Todessymphonie (German Edition)
zu richten. Das tat sie doch immer.
Baldwin lag bereits im Bett und las die Nachrichten über den Macellaio-Fall. La Nazione hatte eine Sonderausgabe gedruckt. Der Rezeptionist, der wusste, dass sie an dem Fall arbeiteten, hatte sie ihnen mit einem angedeuteten Lächeln gereicht, als sie ihren Schlüssel abgeholt hatten. Die Schlagzeile schrie Il Macellaio Interferito – Der Schlachter ist gefasst. Baldwin hatte dunkle Ringe unter den Augen, und Taylor verspürte eine beinahe unerträgliche Zärtlichkeit für ihn. Sie brauchten eine Pause. Einen Ort, an dem es keine Mörder, keine Gespenster gab.
Baldwin raschelte mit der Zeitung; das Deckblatt lag unordentlich auf seinen Beinen. Wenigstens tat er so, als ob er lesen würde. Er beobachtete sie. Sie spürte seinen Blick, fühlte die Wärme und Liebe in ihm. Sie krabbelte ins Bett und legte ihren Kopf auf seine Brust.
„Wir müssen schlafen. Zumindest ein paar Stunden. Leg die Zeitung weg.“
„Bedeutet das, mir ist verziehen?“, fragte er.
Sie schenkte ihm ein verlegenes Lächeln. „Es gibt nichts zu verzeihen. Ich wollte nicht so blöd sein. Und ich bin … ach, ich weiß auch nicht, irgendwie durcheinander.“
„Denkst du immer noch an Memphis?“
Sie schaute ihn überrascht an. Wie er manchmal ihre Gedanken lesen konnte, war wirklich nervig.
„Taylor, das ist für jeden innerhalb eines Radius von fünfzig Meilen offensichtlich. Ich habe noch nie einen Mann so schnell so verknallt gesehen. Er wird nicht aufhören, hinter dir her zu sein.“
„Ach, hör auf. Er ist nur … nur … Frauenheld. Ich wäre eine weitere Kerbe in seinem Gürtel, das ist alles.“
„Tja, mir wäre es wesentlich lieber, wenn du keine Kerbe in seinem Gürtel werden würdest.“
Sie verdrehte die Augen. „Du weißt, was ich meine. Er interessiert mich nicht. Ich kann damit umgehen.“
„Ich bezweifle, dass er seine Versuche einstellen wird. Ich habe mir seinen Background ein wenig genauer angesehen. Er hat keineleichte Zeit hinter sich. Ein Adliger zu sein, der für die Met arbeitet, ist nicht die beste Kombination. Anfangs musste er viel einstecken, weil er einfach nicht dazu gepasst hat. Dann hat er seine Frau verloren, weißt du. Sie war im achten Monat schwanger, als sie bei einem Autounfall starb. Ihr Name war Evan, und sie sah dir unglaublich ähnlich. Nach Evans Tod hat er sich in die Arbeit bei der Met gestürzt und ist die Karriereleiter förmlich hinaufgeflogen. Er ist ein verdammt guter Ermittler, aber er ist auch ein Getriebener. Du hast das alles wieder aufleben lassen, und er steht kurz davor, die Kontrolle zu verlieren.“
„Er hat mir alles darüber erzählt.“
„Was auch immer er dir erzählt hat, er ist ein zerbrechlicher Mann. Er war in Behandlung und greift nach allem, was ihn wieder auf die richtige Bahn zurückbringen könnte.“
„Also glaubst du, dass ich ihn einfach nur an seine tote Frau erinnere? Na, vielen Dank.“ Kurz flackerte Wut in ihr auf, die sie aber schnell wieder unterdrückte. „Ich will einfach nur endlich nach Nashville zurück. Da kenne ich meine Feinde wenigstens.“
„Läufst du vor ihm davon, Taylor?“ Seine Stimme hatte einen seltsamen Unterton, eine unterschwellige Verletzbarkeit. Taylor schaute ihn fragend an.
„Baldwin, was ist los? Bist du wirklich so eifersüchtig?“
Er warf die Zeitung beiseite. Er war wütend; sie spürte, wie er sich nur mühsam unter Kontrolle hielt. „Verdammt noch mal, natürlich bin ich das. Glaubst du, ich sitze einfach da und sehe zu, wie irgendein Kerl dich im Sturm erobert?“
Sie erkannte, dass er genau wusste, was ihr durch den Kopf gegangen war. All die kleinen „Was wäre wenn“-Gedanken, die sich am Rande ihres Bewusstseins getummelt hatten. Kein Wunder, dass er darüber nachdachte, nach Nashville zurückzuziehen, wo er ein Auge auf sie haben konnte. Es war an der Zeit, diese Gedanken wegzupacken, und zwar für immer. Sie umfasste sein Kinn und brachte ihn dazu, ihr direkt in die Augen zu sehen.
„Ja, Honey, Memphis ist attraktiv. Ja, er ist lustig und gebildet.“
„Und nicht zu vergessen, er ist der Sohn eines Adligen“, sagte Baldwin.
„Und der Sohn eines Adligen. Aber mein Schatz, du sollst wissen, dass der Gedanke mir nie gekommen ist. Nicht so, wie du denkst.“
„Also gibst du zu, dass du darüber nachgedacht hast?“
„Baldwin. Hör auf. Ich denke über überhaupt nichts nach. Nichts auf der Welt ist mir wichtiger als du. Memphis ist nur ein dummer
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