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Töchter des Schweigens

Töchter des Schweigens

Titel: Töchter des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elia Barceló
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zündeten zwei Zigaretten an und blieben still nebeneinander stehen, schauten zu den Sternen am Sommerhimmel hinauf und fühlten, wie die Feuchtigkeit auf ihrer Haut verdunstete.
    »Ich möchte mich für neulich entschuldigen«, sagte Candela leise, ohne Rita anzusehen. »Das war idiotisch.«
    »Schon gut. Du warst schlecht drauf, und es war halt kein sehr gelungener Auftakt. Vergiss es.«
    Candela kicherte so unvermittelt los, dass Rita den Kopf wandte.
    »Hab ich was Lustiges gesagt?«
    »Ja. Dieses ›Vergiss es‹. Abgesehen davon, dass es klingt wie aus einem amerikanischen Film, muss ich lachen, weil du ja anscheinend tatsächlich dazu imstande bist. Wenn dir etwas nicht gefällt, vergisst du es einfach. Hast du ein Glück! Ich konnte das noch nie.«
    Es war klar, dass Candela auf die Frage wartete, was sie denn nicht vergessen konnte, aber Rita hatte keine Lust, sich den Abend zu verderben, die Freude über das Zusammensein, die sie seit ein paar Stunden empfand, den Genuss, mit den anderen zu lachen, an nichts zu denken, sich zum ersten Mal seit ihrer Rückkehr in das Dorf ihrer Kindheit wohlzufühlen.
    »Erinnerst du dich noch an deine Geburtstagsparty?« Candela ließ nicht locker. Sie brauchte nicht dazuzusagen, welchen Geburtstag sie meinte; in ihrer beider Leben hatte es keinen anderen gegeben.
    »Es gibt Dinge, die man nicht vergisst«, erwiderte Rita, starrte ins Dunkel und fixierte die Lichtpunkte der Kerzen, die zu Füßen der Bäume blinkten wie Glühwürmchen.
    »Das freut mich.«
    Candelas Hand, lang und knochig, legte sich auf Ritas Schulter, und Rita fühlte, wie von dieser Hand ein elektrischer Strom ausging und durch ihren ganzen Körper fuhr. Sie wandte Candela das Gesicht zu und sah im Halbdunkel ihre schimmernden, hungrigen, flehenden Augen.
    Sie küssten sich einige Sekunden lang und staunten, wie genau ihr Körper sich an die Haut, den Geruch, die Bewegungen der anderen erinnerte. Ein wenig atemlos trennten sie sich, und Candela streichelte Ritas Haar, das noch ebenso kräftig, ebenso weich, wenn auch viel kürzer war als damals.
    Der Körper ist unschuldig, dachte Rita. Er braucht nicht zu denken, er braucht nur einen Anstoß, um in die alten Gewohnheiten zurückzufallen, in weicher Willenlosigkeit zu versinken. Im Dämmerlicht des Gartens sah Candela wieder aus wie mit achtzehn. Ihre Haut war kühl und roch nach Schwimmbad und Sommernacht, ihr Mund schmeckte nach Gin und Zitrone. Was spielte es für eine Rolle, dass seit jener Nacht im Hotel auf Mallorca ein halbes Leben vergangen war? Die Zeit hatte gewendet wie ein Schwimmer, sie war annulliert und zum Anfang zurückgekehrt.
    »Hier seid ihr!«, ertönte in unmittelbarer Nähe eine Stimme. Rita schämte sich dafür, dass ihr erster Gedanke war: Zum Glück kommt Ingrid aus dem Licht und kann uns beide deshalb kaum sehen und auch nicht erkennen, was wir tun.
    Candela erstarrte in Ritas Armen und ließ sie los.
    »Gib mir noch eine Zigarette«, sagte sie mit rauer Stimme. »Ich wollte nicht, dass die anderen mich rauchen sehen«, erklärte sie. »Ich habe es schon vor Jahren aufgegeben.«
    Ingrid schien nichts bemerkt zu haben. Sie wartete an der Ecke auf sie, teilweise angestrahlt von dem Licht, das soeben im Wohnzimmer angegangen war, und lächelte wie ein kleines Mädchen, das gleich ein Geschenk auspacken darf.
    »Kommt, kommt, ich habe eine Überraschung für euch. Die anderen warten schon.«
    Rita strich sich über den Nacken, ließ die angestaute Luft aus den Lungen entweichen und fühlte sich wie eine ertappte Göre, wie eine Jugendliche, die vor der Haustür mit ihrem Freund knutscht und sich plötzlich ihrem Vater gegenübersieht, aber Ingrid hatte schon kehrtgemacht und ging ihnen voran auf das Haus zu.
    Die anderen waren auf der Terrasse und blickten verdutzt drein. Anscheinend hatte Ingrids Auftauchen auf alle den gleichen Effekt gehabt und sie trotz ihres Alkoholpegels in eine Art Niemandsland verschlagen, wo sie nun darauf warteten, dass sich etwas ereignete.
    »Ich habe euch eine Überraschung mitgebracht«, verkündete Ingrid, immerzu lächelnd und ohne zu ahnen, dass sie gerade etwas sehr Kostbares ruiniert hatte. »Ihr könnt jetzt ins Wohnzimmer gehen.«
    »Und du? Wie bist du hereingekommen?«, fragte Teresa.
    »Durch die Tür. David hat mir vor ein paar Tagen den Schlüssel gegeben, damit ich alles vorbereiten konnte, ohne dass ihr es mitbekommt. Ich bin gespannt, ob es euch gefällt.«
    Niemand wagte, ihr zu sagen,

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