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Todesnähe

Todesnähe

Titel: Todesnähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Tracy
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«Ob sie sich nun in Sicherheit wiegen oder nicht: Wenn sie schlau sind, warten sie, bis es dunkel wird.»
    «Keine Ahnung, wie schlau die sind. Wir sind jedenfalls vorbereitet und werden sie erwarten.»
    Claude nahm einen tiefen, reinigenden Zug von der frischen, kühlen Luft, doch die Angst, die ihm auf der Brust lag, konnte er trotzdem nicht abschütteln. «Mein Gott, in was für einen verteufelten Schlamassel sind wir da nur hineingeraten! Es stehen viele unschuldige Leben auf dem Spiel. Bist du auch sicher, dass wir das Richtige tun?»
    «Wir haben keine andere Wahl, Chimook. Jetzt nicht mehr.»
    «Was willst du deinen Leuten denn erzählen?»
    Der Chief blies die Backen auf, und sein Atem wurde in der Luft zu Nebelschwaden. «Ich werde ihnen sagen, dass es sich um einen Polizeieinsatz handelt. Was ja stimmt.»
    «Aber sie stellen sicher Fragen, und es ist nur fair, ihnen Antworten zu geben. Und was ist, wenn jemand wie Moose oder Eugene Thunderhawk wissen will, wieso sie ihr Leben für ein paar Weiße riskieren sollen, die sie nicht mal persönlich kennen? Berechtigte Frage: Wieso sollten sie?»
    Der Chief blieb kurz stehen und betrachtete ein paar junge Espen am Wegesrand, die aussahen, als würden sie bald unter ihrer eisigen Last zusammenbrechen. Ein paar Bäume würden dem Unwetter wohl zum Opfer fallen. «Wir haben es hier mit Terroristen zu tun, und die sind unser aller Feind. Das macht uns zu einem Stamm, und ein Krieger kämpft für seinen Stamm. Das weißt du aus eigener Erfahrung, Chimook. Außerdem hängen die Somalier da knietief mit drin, und mit denen haben wir diverse Rechnungen offen. Mit der Entführung der Mädchen aus Salt Lake haben sie allen Indianern den Krieg erklärt.»
    Claude senkte den Blick. Er entdeckte einen losen Stein, der den Fesseln aus Eis und Schnee irgendwie entkommen war, kickte ihn weg und sah ihm nach, wie er über den Weg hüpfte und im Schnee eine ungleichmäßige Spur hinterließ. «Ich kann immer noch nicht glauben, dass Joey das getan haben soll», sagte er. «Was hat er sich nur dabei gedacht?»
    Keine Antwort. Stattdessen blieb der Chief wie angewurzelt stehen und hob die Hand. Er legte einen Finger an die Lippen und deutete in eine Richtung.
    Claude spürte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte. Er rechnete schon mit einem Hinterhalt verfrorener, stinksaurer und bis an die Zähne bewaffneter Terroristen, doch dann sah er ein paar Meter vor ihnen nur ein Kaninchen, das dichte graue Fell voll Schnee. Seine Ohren zuckten, es schien sie zu hören, obwohl sie sich gar nicht rührten. Gleich darauf hoppelte es blitzschnell quer über die Straße und brachte sich zwischen den Bäumen in Sicherheit. «Mein Gott, ist doch nur ein Hase», brummte Claude. «Von denen wimmelt es hier.»
    Der Chief nickte und ging weiter auf das Hotel zu. Vom Verstand her wusste er natürlich, dass Claude recht hatte: Es wimmelte hier nur so von Hasen. Doch seine andere Gehirnhälfte dachte an den Traum von Waboo, der über den eisigen Waldboden gehoppelt und dann stocksteif sitzen geblieben war, weil die Kojoten immer näher kamen.

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KAPITEL 46
    G race und John standen nebeneinander auf der Veranda, fast bis zur Unkenntlichkeit vermummt mit schweren Jacken aus dem Ausrüstungsschrank der Jagdhütte.
    «Wir sollten lieber nicht hier draußen rumstehen. Vor allem du nicht.»
    «Wir hatten noch gar keine Gelegenheit zum Reden.» John sah sie nicht an. Er hielt die Augen auf den dichten Wald ringsumher gerichtet, versuchte, die Indianer zu entdecken, die laut Aussage des Chiefs die Hütte bewachten.
    «Ja, ich weiß», sagte Grace. «Das Boot fehlt mir.»
    «Es tut mir alles so leid, Gracie. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr.»
    «Du kannst nichts dafür. Hast du mir das nicht selbst immer wieder gesagt? Manche Dinge kann man eben einfach nicht steuern. Quäl dich nicht deswegen.»
    Er betrachtete das Geländer, das von einer dünnen Eisschicht bedeckt war. «Du warst schon immer gut darin, mich mit meinen eigenen Worten zu schlagen. Ich sehe da draußen übrigens niemanden, du vielleicht?»
    Grace fuhr sich mit der Hand durchs Haar, das noch feucht war vom Duschen. In der Karibik war der Kurzhaarschnitt großartig gewesen, aber in Minnesota passte er nicht.
    John sah zu ihr hin. Wenn sie zählte, bewegte sie immer unwillkürlich die Lippen. Ob das außer ihm wohl noch jemand wusste?
    «Zwölf», sagte sie schließlich.
    John lachte leise auf. «Unfassbar. Ich sehe

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