Tödliche Versuchung
Zuckerpüppchen, du hast ja keine Ahnung. »Ich habe es für Carol getan.«
Ich stand mit gezückter Pistole und sah zu, wie Joyce wegfuhr.
In dem Moment, als sie von der Zufahrt in die Hauptstraße bog, sprang Lula zu mir in den Wagen, und wir brausten los. »Ich gebe ihr höchstens ein paar hundert Meter«, sagte Lula.
»Ich bin Expertin in Reifenzerstechen mit Fahrerflucht.« Ich hatte gute Sicht auf Joyce’ Wagen. Es herrschte nicht viel Verkehr. Ihre Rücklichter flackerten, und der Wagen verlor an Tempo.
»Schön. Sehr schön«, sagte Lula.
Joyce kam noch bis zur nächsten Querstraße.
»Sie würde ja gern weiterfahren«, sagte Lula, »aber sie ist besorgt um ihren schicken neuen Schlitten.«
Die Bremslichter zuckten erneut, und Joyce fuhr an den Straßenrand. Wir befanden uns ein gutes Stück hinter ihr und hatten die Scheinwerfer ausgeschaltet, als wollten wir den Wagen abstellen. Joyce war ausgestiegen und nach hinten gegangen, als plötzlich ein Kleinbus an mir vorbeifegte und mit quietschenden Reifen neben Joyce zum Stehen kam. Zwei Männer mit gezückten Pistolen sprangen heraus. Einer zielte mit seiner Waffe auf Joyce, der andere packte sich Morgan, als der gerade einen Fuß auf die Straße setzte.
»Was soll das?«, sagte Lula. »Was geht da vor?«
Es waren Habib und Mitchell. Sie glaubten, sie hätten Ranger gekidnappt.
Morgan wurde in die Familienkutsche verladen, und der Wagen raste davon.
Lula und mir hatte es vor Schreck die Sprache verschlagen, und wir wussten nicht, was wir machen sollten.
Joyce schrie und fuchtelte mit den Armen. Schließlich versetzte sie dem platten Reifen einen Fußtritt, stieg in den Wagen und rief vermutlich Hilfe übers Telefon.
»Das hat ja gut geklappt«, sagte Lula.
Ich fuhr rückwärts, ohne Licht, bis zur nächsten Querstraße, bog ein und raste davon. »Wo, glaubst du, haben uns die beiden aufgelauert?«
»Das kann nur vor meinem Haus gewesen sein«, sagte Lula.
»Gegen uns beide wollten sie wahrscheinlich nicht vorgehen.
Und als Joyce dann die Panne hatte, konnten sie ihr Glück kaum fassen.«
»Wenn sie erst mal feststellen, dass sie sich Morgan, den Hengst, eingefangen haben, ist es mit dem Glück vorbei.«
Dougie und Moon Man spielten gerade Monopoly, als ich zurückkam. »Ich dachte, du arbeitest bei Shop &. Bag«, sagte ich zu Moon. »Wieso arbeitest du nie?«
»Ich hatte Glück, mir wurde gekündigt. Mann, ej, ist schon ein tolles Land, in dem wir leben. Wo sonst kriegt man Geld fürs Nichtstun?«
Ich ging in die Küche und rief Morelli an. »Ich bin bei Moon«, sagte ich. »Ich habe schon wieder so einen komischen Abend hinter mir.«
»Ja, und der Tag ist noch nicht vorbei. Deine Mutter hat in der letzten Stunde vier Mal hier angerufen. Du meldest dich am besten sofort bei ihr.«
»Was ist los?«
»Deine Oma ist mit jemandem ausgegangen und noch nicht wieder zu Hause. Deine Mutter dreht durch.«
15
Meine Mutter hob gleich nach dem ersten Klingeln ab. »Es ist Mitternacht«, sagte sie vorwurfsvoll, »und deine Großmutter ist immer noch nicht zu Hause. Sie ist mit dieser Schildkröte ausgegangen.«
»Meinst du Myron Landowsky?«
»Sie waren zum Essen verabredet. Um fünf Uhr heute Nachmittag. Wo stecken die beiden bloß? Ich habe schon bei ihm zu Hause angerufen, aber da geht niemand ran. Ich habe mich bei allen Krankenhäusern erkundigt…«
»Mom! Die beiden sind erwachsene Menschen. Die können wer weiß wo stecken. Als Grandma bei mir wohnte, habe ich nie gewusst, wo sie war.«
»Sie treibt sich herum!«, sagte meine Mutter. »Weißt du, was ich in ihrem Zimmer gefunden habe? Kondome! Wozu braucht die Frau Kondome?«
»Vielleicht bläst sie die Dinger auf und formt Tiere daraus.«
»Bei anderen Frauen werden die Mütter krank oder kommen ins Pflegeheim oder sterben im Bett. Womit habe ich nur so eine Mutter verdient?«
»Geh ins Bett und mach dir weiter keine Sorgen um Grandma.«
»Ich gehe erst ins Bett, wenn die Frau wieder zu Hause ist. Dann werden wir ein Wörtchen miteinander reden. Dein Vater wird auch dabei sein.«
Toll. Es wird zum Streit kommen, und am Ende zieht Grandma wieder zu mir.
»Sag Daddy, er kann ins Bett gehen. Ich komme und bleibe mit dir zusammen auf.« Ich würde alles tun, um Grandma davon abzubringen, wieder in meine Wohnung zu ziehen.
Ich rief Joe an und sagte ihm, ich käme später ganz vielleicht noch vorbei, aber er sollte nicht auf mich warten. Danach borgte ich mir wieder den Cherokee aus
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