Todesnähe
verschiedenen Zimmern der Jagdhütte versuchten, ein wenig Schlaf nachzuholen, war sie in der Küche, spülte ab und stellte das übriggebliebene Essen in den Kühlschrank, als gäbe es für alle ein Morgen, an dem sie es noch essen würden.
Magozzi blieb in der Tür stehen und nickte Charlie zu, obwohl der Hund diese Geste wohl kaum verstand. Seit der Ankunft war er Grace nicht von der Seite gewichen. Wenn Magozzi jemandem zutraute, sie zu beschützen, dann dieser jämmerlichen Promenadenmischung, die so viel mehr mitbekam, als man ihr zutraute.
Jetzt saß Charlie auf einem Küchenstuhl und ließ Grace keine Sekunde aus den Augen. Als Magozzi in der Tür erschien, sah der Hund kurz zu ihm hin und ließ ein leises «Wuff!» zur Begrüßung hören.
Grace drehte sich um und trocknete sich die Hände an einem Geschirrtuch ab. «Hallo, Magozzi.»
«Alles klar bei dir?»
«So klar, wie es unter diesen Umständen möglich ist. Claude hat uns einen kleinen Vortrag gehalten, wie man mit Schusswaffen umgeht und sich hinter Stühlen verschanzt.»
Magozzi musste lachen und versuchte, sich zu erinnern, wann ihm das das letzte Mal passiert war. «Habt ihr ihm erzählt, dass ihr immer mit Mücken Zielschießen übt?»
«Er ist so ein lieber alter Kerl. Wir wollten ihm keine Angst machen.»
Magozzi ging zu Charlie, strich ihm mit einer Hand von der feuchten Nase bis zu den Fellwirbeln im Nacken und dachte zurück an seine Zeit mit Grace, die eigentlich nicht besonders lang gewesen war und ihm doch vorkam wie die Essenz seines Lebens. Der Hund war sehr viel schneller mit ihm warmgeworden als sie: Anfangs hatte er sich noch unter dem Stuhl versteckt, doch bald war er an Magozzi hochgesprungen, hatte ihm die Vorderpfoten auf die Schultern gelegt, ihm das Gesicht geleckt und ihm damit das Gefühl gegeben, akzeptiert zu sein. Das Gefühl, es sich verdient zu haben.
Ach, er liebte diesen Hund mindestens so sehr wie diese Frau, und er wusste nicht, wie er mit solch starken Gefühlen umgehen sollte. Er warf Grace nur einen kurzen Blick zu, mehr verkraftete er nicht. Dann drehte er sich um und ging.
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KAPITEL 47
A m Nachmittag kehrten Claude und der Chief wieder aus dem Hotel zurück und riefen alle im Esszimmer zusammen.
Der Chief postierte sich mit ausdrucksloser Miene am oberen Tischende. «Einer meiner Leute hat an einem Jagdweg zwei verlassene Wagen entdeckt. Etwas weiter im Wald stehen noch zwei Geländewagen, auf einer Lichtung außer Sichtweite geparkt. Wir haben die Zulassungen überprüft. Es sind Mietwagen.»
«Vielleicht Jäger?», meinte Gino hoffnungsvoll.
«Das wäre schlimm. In allen Fahrzeugen wurden leere Munitionsschachteln gefunden – NATO -Patronen, die Lieblinge eines jeden Terroristen.» Er sah zu John hin. «Und drei Mal dürfen Sie raten, wessen Kreditkarte und persönliche Daten sie benutzt haben, um die Wagen zu mieten. John Smith aus Washington, D. C .»
John fuhr auf seinem Stuhl in die Höhe. «Wie zum Teufel sind sie denn da rangekommen?»
«Sie haben doch selbst gesagt, dass in Ihr Computersystem eingebrochen wurde. Und jetzt sind diese Leute hier.» Der Chief gab ihnen ein paar Minuten, das zu verdauen, und beobachtete ihre Reaktionen. Sie gaben sich alle große Mühe, ungerührt zu bleiben, nur Roadrunner zeigte Nerven: Er rutschte auf seinem Stuhl hin und her und presste die bleichen Lippen zusammen.
«Wir gehen folgendermaßen vor», fuhr der Chief fort. «Hier im Haus wird eine Reservetruppe postiert. Das ist die letzte Verteidigungslinie, wenn alles andere scheitert. Sie besteht aus Monkeewrench und John Smith.» Er sah sie alle der Reihe nach an. «Sie bleiben hier im Haus.»
Grace und John schüttelten synchron den Kopf und setzten bereits zum Protest an, doch noch ehe sie einen Ton sagen konnten, brachte der Chief sie mit einem Blick zum Schweigen. «Sie haben kein Widerspruchsrecht. Das hier ist mein Land und mein Volk, und wir kämpfen meinen Krieg. Ist das klar?»
Gino hielt den Blick in den Schoß gerichtet wie ein Schulkind, das nicht aufgerufen werden will.
«Detectives», wandte der Chief sich an ihn und Magozzi. «Sie beide bemannen den Ausguck, der der Hütte am nächsten ist. Sie verhalten sich ganz still. Sie reden nicht, und Sie rühren sich nicht von der Stelle, egal was Sie hören. Ihre Aufgabe besteht nur darin, die Jagdhütte zu verteidigen, falls jemand bis dorthin vordringt.»
Harley erhob sich und gab sich Mühe, möglichst
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