Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)

Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)

Titel: Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Wilhelmy
Vom Netzwerk:
das Gasthaus fortzuführen, da er als studierter Jurist mit politischen Ambitionen einen ganz gegensätzlichen Weg eingeschlagen hatte. Doch nun stand er Abend für Abend hinterm Tresen und sorgte dafür, dass das Kölsch nie ausging. Und zur gleichen Zeit machte er Politik. Politik im Hinterzimmer, wie er es nannte. Die bedeutendsten Männer des Ortes gingen bei ihm ein und aus, manches Arrangement und diverse Entscheidungen wurden bei ihm an der Theke gefällt.
    Noch vor wenigen Tagen hatte sie rein zufällig, bei welcher Gelegenheit war ihr entfallen, ein Telefongespräch belauscht, in dem es um die illegale Vergabe von Baugenehmigungen ging. Eines der ehrgeizigsten Hobbys ihres Gatten.
    Viktoria wusste davon, allerdings interessierte sie es nicht besonders.
    Es kam selten vor, dass sie in dem Gasthof ihres Mannes verkehrte. Trotz des steigenden Niveaus des Publikums seit der Übernahme ihres Mannes war ihr dieser Ort zu bürgerlich, zu spießig und ihrer nicht würdig.
    „Okay, ja ..., bis heute Abend dann.“ Annabell, ihre Stimme um einige Dezibel reduziert, beendete ihr Telefonat und blickte in Viktorias Richtung, die sich ihr mit einer Tasse Kaffee und der Tageszeitung gegenüber an den Tisch gesetzt hatte.
    „Mama, du siehst echt schlecht aus. Bist du krank?“ So viel Mitgefühl in der Stimme ihrer Tochter war nicht ungewöhnlich und der Grund dafür war meist ein Wunsch Annabells, den ihre Mutter ihr erfüllen sollte.
    „Ich glaube, es wäre besser, wenn du wieder ins Bett gingst, Mama. Deine Augen sind ganz rot. Ich könnte mir dann eventuell für heute den Jaguar ausleihen.“
    Schon als kleines Kind versuchte Annabell ihre Mitmenschen zu umgarnen. Das hatte sich bis zum heutigen Tag nicht geändert.
    „Nein, Schatz, das wird heute leider nichts“, antwortete Viktoria, „den brauche ich heute selbst. Ich habe einen Termin beim Friseur und anschließend treffe ich mich mit einer Freundin zum Brunch im Burgschloss. Tut mir leid.“
    „Na, da solltest du dein Make-up vielleicht noch einmal überprüfen, sonst verwehren sie dir womöglich den Eintritt ins ehrwürdige Schloss.“
    Genervt und enttäuscht, dass man ihrem Wunsch nicht stattgab, verließ Annabell die Küche. „Und tschüss!“, rief sie noch und Viktoria war endlich allein.
    Sie goss sich eine zweite Tasse Kaffee ein und fing an, lustlos in der Zeitung zu blättern. Die ersten Seiten überschlug sie, denn sie interessierte sich nicht sonderlich für Politik und Wirtschaft. Auch den Sportteil beachtete sie nicht. Diesen Teil der Zeitung hob sie ausschließlich für Hubert auf.
    Viktoria bevorzugte die Kultur- und Lokalnachrichten. Aufmerksam las sie alles über das Leben der prominenten Schauspieler und beliebtesten Sänger dieser Zeit.
    Sie empfand sich selbst nicht als oberflächlich, denn sie hatte sich durchaus ein Wissen in den Bereichen angeeignet, die sie persönlich interessierten, und was andere Menschen über sie dachten, war ihr zwar nicht gänzlich egal, jedoch erschien es ihr auch nicht zwingend wichtig.
    Wichtig war jetzt nur, eine Lösung zu finden, um ihr Problem aus der Welt zu schaffen. Denn sie war nicht bereit, sich in der Öffentlichkeit zu blamieren, sie wollte beneidet und nicht belächelt werden. Sie musste handeln.

V orsichtig stieg die Gestalt die schmale steile Holztreppe hinauf, immer darauf bedacht, bei keiner der Stufen ein knarrendes Geräusch zu verursachen. Ein leicht modriger Geruch lag in der stickigen warmen Luft, nicht der kleinste Windhauch war zu verspüren.
    Das leise, kaum wahrnehmbare Schnarchen hinter der verschlossenen Tür am Ende der Treppe durchbrach die unheimliche Stille, die sie vor wenigen Minuten in diesem Haus empfangen hatte.
    Für einen kurzen Moment verharrte die Gestalt regungslos vor der Tür, als zögere sie, den Raum zu betreten. Dann, ganz sachte, drückte sie die Türklinke. Ihre Hände zitterten und in den Plastikhandschuhen bildete sich klebriger Schweiß. Wieder hielt sie inne und lauschte den regelmäßigen Atemzügen.
    Zaghaft öffnete sie die Tür und betrat leise den Raum.
    Ein Blick auf den tief Schlafenden genügte und ganz langsam erfasste sie eine innere Ruhe. Das Zittern ihres Körpers verebbte, als ihre Finger den Gegenstand in ihrer Jackentasche berührten.
    Wie von einer unsichtbar gelenkten Hand zog es die Gestalt hin zu dem großen, in der Mitte des Raumes stehenden Bettes. Der plötzliche Schrei eines Vogels aus dem an der Rückseite des Hauses gelegenen

Weitere Kostenlose Bücher