht! Von wegen Gasaustritt!«
»Du gehst mir auf die Nerven, Benny! Ich hab seit sechsunddreißig Stunden kein Auge zugetan und mir die Nacht mit der schlimmsten Wache meines Lebens um die Ohren geschlagen, und dann kommst du …«
»Na hör mal. Immerhin bin ich dein Bruder! Da kannst du mir doch mal ’nen Tipp geben, findest du nicht auch?«
»Ich würde meinen Job verlieren, wenn ich hier für dich die Mata Hari spielen würde!«
Als sie sich abwandte, packte er sie am Arm.
»Lass los, du tust mir weh!«
»Die schmeißen mich raus, Susan …« Er klang jämmerlich.
»Was?«
»Ich hab zufällig ein Gespräch zwischen Sarah und der Sendeleitung mitgehört. Wenn ich keinen Knüller bringe, stehe ich Ende der Woche auf der Straße. Die stellen dann einfach einen ein, der Beziehungen hat. Du weißt schon, ›Neffe-vom-Vetter-vom-Chef‹ …«
Ärgerlich verzog sie das Gesicht. »Was willst du wissen?«
»Was war das für ein gewaltiger Knall heute Nacht?«
Er zog sie am Ärmel hinter einen der weißen Kioske in der Eingangshalle. Hier konnte keine Überwachungskamera sie sehen und niemand sie hören.
»Na schön. Hast du die Leute gesehen, die hier seit gestern Abend Schlange stehen?«
»Ja …«
»Die sind nicht nur wegen einer Vorsichtsmaßnahme hier …«
Rasch erklärte sie ihm in einfachen Worten, was Benton dem Klinikchef mitgeteilt
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