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Todesnähe

Todesnähe

Titel: Todesnähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Tracy
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eindrucksvoll zu wirken. «Sie haben John, Grace, Annie und Roadrunner hier drinnen, lauter exzellente Schützen. Aber Sie brauchen noch jemanden draußen im Wald.»
    Claude sah ihn an. «Tut mir leid, mein Junge, die Gewehre sind ein bisschen knapp.»
    «Ich hab mein eigenes dabei.»
    «Ach ja? Noch so eine Wasserpistole?»
    Harley grinste nur. Er winkte den beiden mit dem Finger, ihm zu folgen, und führte sie hinaus in die Garage. Dort öffnete er die Heckklappe von Grace’ Range Rover und lupfte die grüne Plane, um ihnen die Waffen zu zeigen, die Roadrunner vor der überstürzten Flucht aus der Stadt noch hastig eingepackt hatte.
    Fassungslos, vielleicht auch ein wenig erschrocken – im Dämmerlicht der Garage war das schwer zu sagen –, sah Claude ihn an. « AK s? Was wollen Sie denn in der Stadt mit solchen Kalibern?»
    Gute Frage
, dachte Harley und bereute es fast schon wieder, sich so unbedacht als Draufgänger präsentiert zu haben. Sein Leben lang hatte er mit praktisch jeder Schusswaffe unter der Sonne trainiert, er hatte Tausende von Dollars dafür ausgegeben und unzählige Stunden auf dem Schießstand zugebracht. Aber trotzdem hatte er noch nicht einmal auf ein Tier geschossen, geschweige denn auf einen Menschen. Für ihn dienten die Waffen der Erholung und dem Geschicklichkeitstraining – nicht dem Töten. «Das ist meine Leidenschaft», sagte er schließlich. «So eine Art Hobby.»
    Der Chief verschränkte die Arme vor der gewaltigen Brust, die es locker mit Harleys eigener aufnehmen konnte. «Ich vermute, da draußen im Wald wird es nicht gerade lustig werden. Sind Sie auch wirklich sicher, dass Sie das wollen?»
    Und Harley spürte, wie die Angst ihre hinterhältigen Tentakel nach seinen Knien ausstreckte, sie ins Wanken brachte. Vielleicht war dieses Gefühl der Situation ja ganz angemessen – oder er war einfach ein stümperhafter Angsthase, der zwar eigentlich gern mit richtigen Soldaten Krieg spielen würde, jetzt aber plötzlich erkannte, dass die Zielfiguren da draußen nicht aus Pappe sein würden, sondern aus Fleisch und Blut. Das war kein Spiel – der Chief hatte völlig recht. Doch schließlich sagte er entschlossen: «Ja, ich will es schon. Aber um ehrlich zu sein, geht mir gerade ziemlich der Arsch auf Grundeis.»
    Claude lächelte verständnisvoll und klopfte ihm auf die Schulter. «Willkommen im Club. Wenn man eine Waffe in der Hand hält und weiß, dass man sie womöglich benutzen muss, um sich zu verteidigen, geht jedem der Arsch auf Grundeis. Jedes Mal. Nur eins ist schlimmer, als den Lauf der eigenen Waffe auf jemanden zu richten und zu wissen, dass man schießen wird: Wenn man den Lauf einer anderen Waffe auf sich gerichtet sieht.»
    Harley fühlte sich, als würde ihm sämtliches Blut auf einmal in die Füße sacken. Er hatte in seinem Leben genügend Kneipenschlägereien durchgestanden und hin und wieder sogar mal ein Messer abgewehrt, was er durch entsprechende Narben belegen konnte, aber den Lauf einer Waffe hatte er zum Glück noch nie auf sich gerichtet gesehen. Jetzt konnte sich das allerdings schnell ändern. «Sie kriegen also auch immer noch Angst, trotz der Einsätze in Vietnam?»
    «Aber sicher.» Der Chief griff sich eine der AK s aus dem Kofferraum. «Angst hält einen wachsam.»
    Claude nickte. «Und sie hält einen am Leben. Krieg ist das Allerhinterletzte. Wir machen das nur, weil wir an das glauben, wofür wir kämpfen.»
    Harley atmete zittrig aus. «Ich kämpfe für meine Freunde.»
    «Das ist der beste Grund überhaupt», sagte Claude. «Keine Angst, Junge, wir geben Ihnen Rückendeckung. Ihnen wird schon nichts passieren.»
    «Sind die vollautomatisch?», wollte der Chief wissen.
    «Ja. Nehmen Sie sich ruhig eine, ich habe drei von den Dingern. Kennen Sie die AK ?»
    «Besser als jede Frau», meinte Claude. «In Vietnam haben wir unsere eigenen M-16s weggeworfen und unseren toten Feinden ihre AK s abgenommen. Die kann man quer durch ein Reisfeld voll Schlamm und Büffelscheiße schleppen, und sie kriegen trotzdem keine Ladehemmung. Meiner Ansicht nach die zuverlässigste Kriegswaffe, die je erfunden wurde.»
    Der Chief zog die drei AK s heraus und betrachtete dann die übrigen Waffen, die noch im Kofferraum des Range Rover lagen. «Haben Sie was dagegen, Harley, wenn wir die als Reserve mit ins Haus nehmen?»
    «Dafür sind sie da. Ich helfe Ihnen.»
    Claude sah zu, wie die beiden Männer die Waffen ausluden. Er fand es geradezu unheimlich, wie

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