Todessymphonie (German Edition)
kosmetischen Fortschritte, die in den Privatpraxen gemacht wurden, interessierten dort nicht. Während alle Jungen in Ihrem Alter, Gavin eingeschlossen, zahnfarbene Kunststofffüllungen erhielten, hat man bei Ihnen noch Amalgam eingesetzt. Eineiige Zwillinge haben keine identischen Zähne, und Umwelteinflüsse können die Unterschiede noch größer machen. Also haben Sie sich die Hände verbrannt, sich diesen unerträglichen Schmerz angetan, und alles umsonst. Gavin, Sie werden mit uns in die Staaten zurückkehren. Thomas, die Italiener haben bereits eine Zelle mit Ihrem Namen daran vorbereitet.“
Baldwin erhob sich. Taylor war beeindruckt. Sie wusste, wie viel Zurückhaltung es verlangte, nicht jedes Fitzelchen an Information aus den beiden herausquetschen zu wollen.
Der Zwilling, von dem sie wussten, dass er Gavin war, fing an zu weinen.
Taylor verbrachte die nächste Stunde am Telefon und ging mit Julia Page jede Einzelheit für die Auslieferung von Gavin nach Nashville durch.
Die italienische Justiz war kein großer Freund der Todesstrafe und würde keinen der Brüder an ein Land ausliefern, in dem ihnen ein entsprechendes Urteil drohte. Außerdem mussten sie noch ein schwieriges Rätsel lösen, von dem sie den Brüdern natürlich nichts gesagt hatten. Die zahnärztlichen Unterlagen konnten ihnen nur in gewissen Grenzen weiterhelfen. Die Röntgenaufnahmen bewiesen nämlich lediglich eines: die Identität eines jeden Zwillings.
Aber sie halfen überhaupt nicht dabei, Gavin definitiv mit den Morden in Tennessee und Tommaso mit denen in Italien und Großbritannien in Verbindung zu bringen, weil nirgendwo irgendwelche Bissspuren hinterlassen worden waren. Keiner der Männer hatte seine Opfer gebissen, und so lag es durchaus im Bereich des Möglichen, dass der Zwilling, den sie als Tommaso kennengelernt hatten, in Tennessee gewesen war und sein Zwilling, bekannt als Gavin, sich in Italien umgetrieben hat. Und das wiederum könnte reichen, um in den Köpfen der Jury begründete Zweifel zu säen.
Ohne zu wissen, wer von ihnen wo gewesen war, konnten sie keinen der Brüder für die Morde anklagen. Sie wussten, dass Tommaso für die Morde in Italien und in London verantwortlich war und Gavin all die Morde in den USA begangen hatte. Aber es zu wissen und es vor Gericht zu beweisen waren zwei ganz verschiedene Sachen. Ein guter Verteidiger würde den Fall mit dieser schlichten Tatsache in Stücke reißen. Es würde stundenlanger ermittlerischer Kleinstarbeit bedürfen, um jedes Beweisfitzelchen jedem von ihnen individuell zuzuschreiben.
Nachdem Taylor das Gespräch mit Julia beendet hatte, kaute sie auf dem Ende ihres Kulis herum und dachte über die Situation nach. Sie fragte sich, wie viel die Zwillinge über die verschiedenen Wege wussten, auf denen ihre Identitäten enthüllt werden konnten. Der Plan, ihre Fingerabdrücke zu vernichten, war einfach, aber genial. Taylor fragte sich, wer ihn erdacht hatte. Vermutlich Tommaso, der mit den brutaleren Tötungsmethoden.
Es würde einige Tage brauchen, bis alle Einzelheiten geklärt waren. Was bedeutete, dass sie ein paar Tage für sich hatten, während die Italiener, die Botschaften der USA und Englands, die Met, dasFBI und Metro Nashville das Chaos ordneten. Die Situation überstieg ihre Dienstgrade um Längen.
Sie brauchte dringend etwas zu essen. Also machte sie sich auf die Suche nach Baldwin, der gerade mit Pietra Dunmore telefonierte, um sicherzugehen, dass sie alle ihr zur Verfügung stehenden Beweise so schnell wie möglich übermittelte, damit die Ermittlungen vorangehen konnten. Nachdem er aufgelegt hatte, fuhr er sich mit der Hand durchs Haar.
„Ich habe ein riesiges Loch im Magen. Komm, lass uns was zu essen holen und ins Hotel zurückgehen.“
„Das klingt gut.“ Er nahm seine Jacke von der Stuhllehne und schlüpfte hinein. Taylor fuhr mit der Hand über das weiche Leinen. Zu schade, dass sie nicht hierbleiben und vor allen Sorgen davonlaufen konnten.
Der Weg zurück zum Hotel dauerte zu Fuß fünf Minuten. Die Schönheit von Florenz lag auch in der überschaubaren Größe, und schnell kamen sie durch den Innenhof des Palazzo Strozzi zum Colle Berreto.
Dort saß Memphis, ein unberührtes Glas Wein vor sich auf dem Tisch.
Taylor war bei seinem Anblick sofort leicht genervt, fühlte sich aber auch irgendwie von ihm angezogen. Sie schaute Baldwin an. „Sollen wir uns zu ihm setzen?“
„Natürlich. Er schlägt vermutlich die Zeit tot, bis er zum
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