Toedliche Hoffnung
er ihre Hand genommen und sie zum Meer gezogen hatte und sie lauthals in den Wind gelacht hatten, um zu hören, ob er ihr Lachen davontragen würde?
Sie sah sein zerzaustes, sonnengebleichtes Haar vor sich, seine Augen, die sie anblitzten. Seine Arme waren muskulös und sehnig vom Training, und sein Hemd flatterte so, dass sie seinen braunen Bauch sehen konnte, an dem nicht ein Gramm Fett zu viel saß. Sie konnte es nicht fassen, dass er ausgerechnet sie an der Hand genommen und ihr ins Ohr geflüstert hatte, dass sie weiterziehen müssten, als die Blue Heaven Bar schloss. »Du kannst jetzt noch nicht nach Hause gehen«, hatte er gesagt, »ich habe dich doch eben erst entdeckt.«
Terese strich mit der Hand über den Sand. Er war kalt. Spürte sie nicht eine leichte Vertiefung, einen Abdruck, den er hinterlassen hatte, ein Gefühl von Wärme? Möglicherweise bildete sie sich das auch nur ein, denn in Tarifa blies der Wind stärker als irgendwo sonst auf der Welt und verwischte innerhalb von Sekunden alle Spuren.
Niemand braucht zu erfahren, was passiert ist, dachte sie. Wenn ich es niemandem erzähle, ist es auch nicht passiert.
Sie zog die Strickjacke fester um sich. In ihrer Unterhose scheuerte der Sand. Sie fühlte sich klebrig.
»Aber stell dir vor, hier ist jemand«, hatte sie gesagt, als er sie in Richtung Meer zog. »Jemand, der uns beobachtet.«
»Du denkst an die falschen Dinge«, hatte er geantwortet und seine Zunge tief in ihren Mund gebohrt, seine Hände waren überall gewesen, unter dem Top und in ihrer Unterhose gleichzeitig. Als er ihre enge Hose aufgeknöpft und nach unten gezogen hatte und sie zusammen in den Sand geplumpst waren, wusste sie, dass sie sich in ihn verlieben würde. Dass er der tollste Typ war, mit dem sie je zusammen gewesen war.
Wenn die mich jetzt sehen könnten!
Man kann nicht in Tarifa gewesen sein, ohne Sex am Strand gehabt zu haben. Das wäre gerade so, wie in Paris den Eiffelturm zu verpassen.
Anschließend hatte sie den Sand auf ihrer Haut gespürt, als ihr Hintern nach unten gedrückt wurde. Die Sandkörner waren zwischen ihren Pobacken in sie hineingepresst worden, während er mit der Hand nachhalf und nicht sofort sein Ziel fand, sondern sich tastend und bohrend den Weg bahnte. Alles, was sie gespürt hatte, war das Scheuern, als er sie mit Sand vollpumpte.
Sie hätte danach nicht einschlafen dürfen. Es war alles so schnell gegangen.
Von den Bergen her hörte man das ununterbrochene Surren der Windräder, die ihre Flügel dem Himmel entgegenstreckten. Sie hatte gesagt, dass sie aussähen wie Küchenmixer, die die Luft zu Sahne verquirlten. Er hatte darüber gelacht. Terese biss sich in die Fingerspitzen, um die Tränen zurückzuhalten.
Anscheinend war ich nicht gut genug, dachte sie. Miserabel. Sonst wäre er dageblieben und hätte immer wieder mit mir schlafen wollen.
Übelkeit stieg in ihr auf. Sie hatte vielleicht zwei oder drei Cosmopolitan getrunken und danach ein paar Mojitos.
Der Strand schwankte unter ihr, als sie aufstand. Sie beugte sich vor und stützte sich mit den Händen auf den Knien ab, bis das Schaukeln aufgehört hatte, sie schluckte wieder und wieder, um sich nicht zu übergeben und den Gestank von all dem riechen zu müssen, was da aus ihr herauswollte. Sie ertrug sich selbst nicht in einem so widerwärtigen Zustand. Deshalb stakste sie auf unsicheren Beinen zum Meer hinab. Es war nicht weit bis zum Ufer, vielleicht zwanzig Meter.
Sie ging langsam, setzte die Füße nur vorsichtig auf, um nicht in etwas Ekliges zu treten. Der Sand unter ihren Fußsohlen war kalt. Umso mehr wunderte sie sich, als die erste Welle sie erreichte. Das Wasser war sanft, beinahe warm, und sie watete einige Schritte hinaus, der nächsten Welle entgegen. Als sie sich brach, fing Terese das schäumende Wasser mit den Händen auf und bespritztesich das Gesicht damit, es fühlte sich frisch an, und ihr Kopf wurde etwas klarer.
Links von ihr erhob sich eine niedrige, schwarze Klippe aus dem Wasser, eine Mole aus großen Steinen, die mindestens zehn Meter ins Wasser hineinreichte. Sie sah aus wie ein großes Urtier, das sich am Ufer ausruhte, wie der Rücken eines schlafenden Brontosaurus. Sie watete darauf zu und kam auf die Idee, hinaufzuklettern und sich auf den äußersten Stein zu setzen. Die Handgelenke eine Weile ins Wasser zu halten, das half meistens gegen Übelkeit. Wenn sie sich übergeben müsste, würde innerhalb von Sekunden alles im Meer verschwinden und
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