Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
Vom Netzwerk:
Menschen zu begegnen«, sagte er. »Manche reißen sich die Beine aus, um ein paar lumpige Pennies zu sparen.«
    Ich dachte vernünftig? Oh, Junge, wenn du nur wüßtest. Aber es war ein anständiger Handel, und er kam meiner Stimmung entgegen. Wann immer du ein neues Leben anfängst, schwenke die Fahnen! Hau auf die Pauke! Feiere es! Selbst wenn es nur darin besteht, den ganzen Weg nach Kennedy in einem Taxi zu fahren, wenn du genausogut den Bus hättest nehmen können. Zum Glück konnte ich mir diesen Luxus sogar leisten. Ich war gut bei Kasse. Ich hatte fünfzig Dollar in der Tasche, dazu hundertfünfzig Dollar in Reiseschecks, und überdies noch ein Guthaben von zweihundertachtzehn Dollar auf der Bank, falls ich mal auf dem trockenen säße, sowie einige Staatspapiere. Und all dieser Reichtum war mir geblieben nach einer wahren Einkaufsorgie von neuen Kleidern, fast alle von Lord und Taylor, denn für dieses neue Leben hatte ich mich neu einkleiden müssen, von Kopf bis Fuß sozusagen. Ich überschlug in Gedanken, was ich ausgegeben hatte für all die Kleider und den anderen Krimskrams, und es lief mir ganz kalt über den Rücken — vierhundertdreiunddreißig Dollar siebenundachtzig. Nun wenn schon, es war es wert, es gab mir ein wundervolles Gefühl von Sicherheit, daß praktisch jedes einzelne Stück in meinen drei Koffern und in der Hutschachtel funkelnagelneu war, abgesehen von meiner Haarbürste und ein paar anderen Kleinigkeiten.
    Der Taxifahrer war ein netter, freundlicher Mann. Er hielt mir einen prächtigen Monolog über das schöne Kalifornien, weil er überzeugt war, daß ich dorthin wolle, und als wir schließlich in Kennedy hielten, gab ich ihm einen Dollar Trinkgeld. Und schon, hoppla! — folgte ein Wunder auf dem Fuß. Er hatte kaum meine drei Koffer und meine Hutschachtel auf dem Bürgersteig gestellt, als zwei Marinesoldaten mitten aus dem Gewühl auf mich lospreschten: »Dürfen wir behilflich sein?«
    Sie sahen aus wie Zwillinge, rank und schlank und kurzgeschoren, wie Marinesoldaten eben sind, und todernst.
    Es tat meinem Herzen wohl. Ich war, in gewissem Sinne, sechs Monate lang kein Mädchen gewesen — nur eine junge Hexe, eine Verkörperung von Jean-Paul Sartres Idee; und hier, blitzartig, war ich wieder ein Mädchen, fähig, Hoffnungen zu erwecken im Marinekorps der Vereinigten Staaten. »Oh, das ist schrecklich nett von Ihnen, aber ich suche eigentlich nur einen Gepäckträger«, brachte ich leicht stammelnd heraus.
    »George«, sagte der eine.
    »Roger«, sagte der andere.
    Es war ganz harmlos und konnte ja auch zu nichts führen. Ich ging zwischen den beiden; die Leute lächelten uns an; mein Selbstbewußtsein hob sich, und das ihre auch. Junge Männer scheinen es zu lieben, für junge Mädchen Koffer zu tragen, so wie ein Hund gern einen Knochen trägt.
    Aber das wirklich Aufregende, während wir im Gänsemarsch hineingingen in den Flughafen, war etwas ganz anderes. Ich war oft in Kennedy gewesen, und jedesmal hatte mir das Herz höher geschlagen, weil alles so groß ist und so geschäftig und so lebendig, Tausende von exotischen Menschen, die hierhin und dorthin hasten, dazu die vielen Stimmen, die über die Lautsprecheranlage dröhnen, und Dutzende von Flugzeugen, die in jeder Minute starten, und die blitzenden Lichter, und die Pfeile, die irgendwohin weisen — es verschlägt mir einfach den Atem. Früher jedoch war ich immer nur als schlichter Passagier hergekommen oder hatte jemanden zum Flughafen begleitet: ein Teil der Menge. Dieses-mal war es anders. Diesesmal erfaßte mich eine geradezu stürmische Erregung, denn ich selber sollte tief, tief eindringen in diese ungeheuerliche Geschäftigkeit. Mochte es mir auch im Augenblick noch niemand ansehen: dies war meine eigene, neue Welt. Ich selber hatte sie mir ausgesucht, und ich zitterte, als ich sie betrat.
    Einer meiner Matrosen fragte höflich: »Zu welcher Fluglinie wollen Sie?«
    »Magna International Airlines, bitte.«
    Darauf der andere: »Sie fliegen nicht zufällig nach Portland?«
    »Leider nein«, sagte ich.
    »Wie schade«, echoten sie. Aber sie zuckten nicht mit der Wimper. Sie geleiteten mich geradewegs zum Counter der Magna International Airlines und setzten meine drei Koffer und die Hutschachtel vor der Waage ab. Wir schüttelten uns die Hände, und ich sagte: »Ja, hoffentlich sehen wir uns mal wieder.«
    Und sie sagten: »Angenehmen Flug, Miß«, und entfernten sich höchst befriedigt.
    Der Angestellte hinter

Weitere Kostenlose Bücher