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Töchter des Schweigens

Töchter des Schweigens

Titel: Töchter des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: barcelo
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ausgetrunken hat, geht sie in die Küche, spült das Geschirr, das sie benutzt hat, trocknet es ab und räumt es weg, ehe sie heißes Wasser in die Badewanne laufen lässt und sich die Pulsadern öffnet. Höchst seltsam. Es sei denn, sie hat sich nicht nur umbringen, sondern auch den Verdacht auf ihre Freundin lenken wollen. Warum? Denn wenn sie laut ihrer E-Mail bereit war, Rita zu erzählen, was sie über die fragliche Nacht wusste, dann musste sie doch sicher sein, dass die Montero nichts mit der Sache zu tun hatte.
    Und nachdem sie sich die Pulsadern aufgeschnitten hat, lässt sie die Klinge verschwinden. Wie? Mehr als seltsam. Unmöglich.
    Es musste eine zweite Person geben. Und die konnte nicht die Montero sein, denn die hätte nur Nachteile daraus. Es musste jemand sein, der Rita hasste oder sie für etwas bestrafen wollte. Jemand, der unangemeldet bei Lena aufgetaucht war, die Leiche vorgefunden und die Gelegenheit genutzt hatte, um der Montero eins auszuwischen?
    Jemand, der zufällig die Kippe einer von Rita gerauchten Zigarette dabeihatte und sie in den Abfalleimer fallen ließ, dessen saubere Mülltüte sonst nichts enthielt, nicht einmal das Beutelchen von dem Tee, den Lena vor ihrem Tod getrunken hatte? Unfug!
    Rita Montero konnte er guten Gewissens nicht beschuldigen, weil er nichts Stichhaltiges gegen sie vorzuweisen hatte, und ansonsten fiel ihm niemand ein, der schuldig sein könnte. Der Gedanke verdross ihn, und allmählich fürchtete er, dass Lenas Fall einer von denen sein würde, die nie gelöst werden.
    Jedenfalls würde er am folgenden Tag sämtliche Freundinnen des Opfers zu dem Verschwinden von Matilde Ortega Navarro im Sommer 1974 befragen. Wenn das keine Klarheit brachte, blieb ihm nichts weiter übrig, als sich anderen Dingen zuzuwenden, damit er zum geplanten Termin in den Urlaub fahren konnte.
     
    In Teresas Praxis starrte Candela auf die über und über mit Urkunden und Diplomen tapezierte Wand in dem beinahe kindlichen Bemühen, dem Blick ihrer Freundin nicht zu begegnen. Dieser liebevolle, mitleidige Ausdruck, den Teresa ihr gegenüber offenbar nicht vermeiden konnte, war ihr unerträglich.
    »Was sagst du dazu«, beharrte Teresa nach einigen Minuten der Stille, die ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen waren, die sie Candela aber schuldig zu sein glaubte.
    »Was soll ich dazu sagen? Dass ich ganz wild darauf bin, mich ins Krankenhaus zu legen, wenn ich weiß, dass ich lebend nicht wieder herauskomme? Ich sterbe lieber da, wo es mich erwischt. Am liebsten auf einem Flughafen auf der Rückreise aus diesem Urlaub, den ich mir schon seit Jahren gönnen will. Meinst du, ich kann noch mal wegfahren?«
    Teresa schüttelte langsam den Kopf.
    »Nein, Candela, das kannst du nicht. Sosehr ich es dir wünsche, aber das kannst du nicht mehr. Es sei denn, es ist dir wirklich egal, wo es dich erwischt, ohne deinen Freund, ohne den Beistand einer Freundin, ohne einen Menschen, der für dich tut, was wir besprochen haben.«
    »So schlecht schätzt du meinen Zustand ein?«, fragte sie wieder, fast flehend. »Ich fühle mich noch recht gut. Sehr müde, das schon, kraftlos, aber es tut kaum weh.«
    »Das ist das einzige Glück im Unglück: dass es kaum wehtut. Aber es ist so, Candela, ich habe keine andere Wahl, als dir die Wahrheit zu sagen. Du wolltest doch immer die Wahrheit hören, nicht wahr? Ich muss dich sofort einweisen. Du hast eine Lungenentzündung.«
    Candela wandte den Blick ab und schluckte.
    »Das ist bloß eine Sommergrippe.«
    »Es ist eine Lungenentzündung, und diesmal ist es ernst.«
    »Gib mir eine Woche, sei so gut.«
    Teresa stand auf und begann, in ihrem Sprechzimmer auf und ab zu gehen.
    »Verflucht, Candela! Mach es mir nicht noch schwerer. ›Gib mir eine Woche!‹ Verflucht! Wenn es in meiner Hand läge, gäbe ich dir dreißig Jahre! Aber es liegt nicht in meiner Hand, kapiert? Hast du kapiert? Verzeih mir, Candela, verzeih mir. Verzeih mir.« Teresa kauerte sich vor ihre Freundin hin und nahm ihre Hände, die eiskalt waren.
    »Zwei Tage. Gib mir zwei Tage, und du darfst mich einweisen. Ich bin fast fertig, habe aber noch ein paar Dinge zu erledigen.« Teresa schluckte und nickte wortlos. »Ich verspreche es dir. Zwei Tage«, versicherte Candela. »Und dann wirst du …«
    »Das weißt du. Sobald du mich darum bittest.«
    »Danke, Tere.«
    Sie umarmten sich weinend, bis Candela sich losmachte, einen Spiegel aus der Tasche nahm und ihr Make-up in Ordnung brachte, ehe sie die

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