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Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson

Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson

Titel: Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elias Palm
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Frederick irgendwo gemeinsam mit einem Mann glücklich war, nicht wahr? Nestbeschmutzer. So habt ihr ihn genannt, oder? Nestbeschmutzer«, wiederholte Ella. »Einer, der seine eigene Familie in Verruf bringt.«
    Mit derselben sachlichen Stimme wie zuvor schilderte Ella Judit und Grete, wie Fredericks letzte Reise abgelaufen war. Wie er sich in den Kofferraum legte und dass Klaus einen Schlauch vom Auspuff aus dorthin geleitet hatte. Sie erklärte, dass man den Wagen am Fährterminal im Hafen aufgefunden hatte und dass Grete ihn von der Polizei abgeholt hatte. Sie zeigte ihnen das Dokument mit Gretes Unterschrift, das sie von Jonny bekommen hatte.
    »Ich glaube, wir erinnern uns alle noch daran, was danach mit dem Wagen geschah. War es etwa zu beschwerlich, den mit Abgasen durchdrungenen Kofferraum zu reinigen, sodass du ihn stattdessen gleich zum Schrottplatz gefahren hast?«
    Ella hatte Proteste seitens ihrer Mutter erwartet, als sie auf diesen Punkt zu sprechen kam. Denn sie wusste, dass sich ihre Äußerungen von nun an hauptsächlich auf Vermutungen gründeten, die ihr allerdings logisch erschienen. Ella hasste diese Art von Gratwanderung auf einem zweifellos überaus schmalen Grat. Sie war der Meinung, dass man Schlussfolgerungen eigentlich nur aus gut begründeten Tatsachen ziehen durfte.
    »Unser Gepäck wurde auf den Beifahrersitz gestellt«, sagte Judit leise, nahezu im Flüsterton. »Ich wollte es in den Kofferraum stellen, aber Klaus hat mich daran gehindert und es auf den Beifahrersitz gestellt.«
    Ella nickte ihrer Mutter zu. Sie erinnerte sich ebenfalls daran. Vielleicht war der Kofferraum bereits für die nächtliche Aktion präpariert, als Klaus sie abgeholt hatte. Sie schwiegen eine Weile, und Ella verspürte eine Nähe zu ihrer Mutter, wie sie sie seit ihrer frühen Kindheit nicht mehr erlebt hatte. Währenddessen veränderte sich Judits Atmung. Ihr Blick verfinsterte sich. Sie starrte ihre Mutter an, die immer noch halb sitzend im Bett thronte und deren Gesichtsausdruck leer war, als ginge Ellas Bericht sie nichts an.
    »Stimmt das?«
    Judit presste die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    »Habt ihr meinen Mann getötet? Meinen Frederick?«
    Ihre Zähne waren noch immer zusammengebissen, doch jetzt rannen ihr die Tränen die Wangen hinunter. Als Ella ihre Mutter in diesem Augenblick ansah, begriff sie, wie stark Judits Liebe zu Frederick gewesen war. Sie hätte ihn lieber zusammen mit einer anderen Person glücklich gesehen als mit sich selbst unglücklich, stellte sie fest.
    Plötzlich bewegte Grete sich. Sie streckte sich in Richtung Nachttisch. Mit sicheren Bewegungen griff sie mit ihrer linken Hand nach einem Stift, woraufhin Judit ihr reflexartig einen Zettel hinschob, der auf dem Tisch lag. Sie schrieb mit krakeligen Buchstaben: unnatürliche Unzucht .
    Die Alte machte eine Pause, woraufhin sie ein verschnörkeltes Schriftzeichen malte, das am ehesten einem Paragrafenzeichen oder einem Violinschlüssel ähnelte. Dann hielt sie inne und legte resolut den Stift aus der Hand. Judit starrte auf das, was Grete gerade geschrieben hatte, und schüttelte den Kopf. Sie zitterte am ganzen Körper. Grete betrachtete ihre Tochter resigniert und verdrehte die Augen. Dann sah sie Ella an. Hass. Es gab nichts, was den Ausdruck, der in ihrem Blick brannte, besser beschreiben konnte.
    Ella blieb ruhig. Sie legte ihrer Mutter eine Hand auf die Schulter und fuhr mit sanfter Stimme fort.
    »Siehst du das Gebäude im Hintergrund?«
    Sie deutete auf das Bild, das sie aufgehängt hatte.
    »Hinter Frederick und Christopher«, verdeutlichte sie.
    Judit nickte, während ihr noch immer die Tränen über die Wangen liefen.
    »Das ist die Kathedrale von Rio de Janeiro.«
    Befremdet wanderte Judits Blick zwischen dem Foto und Ella hin und her.
    »Das Gebäude wurde 1979 fertiggestellt.«
    Sie machte eine Kunstpause.
    »Drei Jahre nach dem Brand.«
    Ella konnte nicht umhin zu lächeln, als sie Grete beobachtete, während sie die Worte aussprach. Der Gesichtsausdruck der Alten ging von Hass in absolutes Erstaunen über. Ihr Mund stand offen. Unverständliche Laute verließen scheinbar unbeabsichtigt ihren Mund. Sie starrte das Foto an.
    »Frederick hatte Hilfe«, erklärte Ella ruhig und sachlich. »Ein aufmerksamer Buchhalter hat Klaus und Grete nämlich am Tag vor dem Brand im Innenhof beobachtet, als sie den Wagen vorbereiteten. Frederick hatte gerade noch so viel Zeit, um mitzunehmen, was er

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