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Tödliche Saturnalien

Titel: Tödliche Saturnalien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberts John Maddox
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auch das mit lediglich bescheidenem Erfolg.
    »Kennst du den Namen des Mannes, der den Bericht abgeholt hat?«
    Der Junge zuckte die Schultern. »Er war nur ein Gerichtssklave.« Gerichtssklaven standen in der Hierarchie offenbar noch unter Tempelsklaven.
    »Sonst noch was?« hakte ich nach.
    »Ich habe dir doch erzählt, was mit dem Bericht geschehen ist, oder nicht?« gab der Junge zurück.
    »Dann verschwinde«, zischte Hermes ihn an, offensichtlich eifersüchtig auf seinen finanziellen Erfolg. »Das war nie und nimmer einen Denar wert«, beschwerte er sich, als der Tempelsklave verschwunden war.
    »Das kann man nicht wissen«, erklärte ich ihm. »Wir werden dem Circus Flaminius einen Besuch abstatten.«
    Wir gingen denselben Weg, den ich schon am Vortag beschritten hatte, über den Viehmarkt, auf dem es lebhafter zuging denn je, weil die Leute für die bevorstehenden Festtage Lebensmittel und Opfertiere einkauften. Überdies schien sich die ganze Stadt mit Menschen zu füllen, die vom Lande gekommen waren, um die Feiertage in Rom zu begehen.
    Im krassen Gegensatz dazu war das Marsfeld fast völlig ausgestorben. Ich sah sofort, daß viele ihre Zelte unter Ausnutzung der gelockerten Marktregeln vorübergehend innerhalb der eigentlichen Stadtmauern aufgeschlagen hatten, und war merkwürdig erleichtert, nicht an Furias Zelt vorbei zu müssen.
    Nach einigem Herumfragen fanden wir schließlich den Wächter, einen von mehreren beim Circus angestellten, die Diebe von den kostbaren Dekorationen fernhalten und Obdachlose in kalten Nächten davon abhalten sollten, sich unter den Arkaden ein Feuer zu machen und damit möglicherweise das gesamte Gebäude niederzubrennen. Der Mann wohnte in einer Mietskaserne in der Nähe des Circus. Wie die meisten römischen Insulae war es ein vierstöckiges Gebäude, wobei das Erdgeschoß normalerweise an Läden und die unteren Stockwerke an Besserverdienende vermietet wurden. Die oberen Etagen waren in kleine Kammern unterteilt, in denen es kein Wasser und fast keine Luft gab und die an die Armen vermietet wurden. Das Objekt meiner Suche residierte im obersten Stockwerk direkt unter dem Dachvorsprung.
    Hermes und ich schleppten uns die vier Etagen nach oben, begleitet vom Geschrei hungriger Säuglinge und streitender Kinder und Erwachsener. Die Düfte der Armut waren nicht angenehm, aber sie waren mir so vertraut, daß ich mir nicht die Mühe machte, meine Nase zuzuhalten. Die meisten meiner Nachbarn wohnten auch nicht besser. Als ich die Tür gefunden hatte, klopfte Hermes kräftig dagegen. Dann hörten wir lange Zeit gar nichts.
    »Vielleicht ist er nicht zu Hause«, meinte Hermes.
    »Der ist bestimmt zu Hause«, versicherte ich ihm. »Er ist schließlich Nachtwächter, also schläft er tagsüber.«
    Nach erneutem Klopfen vernahmen wir drinnen schlurfende Schritte. Nach einer Weile ging die Tür einen Spalt auf.
    »Was ist denn?« Dann erkannte er meine Senatoren-Insignien, und die Tür schwang weit auf. »Oh, Verzeihung, Senator. Womit kann ich dienen?« Er schien zu gleichen Teilen verwirrt, erschreckt und völlig ahnungslos, was diese Visitation zu bedeuten hatte. Außerdem war er schlaftrunken.
    »Ich bin Decius Caecilius Metellus der Jüngere und mit einer Ermittlung betraut«, erklärte ich ihm. »Bist du Marcus Urgulus?«
    »Jawohl.« Er nickte lebhaft. Er war ein Mann mittleren Alters, der einmal kräftig gewesen war, nun aber zur Fettleibigkeit neigte, mit mehr Falten im Gesicht als Zähnen im Mund.
    »Hast du am Neunten vergangenen Monats die Leiche einer ermordeten Kräuterfrau namens Harmodia gefunden?«
    »Ja, ja, habe ich.« Er machte einen unbehaglichen und verlegenen Eindruck. »Ahm, Senator, ich zögere, dich in meine Kammer zu bitten. Einer der Gründe, warum ich den Dienst als Nachtwächter übernommen habe, ist, daß ich so meine Nächte nicht hier verbringen muß.«
    Auch mich drängte es nicht einzutreten.
    »Gibt es hier in der Nähe eine Taverne?« fragte ich. »Dann könnte ich dich auf einen Becher oder zwei einladen, während du mir Bericht erstattest.«
    »Einen Moment, Herr.« Er verschwand wieder in der Kammer, und ich hörte, wie Wasser in eine Schüssel gegossen wurde. Eine Minute später tauchte er wieder auf. Sein Blick wirkte klarer, die Haare waren einigermaßen frisiert. »Es gibt eine kleine Kaschemme an der Ecke der Nachbar-Insula«, sagte er und ging voran.
    Mit einem Gefühl der Erleichterung stieg ich die Treppen wieder hinab, und wir verließen

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