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Töchter des Schweigens

Töchter des Schweigens

Titel: Töchter des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elia Barceló
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bekommst du von mir nicht. Außerdem glaube ich nicht, dass Ana Kondensmilch hat.«
    Lena überlegte.
    »Na gut, gib mir einen Martini. Was soll’s …«
    Als sie Carmen nach der Ginflasche greifen sah, schrie sie auf.
    »Bloß nicht! Einen süßen.«
    »Ich frage mich, womit ich solche Freundinnen verdient habe! Mein Gott, was für eine Bande von Klosterschülerinnen … Süßer Martini, Bierchen … und die da, die in ihrem Leben noch keine Margarita probiert hat … Verflucht noch mal!«
    »Mir kannst du einen Bourbon auf Eis geben«, ließ sich mit einem Mal Candela vernehmen, die von hinten durchs Gartentörchen und ums Haus herum gekommen war, ohne zu läuten. »Einen doppelten, wenn’s geht.«
    »Das ist ein Weibsbild nach meinem Geschmack. Du bist die Einzige, die etwas vom Trinken versteht.«
    »Seht ihr?«, sagte Lena und blickte zufrieden in die Runde. »Jetzt fehlt nur noch Sole. Wenn sie auch hier wäre, wäre die Clique vom 28sten vollzählig.«
    »Wenn man bedenkt, dass sie sich seit fast dreißig Jahren nicht hat blicken lassen, können wir ruhig so tun, als wären wir vollzählig«, bemerkte Candela. »Für Sole waren wir immer nur eine Notlösung, während sie darauf gewartet hat, dass ihr Leben begann. War eine von euch wirklich Soles Freundin?«
    »Wir waren doch alle Soles Freundinnen«, sagte Ana in fragendem Ton.
    »Kommt drauf an, was du unter Freundin verstehst.«
    »Das Übliche, denke ich.«
    »Üblich ist, gemeinsam etwas zu unternehmen, einander an Freuden und Leiden teilhaben zu lassen, Pläne zu schmieden, Glücksmomente zu teilen, Dinge voneinander zu wissen, die sonst niemand weiß. Hat eine von euch diese Art von Beziehung zu Sole gehabt?«
    Alle sahen sich an, als wartete jede auf die Antwort der anderen.
    »Seht ihr? Sole ist überflüssig«, schloss Candela. »Wir sind komplett.«
    Rita hatte den Eindruck, dass Lena noch etwas sagen wollte, doch in diesem Moment stand Ana auf, und Lena tat es ihr schweigend nach.
    »Na, dann helft mir mal«, sagte Ana und steuerte auf die Küche zu, »und lasst uns all die Köstlichkeiten herschaffen, die dort drinnen herumstehen. Heute ist unser Abend, Mädels. Ohne Männer, ohne Kinder, ohne zu einer bestimmten Zeit daheim sein zu müssen und ohne jemandem Rechenschaft zu schulden. Diese Nacht gehört uns, und wir werden sie in vollen Zügen genießen.«

    Um halb zwei standen überall Gläser herum, ABBA dröhnte in voller Lautstärke durch den Garten, und die Hälfte der Frauen tanzte wie besessen um den Pool, während die andere Hälfte im Wasser planschte wie Fünfzehnjährige. Sie hatten die meisten Lampen gelöscht, und in allen Ecken flackerten massenweise Kerzen und erzeugten weiche, geheimnisvolle Schatten. Es roch nach Blumen, Schwimmbadchlor, Bienenwachs, nach Sommer und Freiheit.
    »Pause, Mädels, ich muss mich verschnaufen«, japste Lena, ging zur Stereoanlage und tauschte die ABBA -Rhythmen gegen Samba pa ti .
    »So ein erotisches Lied«, sagte Carmen lachend und wischte sich den Schweiß ab, der ihr von den Schläfen rann, »und nicht mal ein armseliger Felipe zum Ankuscheln.«
    »Schnapp dir Rita, etwas Männerähnliches haben wir gerade nicht«, sagte Candela vom Wasser aus mit einem breiten Grinsen.
    »Komm nur her«, gab Rita zurück, »es wäre nicht das erste Mal, dass wir Mädels miteinander tanzen.«
    Carmen setzte ein Vamp-Gesicht auf und ließ sich von der Freundin umarmen, während die anderen Beifall klatschten, sich eilig abtrockneten und ebenfalls zu Paaren zusammenfanden. Kichernd hielten die »Mädchen« ihre Arme wie Schilde vor den Körper, und die, die die Männerrolle spielten, versuchten, sie an sich zu drücken, ließen die Hände am Rücken ihrer Partnerin abwärtsgleiten und tasteten nach deren Hintern. Carmen tanzte mit Rita, Lena mit Ana, Candela mit Teresa.
    »Partnerwechsel, Partnerwechsel!«, verkündete Carmen am Ende des Liedes.
    Teresa mit Ana, Lena mit Carmen, Rita mit Candela.
    »Komm«, flüsterte Candela Rita ins Ohr. »Gehen wir dort hinten eine Zigarette rauchen.« Und sie zog sie an der Hand hinter sich her ins Dunkle, während die anderen weiter lachten und sich immer mehr in die althergebrachten Rollen hineinsteigerten.
    »Aber du rauchst doch gar nicht.«
    »Ab und zu schon. Gib mir eine, los.«
    Sie nahmen ihre Gläser vom Getränketisch, gingen ums Haus herum, wo es fast finster war, und lehnten sich dort mit dem Rücken an die Mauer, die noch warm war von der Abendsonne. Sie

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