Todesmuster
doch …«
»Tja, wir haben hier in einem Waldstück vermutlich einen Tatort in einer alten Mine. Die liegt in einem Steinbruch, der seit vielen Jahren nicht mehr genutzt wird. Das Gelände ist ziemlich unübersichtlich, und ich würd mir gern mal ein genaueres Bild machen, wie die Zufahrten sind und so weiter. Von oben sieht man ja immer mehr.«
»Kein Problem, wann?«
»Wenn ich’s mir aussuchen kann, morgen. Hätte ich gar nicht gedacht, dass das so fix möglich ist.«
»Doch, doch«, Pause, schlucken im Hintergrund, »machen wir sogar ganz gern. Mal nicht die Autobahn rauf- und runterfliegen.« Schlucken mit Schlürfen.
»Wann passt es?«
»Zehn Uhr? Ist das zu früh?«
»Zehn Uhr ist okay. Wir landen wie immer bei euch auf dem Aschenplatz vom PSV, oder?«
»Das müsste noch gehen. Ich klär das ab. Wenn ich mich nicht mehr melde, ist das noch möglich.«
»Wir brauchen natürlich noch was Schriftliches, E-Mail oder X400.«
»Schon klar. Ich schicke es umgehend. Zu deinen Händen, nehme ich an. Dein Name war Meier, ja?«
»Zu meinen Händen ist richtig«, leiser Lacher, »aber ich heiße Vogel.« Der hat doch Meier gesagt. »Nur, wenn ich mich mit Polizeifliegerstaffel, Vogel, melde, muss ich mir immer dieselben Scherze anhören.«
»Schon klar.« Witzbold.«Also, zu Händen Kollege Vo gel.«
»Bis morgen, zehn Uhr.«
Hubschrauber. Schon lange nicht mehr geflogen. Für die Fotos soll Beckmann mitfliegen, dem wird immer schlecht. Hat er verdient.
Schon Viertel vor, wird Zeit. Der Flur ist leer, Helmut ruft hinterher.
»Watt is, Jong?«
»Beckmann hat angerufen, bei dir war besetzt. Du sollst vom ED zwei Wannen mitbringen, stehen in der Asservatenkammer. Für den Schotter, du wüsstest Bescheid.« Schon klar. Sein Kopf verschwindet wieder in der Tür. Wieso ist der um diese Zeit eigentlich noch hier. In Ruhe ’n paar Telefonate führen. Der hat mit Sicherheit was laufen.
ED, dritter Stock. Lorenz im grauen Kittel heftet ab. Um diese Zeit noch. Haben die alle kein Zuhause?
»Tag, Max. Schönen Gruß von deinem Chef. Ich soll zwei Wannen mitbringen, stehen in der Asservatenkammer.«
»Du meinst wahrscheinlich Speiskübel«, mürrisch, ohne Blickkontakt.
»Meinetwegen auch Speiskübel«, Schnarchsack. Er wuchtet die beiden Dinger auf den Tisch, setzt sich wieder, heftet ab.
»Danke, und einen schönen Feierabend voller Freude.« Keine Reaktion.
Sind ja riesig, die Teile, passen nicht in den Fahrstuhl. Dann eben die Treppe. Zwei junge Kollegen von S verlassen die Wache, erstaunte Blicke, Sprüche. Beruf gewechselt? Draußen sitzt Herbert Braun auf dem Kotflügel vom neuen Streifenwagen. Silbergrün. Gewöhnungsbedürftig. Uniformhemd ohne Krawatte.
»Sieh einer an, der Abenteurer. Mensch, dass man dich mal wieder sieht. Nirgendwo runtergefallen?« Freundlicher Klaps.
»Musst dich nur richtig festhalten, dann klappt das schon. Und du, wartest du auf ’n Bus?« Ah, sehr lustig.
»Ne, auf Elisabeth«, Elisabeth! »Die bringt Tabletts mit Schnittchen und ein paar anderen Kleinigkeiten. Ich habe nämlich heute Geburtstag, und bei uns ist es Usus, was Kleines auszugeben. Komm doch auf ’n Sekt mit rein.«
»Glückwunsch, wie alt …«
Elisabeth kommt im roten Audikombi durchs Tor, steigt aus, sieht herüber. »Ist nett, Herbert, aber ich bin gerade auf dem Weg zu einem TO.«
Sie macht die Heckklappe auf, Begrüßung, schön unverfänglich, aber Küsschen für Herbert. Er klemmt einen Keil unter die Tür, schnappt sich zwei Tabletts, Schnittchen und Lachshäppchen. »Tschüss, Konni, komm doch mal wieder vorbei.« Elisabeth wartet einen Moment.
»Na, Rumtreiber. Hätte dich fast nicht erkannt.« Leise. Vertraut. Aber irgendwie distanziert.
»Nur am Geruch, oder was.« Mir fallen heute auch nur tolle Sprüche ein.
»Spinner«, längerer Blick, »so nah bin ich dir heute doch noch gar nicht gekommen«, sie macht Schlitzaugen.
»Ja …«
Herbert kommt wieder, sie wartet. Er schnappt sich zweimal Schnitzelchen, »sieht lecker aus, Schatz. Haste dich wieder selbst übertroffen.« Verschwindet wieder.
»Ist ’n bisschen ungünstig hier, ich rufe dich an dieser Tage.« Sie fasst das Handgelenk, kurzer Druck, Streicheln mit dem Daumen, Lächeln. Sie nimmt das letzte Tablett, russische Eier. »Bis dann.« Der Chiffonrock weht hinter ihr her, die Riemchen der Schuhe umschließen die schlanken Fesseln.
War irgendwas mit der? War so zurückhaltend. Na, ja, hier so im Hof, vor allen Fenstern.
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