Toedliche Intrige
auch im Badezimmer ein Telefon.
Sie hatte behauptet, gegen die Tür gerannt zu sein, als das Telefon im Wohnzimmer klingelte. Weswegen hatte sie den Anruf nicht im Badezimmer entgegengenommen? Weshalb erfand sie eine Lüge, um das blaue Auge zu erklären? Behandelte Tozzi sie so? War dieser Tozzi so reich, dass er sich leisten konnte, seine Frau zu schlagen?
Ich zog ab und ließ den Wasserhahn rauschen. Wartete noch eine halbe Minute und ging dann wieder ins Zimmer. Sie hatten sich die ganze Zeit gestritten, während ich im Badezimmer war.
»Die Sache ist in trockenen Tüchern«, sagte Bettý und blickte zu ihrem Tozzi hinüber. »Es ist nur die Frage, was du für die Stunde nimmst.«
Ich überlegte. Dann nannte ich eine absurd hohe Summe.
»In Ordnung«, sagte er.
»Aber ich bin nicht daran interessiert, für dich zu arbeiten«, sagte ich und ging zur Tür.
Hinter mir hörte ich, wie er laut loslachte. Ich öffnete die Tür, drehte mich um und schaute Bettý an.
Die kleinen Brüste zeichneten sich unter dem Kleid ab. Sie stand so zum Licht, dass ich sehen konnte, dass sie keinen Slip trug.
4
W ieso bin ich hier gelandet?
Was muss passiert sein, dass jemand wie ich an einem Ort wie diesem landet?
Es liegt jedenfalls nicht daran, dass ich krumme Dinger gedreht hätte. Ich bin nie in meinem Leben mit dem Gesetz in Konflikt geraten, wie es so schön heißt. Ich nehme an, dass ich so bin wie alle anderen, ich bezahle die Parkgebühren, fahre nicht bei Rot über die Ampel und schmuggele allenfalls hin und wieder eine Extraflasche Alkohol durch den Zoll. Das tun wir doch fast alle.
Was ist also schief gelaufen? Wie kam es dazu, dass sich mein ruhiges und einförmiges Leben in ein solches Chaos verwandelt hat?
Vielleicht war ich einsamer, als ich zugeben wollte. Ich besaß nur wenige Freunde und jetzt wahrscheinlich gar keine mehr. Ich habe aber auch kaum je Freunde gebraucht. Meine Familie ist nicht groß, aber dazu möchte ich nichts weiter sagen, denn da liegt einiges im Argen. Vielleicht mache ich mir zu wenig aus den Menschen. Vielleicht...
Bettý hat diese Isolation durchbrochen. Möglicherweisefand ich sie deswegen spannend. Sie trat zur richtigen Zeit auf den Plan, sie hatte meine Schwachstellen augenblicklich erfasst und war seltsam zielstrebig und willensstark. Bettý kannte keine Skrupel.
Vielleicht war ich ein dankbares Opfer für sie, und wahrscheinlich habe ich mich anfangs nicht genug zur Wehr gesetzt. Ich habe keine andere Entschuldigung, als dass ich keine Ahnung hatte, was da über mich hereinbrach. Bettý warf mich aus der Bahn. Ich fand es frappierend, welche Risiken sie einging. Schon nach ganz kurzer Bekanntschaft. Das machte sie unwiderstehlich. Diese Hemmungslosigkeit.
Ich weiß, es war Begierde.
Bei ihr und bei mir.
*
In den nächsten Wochen rief sie immer wieder bei mir an.
Erst nach geraumer Zeit gelang es ihr, mich dazu zu bewegen, sie wieder zu treffen. Ich musste ständig darauf gefasst sein, ihre rauchig griechische Stimme in der Leitung zu hören. Manchmal vergingen ein paar Tage zwischen ihren Anrufen, manchmal meldete sie sich zwei Mal an ein und demselben Abend. Es ging mir wahrscheinlich weniger auf die Nerven, als ich mir einredete. Ihre Hartnäckigkeit und Zielstrebigkeit waren nicht unangenehm, Bettý konnte einen nicht nerven. Wenn ich mich abends langweilte, kam es sogar vor,dass ich einen Anruf herbeisehnte. Dann sah ich im Geiste ihre kleinen Brüste vor mir, die sich unter dem Kleid abzeichneten.
Schließlich warf ich eines Abends nach einem eher frostigen Gespräch das Handtuch.
Ich kam gerade zur Tür herein, als das Telefon klingelte. Der Tag im Büro hatte mir eigentlich jede Lust genommen, ans Telefon zu gehen. Die Wohnungseigentümer des Wohnblocks in Breiðholt hatten mich den ganzen Tag angerufen und sich beschwert, weil sie irgendetwas an dem Vertragsentwurf auszusetzen hatten. Ich warf einen Blick auf das Display und sah ihre Nummer. Ich ließ es einfach klingeln. Ging ins Badezimmer, ließ Wasser in die Badewanne einlaufen, suchte eine CD von Dylan heraus und legte sie ein, stieg in das heiße Wasser und versuchte zu entspannen. Im Wohnzimmer ging wieder das Telefon. Ich wusste, dass sie es war.
Ich hätte nie antworten sollen. Hätte ich alles gewusst, was ich jetzt weiß, wäre ich nie an den Apparat gegangen. Aber was weiß man über die Zukunft? Kurz nach neun rief sie noch zwei weitere Male an, und da ich befürchtete, dass sie mich damit
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