Todesmuster
ich mir irgendwie enger vorgestellt.« Mohren holt aus der Tasche eine riesige Taschenlampe.
»Darf ich mal sehen?« Er geht zwei Schritte in den Eingang, leuchtet alles ab. »Hab ich mir fast schon gedacht«, über die Schulter, »durch die Lage der Gesteinsschichten entsteht so etwas wie ein natürliches Gewölbe, sehen Sie?« Er leuchtet die Decke des Ganges entlang, der Schein verliert sich hinten im Dunkel. Mein Gott, geht das weit rein.
»Und was bedeutet das?«
Abfällige Handbewegung. »Sehen Sie ja. Keine Stützen. So schnell stürzt das nicht ein. Außerdem ist der Druck von oben auch begrenzt.« Er sucht weiter mit dem Lichtkegel die Wände ab. Grauer Fels, glänzend. Er sieht nach hinten, grinst.
»Angst?«
»Na ja. Wir haben ja einen Fachmann dabei.«
»Alle bereit?« Er geht los, Trimm mit Abstand hinterher. Das Knirschen der Schritte auf dem Splitt wird verschluckt, kaum Hall. Der Gang macht eine leichte Biegung nach rechts, Mohren bleibt stehen, leuchtet die Decke ab, geht langsam weiter. Wir sind doch jetzt bestimmt schon dreißig Meter drin. Blick zurück, die Öffnung ist nicht mehr zu sehen. Trimms Gesicht im schwachen Licht, Misstrauen. Der weiß hoffentlich, was er tut. Diplom-Ingenieur. Hätte mir doch mal den Ausweis zeigen lassen sollen.
»Das ist immer noch sicher hier?«
Er bleibt stehen, leuchtet die Decke ab, Fels überall. Nicken. Weiter hinten fällt der Lichtschein auf irgendwas Waagerechtes.
»Da hinten scheint es sich zu ändern. Bis dahin ist alles klar.«
Das ist ja rabenschwarz hier drin. Die Wände sind kühl, links rostige Eisenteile in Hüfthöhe. Was ist das an der Decke? Ein Balken. Ein Balken auf Stützen.
»Sehen Sie, hier ändert sich die Struktur, hier haben sie begonnen abzustützen. Aber nur eine kurze Strecke.« Er holt ein Messer aus der Tasche, spleißt eine Faser aus dem Holz, leises Knacken, die Messerspitze holt einige helle Späne hervor.
»Deutsche Eiche. So schnell vergammelt das nicht.« Er klopft die Balken ab.
»Haben Sie irgendwas auf dem Boden bemerkt, Blut oder so?«
»Das nicht, aber ich finde, hier riecht es anders.« Tatsächlich. Nicht mehr so frisch. Fremd. Dumpf. Aber kein Fäulnisgeruch. Anders.
»Sollten wir nicht lieber zurück?« Trimm von hinten.
»Da vorn ist noch eine Stütze und dann wird’s wieder felsiger. Bis dahin können wir.« Er geht weiter, die Wände fühlen sich feucht an, der Geruch wird stärker. Hätte ich bloß ’ne Lampe mitgenommen. Idiot. Hinter der Stütze wieder Felsengewölbe, auf dem Boden Reste von Schienen, Mohren stoppt. Er dreht sich um, zeigt mit der Stirn nach vorn rechts. Mit dem Lichtkegel tastet er an der rechten Wand ein schwarzes Loch ab. Das ist ein Abzweig. Weiter. Er leuchtet zwischen den senkrechten Stützpfeilern durch. Ne, kein Abzweig, das ist ein Raum. Er stellt auf Streulicht. Ein Raum. Da liegt rosaweißes Papier in der Ecke, sieht aus wie aus der Pommesbude. Und eine Wasserflasche. Unter der Decke ein Querbalken, mitten darunter eine Stütze. An den Wänden Ringe und Eisenbeschläge. Verdammt, was ist das hier? Mohren macht einen Schritt in den Raum.
»Halt! Bleiben Sie lieber draußen, das sieht eigenartig aus. Warum stinkt das hier so?«
Er stellt wieder auf Lichtstrahl, sucht den Boden ab und zeigt auf dunkle Brocken in der Ecke. Sieht aus wie … Das ist Scheiße. Ist das hier ’n Pennernest? Exkremente, Papier, Flasche. Sieht gar nicht gut aus. Und was ist das da?
»Leuchten Sie mal bitte da auf die Mitte, wo der Schotter so dunkel ist.« In der rechten hinteren Ecke auf dem hellen Schotter ein großer dunkler Fleck.
»Ich gehe mal rein, bleibt ihr hier.« Auf gerader Linie, sechs Schritte. Der Latexhandschuh rutscht nur mit Mühe auf die Hand. Haben sie wahrscheinlich wieder Größe S eingekauft. War billiger. Die Schottersteine fühlen sich leicht schmierig an. Bisschen graben. Das dunkle Zeug geht in die Tiefe. Zurück. Mohren leuchtet in der Handfläche die haselnussgroßen Brocken ab. Dunkelbraun. Verdammt, verdammt. Das ist sehr wahrscheinlich Blut. Blickwechsel, er hebt die Schultern.
»Ich glaube, das ist Blut, und wenn ich damit Recht habe und ein Fleck von der Größe ein Blutfleck ist, dann sieht das hier nicht gut aus, gar nicht gut.« Da müssen wir einen Tatort machen, da beißt die Maus keinen Faden ab. »Wir gehen hier jetzt ganz vorsichtig wieder raus. Schweben können wir leider nicht, aber wenn es geht, vermeidet bitte, irgendwas an den Wänden zu
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