Todessymphonie (German Edition)
wühlte in ihrer Aktentasche, fand einen einzelnen Latexhandschuh und ihre Kamera. Baldwin nahm ihr beides mit grimmiger Miene ab und fing an, Fotos zu machen.
„Das ist von ihm, oder?“, fragte sie. „Er war hier.“
Baldwin sagte nichts, sondern griff in den Briefkasten und holte die Kugel heraus. Ein Kaliber. 40 S&W, Hohlspitzgeschoss. Die Standardkugel für ihre Dienstwaffe.
Die Karte vorsichtig zwischen den Fingern haltend, las Baldwinden Text. Dann hielt er ihn so, dass Taylor ihn auch lesen konnte. Während sie das tat, merkte sie, wie sich ein immer stärkerer Druck in ihrer Brust aufbaute.
Liebe Taylor,
darf ich der Erste sein, der dir gratuliert, Lieutenant? Morgen wirst du den Anruf erhalten, dass du wieder auf deinem alten Posten eingesetzt wirst, und ich möchte nur sagen, wie stolz ich auf dich bin. Du hast Mut und Einfallsreichtum besessen, um den Fall des armen kleinen Gavin und seines großen bösen Bruders Tommaso zu lösen. Natürlich wusste ich, dass dir das gelingen würde. Deshalb habe ich die Impressen aus den Picasso-Monografien herausgetrennt. Gavin hätte nicht so weit vorausgedacht, das dumme Kind. Aber ich wusste, dass du den kleinen Hinweis finden würdest und er dich zu ihnen führen würde.
Bravo, meine Lady. Bravo.
Halte dieses kleine Geschenk griffbereit. Du weißt nie, wann du es gebrauchen könntest.
Bis wir uns wiedersehen …
All meine Liebe und blutige Küsse,
der PRETENDER
– ENDE –
ANMERKUNG DER AUTORIN
Als ich die Reise, dieses Buch zu schreiben, antrat, war ich gefesselt von der Vorstellung zweier Männer, die kurz nach der Geburt getrennt worden waren, in vollkommen unterschiedlichen Elternhäusern aufwuchsen und dennoch beide soziopathische Tendenzen herausbildeten und sich genötigt sahen, zu töten. Der Trick war natürlich, identische Verbrechen auf zwei unterschiedlichen Kontinenten zu haben, deren Termine weit genug auseinanderlagen, dass ein einzelner Mensch sie hätte begehen können. Auch die forensischen Beweise würden auf einen einzelnen Täter hindeuten.
Die grundlegende Annahme dieses Buchs ist so realitätsfremd, so schrecklich, dass ich mich gezwungen sah, sie noch einmal zu überdenken. Eineiige Serienmörder, die vollkommen unabhängig voneinander töteten und dabei doch beinahe dem gleichen Muster folgten? Das konnte nicht passieren.
Doch je mehr ich mich in die Recherche stürzte, desto mehr erkannte ich, dass es nicht nur passieren konnte , sondern dass es sogar genau so geschehen könnte, wie ich es dargestellt habe. Anhand von Zwillingen wurden tief greifende Studien über den Einfluss von Natur und Erziehung auf den Menschen durchgeführt. Diese Studien zeigen immer wieder, dass Zwillinge, die getrennt voneinander aufwachsen, eine unglaubliche Neigung dazu haben, ein sehr, sehr ähnliches Leben zu führen. IQ-Tests von eineiigen Zwillingen zeigen Ergebnisse, die aussehen, als hätte derselbe Mensch den Test zwei Mal gemacht. Karrieren und Berufsentscheidungen ähneln sich auf beinah schon gespenstische Weise, weil es eine epigenetische Veranlagung für bestimmte Fähigkeiten und Interessen zu geben scheint.
Zum Beispiel der bizarre Fall der „Jim Twins“. Jim Lewis und Jim Springer waren bei der Geburt getrennt worden und in verschiedenen Familien aufgewachsen. Sie trafen sich das erste Mal 1979, neununddreißig Jahre nach ihrer Trennung. Jim Lewis hatte jahrelang nach seinem Bruder gesucht, und als sie sich nun gegenüberstanden, sagte Lewis, es wäre, „als würde ich in einen Spiegel schauen“. Es war mehr als nur das identische Aussehen. Sie verband eine so ungewöhnlich hohe Übereinstimmung in ihrem Verhalten und den Entscheidungen, die sie im Leben getroffen hatten, dass man einenSchriftsteller dafür rügen würde, sollte er sich so etwas ausdenken.
Sie hatten beide in ihrer Kindheit Hunde gehabt, die Toy hießen. Sie hatten beide eine Frau namens Linda geheiratet, sich scheiden lassen und eine Betty geheiratet. Sie nannten ihre ersten Söhne James Allen und James Alan. Sie beide kauten auf den Nägeln, litten unter Schlaflosigkeit und Migräne. Sie urlaubten an demselben Strand in Florida, fuhren das gleiche Auto, tranken die gleiche Biermarke, rauchten die gleichen Zigaretten, liebten NASCAR und hassten Baseball, hinterließen ihren Frauen kleine Liebesbotschaften und bastelten in ihrem Hobbykeller Puppenmöbel. Die letzte große Übereinstimmung, die zu unglaublich ist, um ein Zufall zu sein, ist, dass sie beide
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