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Tödliche Märchen

Tödliche Märchen

Titel: Tödliche Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nach.
    »Niemand, Mum!«
    Ruth nickte. Sie wußte es, und sie überwand ihre Angst, als sie sagte:
    »Laßt uns verschwinden!«
    »Nein, sagte ich doch!«
    Da war die Stimme wieder. Diesmal lauter, befehlender und auch so klingend, als duldete sie keinerlei Widerspruch.
    Nicole Winter schaute in die Höhe. »Wißt ih… wißt ihr, wer da gesprochen hat?«
    Tiggy gab die Antwort. »Grandma Gardener.«
    »Ja.«
    »Aber sie ist tot!« warf Ernie ein.
    »Dann ist es eben ihr Geist. Sie kann alles, sage ich euch. Man kann sie nicht töten…«
    Ruth war durcheinander. Sie erinnerte sich noch deutlich an den monströsen Kraken in der Diele. Vielleicht lauerte dort ein anderes Monster. Sie wollte die Kinder keinesfalls in Gefahr bringen und zunächst selbst nachschauen.
    »Bleibt ihr mal hier«, sagte sie.
    »Wo willst du hin?« fragte Jason sofort.
    »Nicht allein weglaufen. Ich möchte nur nachschauen, ob etwas in der Halle lauert.«
    »Du kommst aber zurück?«
    »Sicher. Ihr könnt mir nachschauen. Ich lasse die Tür offen.«
    Die Kinder warteten und sahen auf den leicht gebeugten Rücken der Frau. Sie ging durch den kurzen Gang, stieß die Tür zur Halle auf und schaute auf eine leere Fläche.
    Der Frau fiel ein Stein vom Herzen. Sie drehte sich um und winkte den Kindern zu. Ohne Erfolg. »So kommt doch!« rief sie.
    »Das geht nicht, Mummy!« erwiderte Jason mit ängstlicher Stimme.
    »Warum nicht? Sie ist hier!«
    »Wen meinst du?«
    Nicole gab die Antwort. »Grandma Gardener!«
    ***
    In der Tat hatte es die unheimliche Person geschafft, lautlos hinter dem Vorhang hervorzutreten. Sie stand jetzt im Licht der Lampe und bewegte ihren Totenschädel.
    »Und wenn sie nicht gestorben sind, so morden sie noch heute«, flüsterte sie, rieb ihre Hände und kicherte. »Na, ihr vier Hübschen. Habt ihr gedacht, ich sei tot? Das ist ein Irrtum. Man kann mich nicht töten, nicht ihr. Ich stehe unter dem Schutz des Teufels. Ja, des Teufels! Er ist mein Freund…« Sie rollte mit den Augen und rieb die Handflächen gegeneinander.
    Die Freunde konnten nichts mehr sagen. Sie waren völlig von der Rolle. Die Angst war übermächtig geworden, sie wog schwer wie Steine. In die folgende Stille hinein klangen Schritte. Ruth Finley kam zurück und verließ den Gang.
    Sofort drehte sich der grüne Knochenschädel ihr zu. »Ah!« drang es dumpf aus dem Maul. »Da ist ja meine Mörderin!« Ein widerlich klingendes Lachen folgte. »Meine kleine Mörderin. Zwei Kugeln hast du mir in den Leib geschossen. Zwei Kugeln. Du hast mich fallen sehen, ihr alle habt mich fallen sehen, aber ich bin nicht so einfach zu töten. Hinter mir steht die Hölle.«
    Ruth war ebenso bleich geworden wie die Kinder. Das plötzliche Auftauchen dieser Person hatte sie wie ein Hammerschlag erwischt. Sie hielt die Arme halb erhoben, die Hände ineinander verkrampft und sah dann die Blicke der Kinder auf sich gerichtet. In den Augen lag zwar die Angst, aber auch das Vertrauen in die erwachsene Person. Nur wußte Ruth nicht, wie sie gegen dieses kugelfeste Monstrum ankommen konnte.
    »Meine Märchen sind immer etwas Besonderes!« fuhr Grandma Gardener fort, ging vor, nahm das Buch von der Sitzfläche des Schaukelstuhls und setzte sich selbst. Aufgeschlagen hielt sie es mit beiden Händen fest, wobei sie über den Rand hinwegschaute und die fünf Personen abwechselnd anstarrte. »Nur für euch«, flüsterte sie, »werde ich jetzt eine Märchenstunde einlegen. Eine tödliche Märchenstunde…«
    Sie ließ ihre Worte wirken. Es sah so aus, als wollte sie die Reaktion testen, und auch in den leer wirkenden Augenhöhlen des Schädels veränderte sich etwas.
    Tief aus den Schächten drang etwas hervor, für das man kein Wort fand. Vielleicht das Böse, das Grauen, die Kälte einer absoluten Gefühllosigkeit.
    »Wenn ich jetzt anfange zu lesen, dann wird dieses von mir umgewandelte Sprichwort war, meine kleinen Freunde. Wenn sie nicht gestorben sind, so morden sie noch heute. Denkt daran, nicht alle Märchenfiguren sind gestorben. Viele können wieder auferstehen, und das werdet ihr erleben.« Sie schwenkte plötzlich das Buch, aus dem sich eine Bilderseite löste und durch den Raum flatterte. Die Märchentante lachte dem Blatt nach. Sie wiederholte den Satz abermals. »Und wenn sie nicht gestorben sind, so morden sie noch heute!«
    Im gleichen Augenblick berührte das Blatt den Boden. Es war dorthin gefallen, wo sich die offene Tür zum Gang befand.
    Plötzlich stieg eine

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